'Ich geb noch immer'n Fick drauf, wenn du hatest. Ich seh alles positiv, außer einen AIDS - Test.' - Sido, Ackan.
„Helen!", rief meine Mutter aus dem Wohnzimmer. Oh nein. Ich ahnte schlimmes. Mit meiner Kaffeetasse in der Hand machte ich mich auf den Weg zu ihr. Mein Nutellabrot musste ich auf dem Teller liegenlassen. Es war Freitagmorgen, und ich musste demnächst los. „Heute Abend bin ich auf einer Hochzeit eingeladen, und ich möchte, dass ihr mich begleitet", fing sie an, als sie mich sah. Ben saß auf dem Sessel und löffelte sich Cornflakes in den Mund. „Muss das sein?" Genervt verdrehte ich die Augen. Das letzte Mal, als sie uns zu so einem Event gezwungen hatte, hatte eine Tante der Cousine einer Freundin meiner Mutter geheiratet, und das einzige Gute daran war der Kuchen gewesen. Nicht zu übertreffen. „Ja. Und bitte zieh ein Kleid an. Jeans und Pulli machen sich nicht gut auf einer Hochzeit." Na, danke. Ben sagte nichts, aß einfach weiter. Der Glückliche, musste nur einen Anzug ansehen und sah schon aus wie James Bond, während ich eher einem schwarzen Ballon ähnelte. Ich hasste Kleider.
Meine nassen Haare waren zu einem Turban nach oben geschlungen, und nur mit einem Handtuch bekleidet ging ich in mein Zimmer, wo ich mein schwarzes Kleid aus der hintersten Ecke meines Schrankes zog. Es reichte mir bis knapp über die Knie und hatte einen relativ weiten Ausschnitt, aber so, dass es noch als Hochzeitstauglich durchging. Um die Brust herum war ein Gummiband in den Stoff eingenäht, sodass es ab meinem Bauch weiter nach unten fiel. Was bedeutete, dass es nicht auf Figur geschnitten war und somit meine Problemzonen, die sich aus Bauch – Beine – Po zusammensetzten, perfekt überdeckten. Immerhin etwas. Das hätte man zwar auch mit einer High – Waist – Jeans hinbekommen, aber ich durfte ja keine Hosen tragen. Seufzend zog ich es mir über den Kopf und realisierte erst dann, dass das mit nassen Haaren vielleicht dumm gewesen war. Egal. Eine schwarze, dünne Strumpfhose bedeckte zwei Minuten später auch meine Beine, und ich ging zurück ins Bad, wo ich meine Haare föhnte und meine roten Wangen und die unreine Haut in meinem Gesicht mit Concealer kaschierte. Anschließend etwas Wimperntusche und fertig, schließlich wollte ich nicht als Farbexperiment zu einer Hochzeit gehen. Zwei Minuten, bevor wir gehen wollten war ich fertig. Inzwischen zierte eine lockere schwarze Weste, die mir nur bis knapp unter die Brust ging, meine nackten Arme. Es war zwar immer noch zu kalt für November, aber das war mir egal. Mama stand schon an der Wohnungstür und rückte die Krawatte meines Bruders zurecht. Sie selbst trug ein apricotfarbenes Kleid und eine dazu passende Jacke. Und mein Bruder sah wie immer wie James Bond in klein aus. Ich vermisste lediglich die Waffe.
„Andrea, wie schön, dass du da bist!", rief eine kleine Frau in einem weißen Kleid. Die Braut. Es folgten Küsschen zur Begrüßung. Oh Gott. „Du musst Helen sein!" Die Frau ließ nun von Mama ab und reichte mir die Hand. Keine Küsschen. Zum Glück. Lächelnd ergriff ich ihre Hand und schüttelte sie. So oft ich mich mit meiner Mutter auch stritt, blamieren, in dem ich mir als sture Zicke anstellte wollte ich sie – und mich – nun wirklich nicht. „Dann bist du bestimmt Ben!" Sie beugte sich zu meinem Bruder herunter und wuschelte ihm durch die Haare, was die Frisur, die ich ihm mit viel Aufwand gemacht hatte nun endgültig zerstörte, auch wenn der Wind draußen den wesentlichen Teil dazu beigetragen hatte. „Miriam, du siehst hinreißend aus!", schwärmte Mama, was die Aufmerksamkeit wieder auf sie lenkte. „Vielen Dank! Du aber auch!" Und das stimmte. Ihr Kleid passte hervorragend zu ihren Haaren und brachte ihre Wangenknochen zum Vorschein. Hätte man mir vor Jahren mal gesagt, dass die Farbe von Aprikose Wangenknochen betonte, hätte ich ihm den Vogel gezeigt. Aber es stimmte. Ein Mann umarmte Miriam plötzlich von hinten und sagte, dass die Zeremonie losgehen würde. Wie aufs Stichwort wandten sich alle der großen Tür am Ende des Raumes zu, die sich öffnete. „Nettes Outfit, Potterhead", sagte jemand hinter mir, bevor ich auch nur einen Schritt Richtung Tür machen konnte.
Nein, das ist natürlich gar nicht langweilig und zu spät, neeeee.
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Pennerlook
Teen FictionEigentlich mag Helen ihr Leben. Gut, sie mag die Art, wie sie es lebt. Als würde sie kaum etwas interessieren, was meist auch der Fall ist. Nur tritt genau das Gegenteil ein, als Alex in ihr Leben stolpert und sie zum ersten Mal merkt, wie schön Ver...