Strebe nach Ruhe, aber durch das Gleichgewicht, nicht durch den Stillstand deiner Tätigkeit.
- Friedrich von Schiller
NIALL - Newcastle || Weicher Sand, der Salzgeruch des Meeres, die prallende Sonne. Mein Haar war bereits aschblond, meine Haut hatte einen leichten Braunton angenommen. Seelenruhig schlenderte ich über die kleine Sanddüne. Vor mir war nun das brausende Meer, der Wind peitschte die Wellen gegen einen großen Felsen, der ein paar Meter aus dem Wasser ragte. Es herrschte Totenstille. Etwas, was ich seit geraumer Zeit vermisst hatte, ich hatte es nicht erwarten können endlich das nächste Flugzeug zu nehmen und hierhin zu fliegen. Der Abschied von den Jungs war kurz gewesen. Allgemein herrschte zwischen uns eine Kälte, die man nicht beschreiben konnte. Wahrscheinlich war es das Beste gewesen, dass wir erst einmal in unsere Pause gegangen sind.
Newcastle war ein kleiner Ort, maximal 200 Kilometer von Sydney entfernt. Ich hatte hier in den letzten drei Monaten die meiste Zeit verbracht. Hier war es ruhig, kein Mensch würde freiwillig in diese kleine Stadt fahren. Und das Beste war die Stille, die zur jeder Tageszeit herrschte.
Ich ließ mich kurz vor dem Wasser auf den Sand nieder. Er war wunderbar weich, ganz anders als an den Stränden, wo ich bereits war. So ungerührt. Es war gut so. Das Wasser war angenehm kühl, die Sonne dagegen prallte mit aller Macht. Es wunderte mich, dass meine Haut noch nicht krebsrot war, obwohl sie es eigentlich hätte sein sollen.
„Niall?"
Ich drehte mich um und entdeckte die brünette Schönheit an der Terrassentür lehnend. Ihr Haar wurde vom Wind durch die Luft gewirbelt. Ihr Lächeln steckte jeden an. Automatisch bildete sich auch bei mir eines.
Mit den Händen in der Hosentasche vergraben ging sie zu mir. Ihre Haare kitzelten in meinem Nacken als sie sich über mich beugte und mir einen Kuss auf meine Lippen hauchte. Sie schmeckten nach Zucker. Ihre wunderschönen braunen Augen musterten mich aufmerksam, sie ließ sich neben mich auf dem Sand nieder und lehnte ihren Kopf an meine Schulter. „Wieso bist du hier alleine am Strand?", fragte sie. „Ich weiß nicht, vielleicht wollte ich einfach die Ruhe genießen." Ich verschränkte unsere Finger miteinander und sah zum Meer hinaus.
Einige Minuten verfielen wir in ein Schweigen. Es war keineswegs unangenehm, im Gegenteil. Ich genoss es sehr.
„Ist wirklich alles in Ordnung? Seit gestern benimmst du dich komisch." Melissa richtete sich auf. Ihr Blick war besorgt. Ich blickte weiterhin hinaus auf's Meer. Es war eine berechtigte Frage. Ich wusste selber, dass mein Verhalten anders war. Ich hatte nicht viel geredet, weder gelacht. Die ganze Zeit über hatte ich nachdenklich aus dem Fenster geschaut. Ich hatte mir das Wiedersehen mit den Jungs vorgestellt. Oder meiner anderen Freunde. Obwohl ich sie alle, in den Tiefen meines Herzens, schrecklich vermisst hatte, fürchtete ich mich nun vor unserer Wiederbegegnung. „Es ist nichts", sagte ich, obwohl es nicht der Wahrheit entsprach. Aber Melissa hakte nicht nach, sie ließ das Thema bleiben und sah zum Meer hinaus. Ich liebte diese Eigenschaft an ihr. Sie kümmerte sich um andere Menschen, und ließ es bleiben, wenn jemand nicht über ein Thema reden wollte.
Auch ich sah wieder hinaus zum Meer.
Die Wellen schlugen gegen den Felsen und Schaum spritzte durch die Luft.
Melissa stand nach einer Weile wieder auf und klopfte sich den Sand von den Beinen. „Ich bin mal wieder drinnen und lerne diesen Scheiß für die Prüfung." Sie lächelte mich kurz gequält an, drehte sich um und ging wieder zu dem kleinen Strandhaus, was ich mir gemietet hatte und was sie seit drei Wochen besetzte.
Ich sah ihr hinterher, bewunderte noch einmal ihre Schönheit, dann richtete ich meinen Blick wieder zum Meer.
Nur noch zwei Wochen, dann musste ich wieder in London sein.
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Larmoyanz | n.h
Fanfic"Jemandem dein Herz zu schenken, ist das größte Geschenk und die schwerste Sünde zugleich." ©maybeimyou. 2015