Das Mysterium Daniela

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Die Tage vergingen und ich war endlich wieder einmal glücklich. Draco tat mir gut. Er war einfach zauberhaft. Und er gab mir mein Selbstwertgefühl zurück, dass Ron mir für so lange Zeit genommen hatte. Draco gab mir das Gefühl begehrenswert und besonders zu sein, ein Gefühl, das ich dachte verloren zu haben.
Und fast hätte er mich meine Probleme vergessen lassen, wäre nicht plötzlich ein Brief eingetroffen.

„Jean", rief Anna eines Tages und stürmte in mein Zimmer. Es schien beinahe zur Gewohnheit zu werden, dass sie mich mit Neuigkeiten überrannte. Schlitternd blieb sie vor mir stehen und überreichte mir feierlich einen Umschlag. Er war nicht schwer und ich begann mich zu wundern, wieso mir jemand einen Brief schrieb.
„Es stand kein Absender darauf und deswegen dachte ich", Anna machte eine kurze Pause und versuchte sich wieder zu beruhigen, „dass es ein Liebesbrief von Draco sei. Das wäre ja so romantisch ... na los, mach schon auf ... ich bin so gespannt."
„Du hast zu viele Liebesschnulzen geschaut", lachte ich und schüttelte den Kopf über Annas unerschütterliche Euphorie. Trotzdem begann mein Herz zu klopfen, als ich das Kuvert öffnete und ihm ein fein beschriebenes Blatt Pergament entnahm. Doch schnell verblasste meine gute Laune.

Das war nicht Dracos Schrift. Das war Harrys.

„Du, Anna", begann ich, langsam, nicht wissend, was ich denken, geschweige denn sagen sollte. „Der Brief ist nicht von Draco. Das ist ... nichts Wichtiges. Du musst hier nicht wie eine Wildkatze lauern."
Mit einem klammen Gefühl in der Magengegend beobachtete ich, wie Anna sich beleidigt aus meinem Zimmer verzog. Sobald sich die Tür schloss, faltete ich das Pergament mit fliegenden Händen auseinander.
Es gab nur zwei Möglichkeiten, dachte ich, entweder Harry hatte herausgefunden wer Daniela war oder er war genauso ratlos wie zuvor. Ich wusste nicht, vor was ich mehr Angst hatte.

Liebe Hermine, begann ich zu lesen. Jedoch zitterten meine Hände urplötzlich so stark, dass ich den Brief für einen Moment weglegen musste. Mein Atem wurde flach und in meinem Kopf wiederholte sich wie eine Mantra „Ruhig bleiben. Ganz ruhig bleiben". Mit einer unbeholfenen Bewegung stolperte ich zum Fenster und riss es auf.
Tief atmete ich ein und spürte, wie sich meine Lunge wieder mit Sauerstoff füllte. Trotzdem stand ich noch einige Minuten wartend am Fenster, um sicher zu stellen, dass mich meine Anspannung nicht wieder überwältigte. Erst dann traute ich mich weiterzulesen.

entschuldige vielmals, dass ich nicht vorher schrieb. Und dann melde ich mich auch noch mit schlechten Nachrichten. Ich bin ein mieser Freund. Denn es gibt keine Daniela Brown in der Zauberwelt. Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, um an die Akten zu gelangen, aber ihre blieb unauffindbar. Entweder sie existiert nicht oder sie hat jemanden beauftrag, sie zu verstecken.
Es tut mir sehr leid, aber bei dieser Frage bin selbst ich überfordert.
Geh am besten noch einmal in Dich und überlege ganz genau, ob Du mit wirklich niemanden in letzter Zeit Kontakt hattest, der Deine wahre Identität kennt.
Ich kann es mir nicht anders erklären.

Halte mich bitte auf dem Laufenden, was dieses Mysterium angeht. Hat Daniela Dich erneut darauf angesprochen oder irgendwelche Bemerkungen gemacht?
Als Auror muss ich Dich darauf hinweisen, dass es die oberste Priorität ist, die Existenz der Zauberwelt geheim zu halten – auch wenn Du Dich dafür entschieden hast, aus dieser auszutreten, musst Du stillschweigen darüber bewahren, oder in Deinem Fall verhindern, dass Daniela ihre Existenz preisgibt.

In Liebe,
Harry 

Ich ließ den Brief sinken. Harry wusste es nicht. Er wusste es nicht.
Wenn nicht einmal er etwas wusste, wer sollte es dann wissen? Niemand, abgesehen von den hochrangigen Ministeriumsangestellten, besaß so viele Privilegien wie Harry.
Er war der Lieblingsjunge des Ministers und gern gesehener Gast für ein kurzes Pläuschen in seinem Büro.
Man konnte fast sagen, dass Harry eine Narrenfreiheit in der Zauberwelt hatte.

Ich ließ mich nach hinten fallen und schloss die Augen. Doch ich blieb seltsam ruhig. Mein Gehirn arbeitete auf Hochtouren. Das beruhigte mich. Hatte es schon immer. Ich fühlte mich sicher, wenn ich daran dachte, dass es für alles eine Erklärung gab.
Und es würde auch für Daniela eine Erklärung geben. Ich musste nur logisch vorgehen.

Ich sprang vom Bett und eilte an meinen Schreibtisch. Ich griff nach einem Blatt und einem Stift, dann begann ich feinsäuberlich zu dokumentieren, was ich über Daniela wusste.
Doch nach wenigen Minuten war ich fertig und begutachtete die klärgliche Ausbeute. Abgesehen von Hobbys, Studienfächer und Zukunftsplänen wusste ich nichts über sie. Ihre komplette Vergangenheit fehlte. Ich gab einen zischenden Laut von mir und dachte nach.

Es konnte kein Zufall sein, dass ich ausgerechnet darüber nichts wusste. Es gab einen Grund, warum sie über dieses Thema eisern schwieg.
Und dieser Grund, dass konnte ich deutlich spüren, war der Schlüssel.
Der Schlüssel, warum sie von Hermine wusste und warum sie so einen enormen Hass mir gegenüber hegte.
Ich schauderte unwillkürlich als ich daran dachte, dass ich zwei Jahre mit ihr zusammengelebt hatte, ihr sogar meine Ängste anvertraute, wo sie mich verabscheute.

Ich sammelte mich kurz und lenkte meinen Blick auf das Bild, dass Draco und mich zeigte. Augenblicklich legte sich ein Lächeln auf meine Lippen und ich fühlte mich leichter.
Mein Herz erwärmte sich bei dem Gedanken an den Klang seines Lachens oder dem Gefühl, in seinen Armen zu liegen.
Alles war gut, solange er bei mir war.
Natürlich ist er mir in den Sinn gekommen, als ich Harrys Brief gelesen habe, aber so schnell wie der Gedanke gekommen war, so schnell hatte ich ihn wieder verworfen.
Ich kannte Draco fast mein halbes Leben und durfte ihn in den letzten Monaten kennenlernen. Ich würde meine Hand für ihn ins Feuer legen.
Draco hatte nicht meine Nähe gesucht, weil er sich an mir rächen wollte, sondern in erster Linie, weil er seine Taten bereute.
Und diese beiden Darstellungen passten bei Gott nicht zusammen.
Draco respektierte mich. Er respektierte sogar meine Entscheidung, ohne Magie zu leben, selbst wenn er noch zauberte.
Draco war einer der liebenswürdigsten Menschen, die ich in letzter Zeit kennenlernen durfte.

Ich löste meinen Blick wieder von dem Bild und wandte mich der Liste zu.

Harry hatte mir zwei naheliegende Möglichkeiten dargelegt. Entweder Daniela hatte die Information von Dritten erhalten oder sie hat ihre Identität in der Zauberwelt unkenntlich gemacht.
Doch es musste noch eine weitere Lösung geben.
Denn niemand außer Draco hatte mit Daniela Kontakt und es war schier unmöglich, Informationen dem Zaubereiministerium vorzuenthalten.
Ratlos saß ich vor dem Blatt. Doch mir fiel nichts Gescheites ein.

Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass Draco in einer Stunde vorbeikommen würde.
Enthusiastisch legte ich die Liste weg und stand auf. Mir fiel ja doch nichts mehr ein und außerdem, würde ich noch einkaufen müssen, da Anna gemeinsam mit mir, den Kühlschrank in einer mitternächtlichen Heißhungerattake geplündert hatte.
Und ohne Zutaten konnte man schlecht kochen.

Ich schlenderte zu Annas Tür klopfte an. Doch noch ehe sie antworten konnte, öffnete ich die Tür und fand sie in eine Decke gemummelt, vor dem Fernseher sitzen.
Bei diesem Anblick konnte ich mir ein Lachen nicht verkneifen.

Ich ging zu ihr und zog an der Decke. „Ausruhen kannst du dich, nachdem du mit mir einkaufen warst."
Ihr Mund öffnete sich um zu protestieren, doch mit einer wegwerfende Handbewegung bedeutete ich ihr zu schweigen und fügte grinsend hinzu: „Wer essen kann, der kann auch einkaufen."
Nörgelnd wickelte sich Anna aus der Decke und fügte schnippisch hinzu: „Weißt du eigentlich wie unfair das ist, dass ich jetzt für dich und Draco einkaufen muss, nur um mir hinterher anzusehen, dass ihr mir nichts übrig lasst?"
„So ist das Leben, meine Liebe", gab ich schmunzelnd zurück und öffnete die Tür. Daniela war schon wieder vergessen.

Ich weiß. Heute ist weder Dienstag, noch ist heute Samstag. Aber heute ist Heilig Abend. Ich wollte mich bei euch für alle die lieben und ermutigenden Kommtare bedanken, sowie für die ganzen Votes und Reads. Es ist wirklich unglaublich! <3


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