Ich packte schwungvoll meinen Rucksack und warf ihn mir über die Schulter. Meine Haare wischte ich mir aus dem Gesicht, dann verabschiedete ich mich von meinen Studienfreunden.
„Jean, hallo, hier bin ich!" Ich drehte mich um und sah Anna auf der gegenüberliegenden Seite. Ein Schmunzeln schlich sich auf mein Gesicht und ich schlenderte zu ihr rüber. Begrüßend schlang sie ihre Arme um mich und startete den Versuch mich rumzuwirbeln.
Sie scheiterte jedoch. Lachend befreite ich mich aus ihrer Umklammerung, bevor sie auf noch dümmere Ideen kam.
„Geht es dir gut?" Lachend beobachtete ich, wie ihre Augen zu strahlen anfingen.
„Die Prüfung lief super. Absolut super!"
„Toll", rief ich und umarmte sie nun meinerseits. „Dann hat sich das ganze lernen doch gelohnt."
„Das stimmt." Sie atmete so tief aus, als ob die Last der ganzen letzten Tage von ihr abfallen würde. Wahrscheinlich war dies auch so.„Und jetzt habe ich auch wieder Zeit für dich." Sie drückte leicht meinen Arm und lächelte mir aufmunternd zu. Ich erwiderte ihr lächeln gequält. Dass sie das ausgerechnet jetzt ansprechen musste.
Ich hatte Daniela und ihr merkwürdiges Verhalten in den hintersten Winkel meines Kopfes geschoben und über den Tag erfolgreich verdrängt.
„Verdreh doch nicht sofort deine Augen. Ich habe dir gestern versprochen, dass wir darüber reden können und nun mache ich es wahr. Was ist falsch daran?"
„Nichts", murmelte ich mürrisch. Gleichdarauf ärgerte ich mich über mich selbst. Daniela sollte nicht auch noch in der Lage sein über meine Launen zu verfügen, wenn sie nicht anwesend war.
Deswegen straffte ich meine Schultern und fasste den Entschluss, ausführlich mit Anna darüber zu reden und mir ihre Meinung anzuhören.„Was genau ist gestern passiert?", fragte sie, während wir uns auf den Weg zu Antonios Pizzeria machten.
„Lach mich bitte nicht aus, es hört sich in der Tat merkwürdig an, aber es ist so passiert. Ich saß in der Küche, als Daniela von der Uni nach Hause kam. Sie war total fröhlich und aufgedreht und hat Scherze gemacht. Ich war nicht in der Stimmung dafür, aber das hat sie nicht gestört. Ehrlichgesagt hat ihre gute Laune meine noch verschlechtert, deswegen wollte ich gehen. Ich habe meinen Teller genommen und war auf den Weg in die Küche, als ich ein Klopfen am Fenster hörte. Ich drehte mich um und sah eine Eule. Sie flog vor unserer Terrassentür auf und ab und schien auf etwas zu warten, deswegen stellte ich den Teller ab und war im Begriff die Tür zu öffnen, als Daniel plötzlich an mir vorbeischoss und die Tür aufriss. Sie schubste mich zur Seite und pampte mich an, ich solle verschwinden, weil mich das nichts anginge."
Ich pustete eine Strähne aus meiner Stirn und wartete auf Annas Reaktion. Diese kam prompt und genauso, wie ich sie erwartete.
„Ach, sie hatte bestimmt einen stressigen Tag. Nimm es ihr nicht so übel."
„Vielleicht, aber was wenn nicht? Sie sah nicht so aus, als würde sie vor schlechter Laune zergehen. Sie hat sogar Witze gemacht. Ich glaube, da steckt etwas anders im Busch."
„Sei doch nicht so eine Schwarzmalerin, Jean."
„Ich bin keine Schwarzmalerin", brauste ich auf. Langsam verlor ich meine Geduld. Wieso brachte Anna mir kein Verständnis entgegen? „Hättest du Daniela gestern erlebt, würdest du meine Sorgen ernst nehmen."Sie hakte sich bei mir unter. „Ich nehme deine Sorgen ernst, aber ich versuche im gleichen Maße, Erklärungen für Danys Verhalten zu finden. Sie ist meine Freundin, genau wie du es bist und ich finde, sie ist es wert, dass man sie nicht gleich auf Grund ihrer schlechten Laune beschuldigt etwas vor uns zu verheimlichen."
„Jetzt stellst du mich auch noch als die Schuldige dar? Ich fasse es nicht!"
„Jean." Anna griff nach meinem Arm und hielt mich zurück. Ich mied den Blick in ihre Richtung.
„Was?", knurrte ich.
„Bleib bitte stehen und hör mich an." Ich blieb stehen, doch ich sah stur auf meine Schuhe. Sie begann zu sprechen: „Ich gebe niemandem die Schuld. Ich versuche bloß eine logische Erklärung für Danielas Verhalten zu finden, da ich sie als Freundin schätze und der Ansicht bin, dass man sie nicht grundlos verurteilen soll. Wer weiß, vielleicht hat sie selbst eine Menge Probleme und anfangs versucht, böse Miene zum guten Spiel zu machen."
„Das kann ja alles ein", räumte ich ein, „aber sie war super gelaunt und das war unmöglich gespielt. Irgendetwas muss diese Eule bei ihr ausgelöst haben."„Das ist schwer zu beurteilen. Ich war schließlich nicht dabei." Nachdenklich legte sie ihre Stirn in Falten und überlegte. „Vielleicht ... vielleicht hat sie eine Eulen Phobie."
„Dann würde sie aber nicht breitwillig auf die Eule zustürmen."
„Du hast recht", sagte sie und massierte ihre Schläfen. „Ich hätte nicht gedacht, dass dir ihr Verhalten so sehr an die Nieren geht."
„Doch, dass tut es", rechtfertigte ich mich. „Schließlich haben wir gerade das Kriegsbeil begraben und ich hatte gehofft, dass zwischen uns wieder alles in Ordnung wäre." Ich stemmte meine Hände in die Seite und blieb stehen.„Ist es möglich, dass vielleicht daher der Wind weht?", fragte Anna. Verwirrt sah ich sie an. Sie fuhr fort: „Na ja, vielleicht hat sie dir noch gar nicht verziehen und ist deswegen so schlecht gelaunt."
„Das glaube ich nicht. Und außerdem", ich sah sie wütend an. „gibt es nichts, wofür sie mir verzeihen müsste. Sie ist mir wie eine Furie an die Gurgel gesprungen und nicht umgekehrt."Ich hörte Anna schwer ausatmen. „Leg doch nicht jedes Wort auf die Goldwagen, meine Güte. Ich versuche dir doch bloß klarzumachen, dass es auch noch Möglichkeiten gibt, die du in deiner Verbohrtheit übersehen könntest."
„Verbohrtheit?", keifte ich und stampfte mit dem Fuß auf den Boden.
„Ja, Verbohrtheit. Wirklich, Jean, komm wieder auf dem Boden der Tatsachen an. Es ist eine Möglichkeit und so aus der Luft gegriffen ist sie nicht. Daniela ist eine gute Schauspielerin und wenn sie möchte, könnte sie dir auch eine ganze Versöhnung vorspielen."
Ich guckte sie böse an, erwiderte aber nichts.„Nun ja, ich denke nicht, dass sie so durchtrieben ist, zumal sie ja gar keinen Grund dafür hat. Aber ich bin mit einem Latein auch so langsam am Ende, es tut mir Leid, Jean." Sie legte mir freundschaftlich einen Arm um die Schulter und zog mich an sich heran.
„Schon gut", murmelte ich.
Der Rest des Spaziergangs verlief schweigend und ich hing meinen eigenen Gedanken nach. Ich fragte mich, wieso Daniela so ausgeflippt ist. Ich hielt mir Annas Möglichkeiten noch einmal vor Augen, tat sie aber schnell wieder ab. Wenn ich eine Lösung finden wollte, sollte ich naheliegende Gründe suchen.Doch so sehr ich mich auch anstrengte, mir fiel nichts ein.
Und so erreichten wir Antonios Pizzeria nach wenigen Minuten. Anna stieß die große Eingangstür auf und trat ein. Ich folgte ihr und wurde sofort von dem Geruch, frischgebackenem Pizzabodens begrüßt. Ein Lächeln stahl sich auf mein Gesicht und ich fühlte eine Welle der Zufriedenheit über mich hereinschwappte.
„Jean", flüsterte Anna plötzlich und blieb stehen. „Ich habe doch keinen Hunger auf Pizza, lass uns woanders hingehen."
„Was, nein." Ich wollte mich an ihr vorbeidrängeln, doch sie schob mich in Richtung Ausgang. „Anna, ich will jetzt eine Pizza essen, lass mich sofort vorbei."
„Aber, Jean" rief sie, als ich in den vorderen Teil des Lokals verschwand. Abrupt blieb ich stehen. Mein Blick fiel auf zwei bekannte Personen.Daniela und Draco.
Sie schienen mich nicht zu bemerken. Daniela lehnte sich quer über den Tisch, zog Draco an seinem Oberteil an sich heran und platzierte ihre Lippen direkt auf seinen.
Ich brauchte eine Sekunde um zu verarbeiten, was ich da gerade gesehen habe. Und ich brauchte noch einmal eine Sekunde um auf dem Absatz kehrt zu machen und aus dem Restaurant zu stürmen.
Vielen Dank für die reads, votes und Kommentare! ♥ Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie sehr ich mich darüber freue!
Kennt ihr eigentlich eine gute Dramione FanFiktion die ihr empfehlen könnt, ich bin auf das Suche (: Ich kann euch die Geschichte "Tutoring a Malfoy" empfehlen. Diese Geschichte hat mich zum weinen, lachen und verzweifeln gebracht. Also, wenn ihr Lust habt eine richtig gute Geschichte zu lesen und Englisch mögt, kann ich euch die nur ans Herz legen.
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Reue
FanfictionHermine Granger baut sich abseits der Zauberwelt ein neues Leben auf. Ein verhängnisvoller Geburtstag reißt jedoch alte Wunden auf und ehe Hermine weiß was mit ihr geschieht, befindet sie sich in einem Geflecht aus Lügen und Intrigen. Und als wäre d...