Zwei

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'The secret side of me I never let you see' - Monster, Skillet

„Sie kommen!", schrie mein Bruder plötzlich und rannte zur Tür. Der Hocker, auf dem er eben noch gestanden hatte, fiel um, was ihn jedoch nicht davon abhielt, die Wohnungstür schwungvoll aufzureißen und auf den Summer zu drücken, sobald es klingelte. „Pass doch auf!", mahnte ich noch, doch es war bereits zu spät: ein kleines weißen Fellknäul flitze ins Treppenhaus. „Man, was kannst du eigentlich?!", zischte ich ihn im Vorbeigehen an. „Jon! Jon, komm wieder her!", rief ich das hallende Treppenhaus. „Ist das Jon?", fragte plötzlich eine Stimme vor mir. Ein braunhaariger Junge lief die Treppe hinauf, in seinen Armen lag mein Kater. Ihm folgten Leo und seine Eltern. „Das ist ein interessanter Name. Jon wie Jon Schnee?" Nun stand der große Bruder von Leandro - Alexander, wenn ich mich recht entsinne - direkt vor mir und musterte mich mit hochgezogener Augenbraue. „Nettes Outfit." „Danke." „Kommt doch rein", sagte meine Mutter just in dem Moment, in dem Jon beinahe aus den Händen von Leos Bruder entflohen wäre. Aber auch nur beinahe. Während die Erwachsenen sich gegenseitig begrüßten, schloss ich die Tür hinter mir. Sofort rannte mein Kater zu mir. „Alexander! Schön, dass du auch mal hier her kommst!" Also hieß er doch Alexander. „Hat dich der böse Alexander verschreckt?", fragte ich meinen kleinen Fellball, als er sich in meine Hand schmiegte. „Hab ich gar nicht", protestierte der Beschuldigte. Ich schwieg lediglich. „Du hast mir immer noch nicht gesagt, ob der Kater jetzt Jon Schnee heißt", sagte Alexander, als wir uns setzten. „Er heißt so." „Entschuldigt bitte Helens Outfit, sie ist eben erst aufgestanden", meinte Meine Mutter mit einem strahlenden Lächeln. „Ist das so?", hakte Leos Bruder nach. „Offenbar schon. Sie muss es ja wissen."

Eine Stunde später saßen Alexander und ich auf der Couch und spielten Mario Kart. Doch während ich meinen Bruder immer abzockte, führten Alex und ich ein Kopf an Kopf Rennen, das ich letztendlich gewann. Zwar nur mit ein oder zwei Sekunden Vorsprung, aber ich gewann. Das nächste Rennen war auf der Regenbogenstrecke. Ich glaube, das ist so ziemlich die unbeliebteste Strecke, die jemals digital existiert hat. Nach nicht einmal einer Minute fiel ich in einer Kurve runter. Und nochmal. Und nochmal. Immerhin hatte es Alex auch nicht leicht, der immer wieder in Bomben oder Bananen fuhr. Doch wir kamen nicht zum Ende der Strecke, da meine Mutter urplötzlich den Fernseher ausmachte. „Geht doch mal in Helens Zimmer. Und hängt nicht vor Medien rum, okay?", schlug sie lächelnd vor, bedachte mich jedoch mit einem eisigen Blick. Ich erwiderte diesen Blick und zog Alex in mein Zimmer. „Du verstehst dich ja mal gut mit deiner Mutter", bemerkte er, als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte. „Ach?" Neugierig inspirierte er mein Bücherregal. „Gib mir mal dein Handy", befahl ich vom Bett aus. Überraschenderweise gehorchte er mir. Nur war sein Smartphone gesperrt. „Entsperr mal dein Handy." „186374." Achselzuckend gab ich den Code ein, suchte im Menü nach seinem Kontaktverzeichnis. Speicherte mich ein und schrieb mich auf Whatsapp an. Anschließend öffnete ich seine Musikapp, scrollte durch die verschiedenen Titel. Von Revolverheld über Eminem bis Bad Religion war alles vorhanden. Aus einem Impuls heraus erstellte ich eine neue Playlist und nannte sie Len. Dann fügte ich alle Rock und heavy Metal Lieder hinzu, bevor ich Bluetooth anmachte und über meine Box so laut wie möglich Musik laufen ließ. „Du magst Nirvana?", fragte Alex, der eines meiner Harry Potter Bücher in der Hand hielt. „Jup. Aber in erster Linie geht es mir darum, meine Mutter zu nerven", antwortete ich wahrheitsgemäß.





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