Kapitel 43: Von einem schrecklichen Einsatz

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"Rettungsleitstelle für Medicopter 117"
"Medicopter 117 hört"
"Busunglück auf der A3 bei München"
"Verstanden Rettungsleitstelle wir übernehmen"
Ich drückte Peter Mia Joyce in den Arm und rannte los zum Heli, endlich, endlich nach vierzehn Monaten darf ich wieder mitfliegen. Gina zog das 'Baby' hoch und ich sah überglücklich aus dem Fenster hinten. "20 Minuten Flugzeit", gab Gina an uns und die Rettungsleitstelle durch, dann sah sie lächelnd zu mir nach hinten. "Flo tausch doch mal mir Liv, ich glaube sie hat den Ausblick vermisst", meinte sie und Flo und ich tauschten Plätze und ich genoss den Flug um so mehr. Als wir dann am Einsatzort ankamen, galt wieder vollste Konzentration, ein Schulbus war mit einem Auto zusammengestoßen. Einige Schüler standen schon außerhalb des Busses und Flo rannte dorthin und fragte erstmal wie es ihnen ging, als ich einen bekannten braunen Haarschopf sah. "Cecilia", rief ich aus und rannte zu meiner Tochter, die aber bis auf eine Platzwunde nichts weiter hatte. Wieso müssen meine Kinder immer in so etwas verwickelt sein, aber ich hatte jetzt keine Zeit, ich musste mich um die restlichen Kinder kümmern. In der Zwischenzeit waren noch weitere RTWS eingetroffen und die Ärzte und Sanitäter kümmerten sich ebenfalls mit um die Kinder. Der Busfahrer der Kinder war gleich nach dem Unfall tot, sowie die Beifahrerin des PKW und zwei Kinder. Fünf Kinder wurden mittlerweile mit dem RTW ins Krankenhaus gefahren und Flo und ich kümmerten uns gerade um ein Kind mit schwerem Bauchtrauma, während der Heli von Rosenheim ebenfalls landete.

Ich sah Flo an, der den Ambobeutel in der Hand hatte. "Ruf mich sobald er stabil ist, ich gucke so lange nach meiner Tochter", sagte ich zu ihm und er nickte, dann rannte ich wieder zu Cecilia, die mittlerweile ein notdürftiges Pflaster auf die Wunde geklebt bekommen hatte. Ich nahm sie in den Arm und spürte wie sehr sie zitterte. "Alles ist gut Süße", murmelte ich und sie sah mich an, in ihren Augen waren Tränen, "nichts ist gut, ich hatte mich so auf das Salzbergwerk gefreut und und und...", stotterte sie und sah zu den beiden Leichnamen, die zugedeckt wurden, erst jetzt erkannte ich, um wen genau es sich handelte. Ich hielt meine weinende Tochter im Arm, die um ihre beste Freundin trauerte, welche eine der toten Mädchen ist. "Weißt du was, wir gehen jetzt zusammen zu Gina und die setzt dich vorne mit in den Heli und dann darfst du mitfliegen, komm geh schon mal vor, ich sag deiner Lehrerin Bescheid, Gina", ich rief meine Freundin zu mir, erklärte ihr die Situation und sie nahm Cecilia mit, die immer noch schrecklich weinte und zitterte, vermutlich zum Teil auch noch vom Schock, dann suchte ich ihre Klassenlehrerin auf, sagte ihr, welche Kinder schon auf dem Weg zum Krankenhaus waren, das betraf die fünf in den RTWS, eine die Rosenheim sofort nach Ankunft mitgenommen hatte, da wir sie schon stabilisiert hatten und dann den Jungen den wir jetzt gerade stabilisierten und Cecilia. Sie nickte und sah dann wieder nach den anderen Kinder die außer Prellungen und Schrammen nichts wirklich davon getragen hatten. 

"Liv, der Junge ist stabil, wir können", rief Flo mir zu und ich rannte zu ihm und wir trugen den Jungen mit Trage in den Heli und sprangen dann selbst hinten rein, da Gina Cecilia vorne rein gesetzt hatte. Während des Fluges konnten wir den Jungen soweit stabil halten und im Krankenhaus wurde er sofort operiert. Gina und Flo machten sich derweil auf den Weg zur Cafeteria des Krankenhauses, während ich mit der weinenden Cecilia in die Notaufnahme ging um ihre Wunde nähen zu lassen und um ihre Schulter röntgen zu lassen, von der sie mir während des Fluges gestanden hatte, das sie auch weh tat. Ich war stolz auf sie wie tapfer sie alles aushielt und am Ende bekam sie noch ein leichtes Beruhigungsmittel, weswegen sie auch erstmal aufhörte zu weinen, bis sie aus dem Röntgenzimmer raus kam. "Es tut so weh", schluchzte sie und ich hielt sie im Arm fest, während wir zurück zum Behandlungszimmer gingen um uns die Röntgenaufnahme anzusehen. Es war das Ergebnis mit dem ich gerechnet hatte, obwohl ich gehofft hatte mich zu irren.

"Das war aber ein langer Einsatz, sehr schlimm?", fragte Peter als wir rein kamen, er saß mit Mia Joyce am Tisch und versuchte sie zu füttern. Cecilia hatte er noch nicht entdeckt, ich seufzte frustriert, während Cecilia hinter mir hervor kam und zu ihrem Papi ging. "Huch was machst du denn hier?", fragte Peter und musterte seine Tochter, die noch immer weinte und zitterte. Ich nahm Cecilia wieder in den Arm und ließ sie sich ausheulen, dann schienen die Schmerzmittel und Beruhigungsmittel langsam zu wirken, denn sie wurde müde und schlief schließlich weinend in meinem Arm ein. Ich trug sie vorsichtig, ohne die in einer komplizierten Schlinge befestigten Schulter zu bewegen, auf das Sofa und deckte sie zu. Peter sah mich fragend an und ich ließ mich neben ihm am Tisch sinken, wo auch schon Flo und Gina saßen, die genau so fertig aussahen. Solche Einsätze sind immer die schlimmsten, vor allem wenn das eigene Kind dabei ist. "Cecilias Klasse hatte auf dem Weg zum Salzbergwerk einen Unfall mit dem Bus. Sofia und noch ein Junge aus ihrer Klasse sind gestorben, vier Kinder schwer verletzt, die anderen alle nicht lebensbedrohlichen aber doch schon verletzt", berichtete ich flüsternd und Peter sah schockiert aus. "Die Sofia, die immer bei uns Zuhause ist, Cecilias beste Freundin?", fragte er nochmal nach und ich nickte, jetzt hatte auch ich Tränen in den Augen. Das kleine Mädchen hatte es einfach nicht verdient zu sterben, sie war gerade mal 8, ein Jahr älter als Cecilia selbst. Peter nahm mich in den Arm und sah zu seiner Tochter. "Und was ist mit ihr?", fragte er dann vorsichtig nach. Auch ich drehte mich jetzt um und sah zu Cecilia, "Platzwunde, leichte Gehirnerschütterung und gebrochene Schulter", murmelte ich leicht seufzend. Leicht verletzt war das nun auch wieder nicht, aber es hätte schlimmer kommen können. Noch den ganzen Tag über herrschte bedrückt Stimmung auf der Basis und ich vergrub mich im Papierkram um an etwas anderes zu denken.

Medicopter 117 - First Love; Last Love?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt