Ich saß in meinem Zimmer und schaute aus dem Fenster. Der Herbst war schon weit ins Land geschritten und mir wurde bewusst, wie die letzten Monate an mir vorbeigeflogen sind.
Ich umklammerte meine Teetasse und kuschelte mich weiter in meine Decke.Nachdenklich ließ ich die Zeit Revue passieren.
Angefangen hatte alles mit Harrys Geburtstag. Und das war Ende Juli. Danach habe ich zum ersten Mal seit Jahren Draco getroffen. Ich hatte von Anfang an gemerkt, dass sich die Beziehung zwischen uns geändert hatte. Ich hasste ihn nicht mehr. Ich hatte mit ihm abgeschlossen, genau wie ich mit Neville oder Luna abschloss.
Sie passten nicht mehr in mein Leben.
Doch diese Begegnung mit ihm, hatte mich zu meinem alten Ich zurückgeführt und mir bewusst gemacht, dass es immer ein Teil von mir bleiben wird.
Unser Verhältnis hat sich in den letzten drei Monaten um hundertachtzig Grad gedreht. Dachte ich. Doch als ich gestern Daniela mit ihm sah, habe ich mich unwillkürlich gefragt, ob ich mich die ganze Zeit in ihm täuschte.
Es hatte nur drei Monate gedauert, bis ich ihm mein Vertrauen geschenkt hatte. Und es sollte alles umsonst gewesen sein?Fahrig fuhr ich mir über mein Gesicht und stellte den Tee neben mich. Ich ließ mich in die Kissen sinken und verfolgte die Wolken am Himmel. Sie bewegten sich immer schneller und schneller und bald drehten sich nicht nur die Wolken vor meinem Augen, sondern auch die Gedanken in meinem Kopf.
Ich stöhnte gequält auf und presste meine Hände gegen meinen Schädel. Es sollte aufhören. Mir wurde schlecht. Ich schloss die Augen und zählte gedanklich bis drei. Ich stieß die Luft stückweise aus. Dann zählte ich wieder bis drei und atmete langsam ein.
Gemächlich beruhigte ich mich und konnte wieder die Augen öffnen. Ich wagte einen Blick nach draußen. Die Wolken standen still.
Ein lautes Schrillen riss mich aus meinen Gedanken. Ich wartete und spitzte die Ohren. Ich vernahm jedoch kein Geräusch und schlussfolgerte, dass ich wohl aufmachen musste.
Ich schlang die Decke um meine Schultern und scherte mich nicht darum, wie ich aussah. Vermutlich war es jemand für Anna oder Daniela.
Ich betätigte den Summer und wartete, bis die Tür unten zuschlug. Ich drehte mich um und war bereits im Begriff zu gehen, als jemand meinen Namen rief.
Und dieser jemand war die letzte Person, die ich heute sehen wollte.Ich schlug die Tür wieder zu. In einer Schockstarre gefangen, hörte ich, wie Draco gegen die Tür klopfte und mich erneut rief.
Ich blieb stumm und betete, dass er doch verschwinden möge.„Ich habe dich doch schon gesehen." Er lachte leise. Ich spürte ein Stechen in meiner Brust. Ich riss die Tür wieder auf.
„Hau ab", fauchte ich und sah, wie er mich verwirrt musterte.
„Wie bitte?"
„Verschwinde, Malfoy, ich will dich hier nicht sehen."
„Ach, sind wir jetzt wieder beim Nachnamen angelangt, Granger? Und bevor du mich hier so anzickst, würde ich gerne einmal wissen, was ich schon wieder verbrochen habe."
„Das weißt du ganz genau", zischte ich, obwohl mir klar war, dass er es eben nicht wusste. Jungs sind solche Hohlbirnen.
„Kläre mich bitte auf, ich bin mir keines Vergehens bewusst."
„Lass mich einfach in Frieden." Ich schlug die Tür zu, doch Draco schob seinen Fuß geschickt dazwischen und hielt die Tür offen.
„Nicht bevor du mir sagst, was Sache ist. Eher bewege ich mich hier nicht vom Fleck", antwortete er provokant.
„Ach, dann bleib doch da stehen bis du schwarz wirst. Ich kann Daniela ja hinausschicken, damit dir nicht langweilig wird."War ich eigentlich noch zu retten? Wieso habe ich das gesagt? Für einen kurzen Moment verrutschte meine Maskerade und mir war der Schmerz anzusehen. Dracos Ausdruck wanderte von Wut zu Bestürzung. Na toll.
„Hast du uns gestern gesehen?"
„Ihr wart ja nicht zu übersehen", sagte ich bitter.
„Bitte, hör mir zu, du hast dass alles ganz falsch verstanden ...", setzte er an, doch ich unterbrach ihn wirsch.
„Da gab es nichts, was ich falsch verstehen konnte." Draco war so überrumpelt, dass ich die Tür widerstandslos schließen konnte.„Jean", brüllte er und hämmerte gegen die Tür. „Bitte, mach diese blöde Tür auf, oder ich ..."
„Wag es nicht, Malfoy", kreischte ich. „Lass dein ... Ding wo es hingehört." Panisch starrte ich auf die Tür. Wenn er zaubernd würde, würde ich noch endgültig durchdrehen.
Doch nichts dergleichen passierte. Erleichtert atmete ich aus und als ich dann noch hörte, wie er die Treppe herunterging, ließ ich mich an der Wand nach unten gleiten.Ich legte meinen Kopf auf meinen Knien ab und schlang die Decke fester um meinen Körper.
Wieso lief nur alles so entsetzlich schief? Mein Leben war doch vollkommen in Ordnung bevor ich auf Draco traf. Und doch, je länger ich darüber nachdachte, desto weniger wollte ich die letzte Zeit missen.
Meine Mundwinkel zogen sich nach unten und ich spürte ein Stechen in meiner Brust, als ich an ihn dachte. An sein Lachen und das Strahlen in seinen Augen, dass mir zum ersten Mal zeigte, dass hinter seiner harten Schale ein weiches und gefühlvolles Herz lag.
Und daran wie er mich vor dem Auto rettete und mich schützend in seinen Armen hielt, als ich ihm von der Schlacht erzählt hatte.
Das war der Draco den ich mochte, den ich als Freund behalten wollte. Ich wollte nicht den Draco, der mich wegen Daniela anlog.Entschlossen rappelte ich mich auf. Ich würde Daniela jetzt zur Rede stellen. Wenn sie wirklich etwas für Draco empfand und er für sie, dann müsste ich lernen es zu akzeptieren, aber sollte sie nichts für ihn empfinden, dann würde ich meinen Stolz hinunterschlucken und Draco als Freundin vor ihrem falschen Spiel warnen.
„Daniela?" Ich stieß ihre Zimmertür auf und sah sie gelangweilt auf ihrem Bett liegen. Im Fernsehen lief irgendeine Soap. Sie ignorierte mich.
„Daniela, ich muss mit dir reden", sagte ich und versuchte mir die Anspannung nicht anmerken zu lassen.
„Pscht", machte sie nur.
„Nein, ich werde jetzt nicht leise sein. Es ist wichtig." Wütend stellte ich mich vor den Fernseher und wurde augenblicklich genervt angesehen.
„Geh aus dem Bild, Jean. Ich möchte die Sendung gucken und habe, falls du es nicht bemerkt hast, kein Interesse mit dir zu reden."
„Es geht um Draco", platzte ich heraus und sah sie triumphierend an. Gleich würde ich sehen, wie ihre Reaktion ausfallen würde.
Doch sie blieb aus.„Dachte ich mir schon", erwiderte sie lahm und blickte an mir vorbei auf den Bildschirm. Sie regte ihren Kopf nach links und lachte kurz auf. Ich drehte mich um, verstand aber nicht, was so lustig war.
„Willst du mir nicht irgendetwas sagen?", fragte ich und sah sie herausfordernd an.
„Nicht das ich wüsste."Ich atmete tief durch und versuchte mich zu beruhigen. Wenn ich so nicht weiter kam, musste ich anders ansetzte. Am besten konfrontierte ich sie direkt mit dem gesehenen.
„Ihr beide wart gestern bei Antonio." Nun musste sie aber eine Reaktion zeigen. Schließlich war es nicht nur ein einfaches Treffen zwischen Freunden.
„Das stimmt." Sie sah nun noch gelangweilter aus als am Anfang und so langsam fragte ich mich, was ich mir von dem Gespräch erhofft hatte. Antworten? Die würde ich wohl nicht bekommen. Trotzdem versuchte ich es weiter.
„Aber du hast mir gesagt, dass er nicht dein Typ sei."
„Exakt."Mir riss der Geduldsfaden und ich keifte: „Kannst du auch mehr als Ja oder Nein sagen, oder hast du das Sprechen verlernt? Ich glaube, ich werd nicht mehr!"
„Was willst du wissen, hm?" Daniela richtete sich auf und nahm zum ersten Mal den Blick von dem Bildschirm. Herausfordernd sah sie mich an.
„Ich möchte wissen, warum du mich anlügst, dich dann hinter meinem Rücken mit ihm triffst und ihn küsst? Du magst ihn ja nicht einmal." Atemlos starrte ich sie an.
„Auch das ist korrekt." Fassungslos stützte ich mich an ihrem Schreibtisch ab.
„Aber dann verstehe ich es erst recht nicht."
„Ich tue das alles nur aus einem einzigen Grund." Sie hob ihren Blick und sah mir direkt in die Augen. Mir lief es kalt den Rücken hinunter, als ich den puren Hass drin auflodern sah.
„Und der wäre?", hauchte ich.
„Rache, Granger."
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Reue
FanfictionHermine Granger baut sich abseits der Zauberwelt ein neues Leben auf. Ein verhängnisvoller Geburtstag reißt jedoch alte Wunden auf und ehe Hermine weiß was mit ihr geschieht, befindet sie sich in einem Geflecht aus Lügen und Intrigen. Und als wäre d...