Vier

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'Here we are now, entertain us!' ~ Nirvana, Smells like teen spirit

Zuhause verkroch ich mich sofort ins Bett, um meinen Schlafmangel zu begleichen. Auf der Fahrt nach Hause hatte ich mir eine ellenlange Beschwerde von meiner Mutter anhören müssen. Also, eigentlich. Stattdessen hatte ich Musik gehört und vor mich hin gedöst, was Mama aber nicht bemerkt hatte. Also war ich schon leicht vorentspannt als unnötig gestresst. Zufrieden schlief ich ein.

Ich wurde von dem wilden Gebimmel meines Handys geweckt. Es war zwei Uhr morgens und ich hasste die Leute, die mir schrieben. Ächzend entsperrte ich das grässlich leuchtende Display, um die Nachrichten zu lesen. Drei Nachrichten von Alexander und sechzig in der Klassengruppe. Seufzend öffnete ich den Klassenchat, der trotz der aufgelösten Klasse bestand. ‚Jo, Helen, wie ist deine Mutter eigentlich immer noch mit dem Franzosen zusammen?' Judith. Gut, damit hätte ich rechnen müssen. ‚Hä, ich dachte, Lennys Eltern sind noch zusammen?', hatte Simon geantwortet. Die darauffolgenden Nachrichten drehten sich um meine Eltern. Entnervt schrieb ich ein ‚Fickt euch doch alle, ich will pennen' in die Gruppe und zog die Decke über meinen Kopf. Ich hatte nie rumposaunt, dass sich meine Eltern getrennt hatten, aber einen Hehl hatte ich auch nicht daraus gemacht. Kopfschüttelnd öffnete ich Alex' Nachrichten und antwortete. Als ob ich jetzt noch schlafen könnte. Die Anzeige unter seinem Namen wechselte auf Online. ‚Kannst du auch nicht schlafen?', schrieb er. Ich verneinte. ‚Weißt du was? In zehn Minuten im Schlosspark'. Zehn Minuten? Es war zwei Uhr morgens! ‚Was ist mit der Sperrstunde?' Außerdem kenne ich dich erst seit heute, dachte ich mir noch. ‚Scheiß drauf'. Gut, ich würde kommen. Leise zog ich mich an, putzte mir noch schnell die Zähne und verließ mitsamt meinem Longboard die Wohnung. Auf der Straße angekommen fuhr ich los. Es tat gut, die frische Nachtluft zu atmen.

Als ich gegen sieben Uhr wieder nach Hause kam, war ich zwar müde, aber fröhlich. Ich hatte die gesamte Nacht mit Alex auf einer Wiese liegend verbracht und wir hatten geredet. Nichts weiter. Es war angenehm gewesen. Doch nun öffnete ich die Tür und sah mich meiner wütenden Mutter entgegen. "Helen König, es ist sieben Uhr morgens! Wo zur Hölle warst du?!" „Weg." Meine gute Laune war schlagartig verpufft, und an ihre Stelle trat nun die übliche Grießgrämigkeit, die sich in der Gegenwart meiner Mutter immer einstellte. „Helen, warum redest du nie mit mir?" Das war eindeutig zu viel so früh am Morgen. „Hast du mit mir geredet, als du diesen Gaston gefickt hast? Hast du mit mir geredet, als Papa euch erwischt hat? Hast du mit mir geredet, als du mir nichts, dir nichts diese Wohnung ausgesucht hast?", zischte ich dezent vulgär zurück, bevor ich schlecht gelaunt in meinem Zimmer verschwand. Energisch warf ich mich aufs Bett und kramte meinen Laptop hervor. Ich brauchte Ablenkung. Schnell war YouTube geöffnet und Mama vergessen, zumindest als ich ein Video von Gronkh anklickte. Während er Outlast spielte, hüpfte plötzlich etwas Kleines auf meinen Rücken. Erschrocken fuhr ich zusammen, was Jon von mir fallen ließ. Er tapste zu mir und rieb seinen Kopf an meinem Kinn, während ich ihn liebevoll streichelte.


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