Zwischenkapitel 3 (Kate)

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Es gab nur zwei Regeln, an die sich alle Angestellten halten mussten. Eine davon war leicht einzuhalten, die andere dafür umso schwerer. Als Thomas von ihrer Zuneigung für Alexander Red erfahren hatte, hatte er Kate eindringlich eingeschärft, dass eine solche Verbindung undenkbar sei.

Natürlich war ihr klar, dass sie es ihm niemals würde sagen können. Doch immer wenn sie ihm über den Weg lief, schien ihr Herz schneller zu schlagen, bis es ins Stolpern geriet und ihm vor die Füße fiel.

Als sich die Tür des Familientraktes zur Galerie hin öffnete, war sie nicht auf eine Begegnung mit ihm vorbereitet gewesen. Vor Schreck blieb sie wie angewurzelt stehen und starrte ihn an. Selbst kurz nach dem Aufstehen und mit verwuschelten Haaren macht er eine fantastische Figur. Seine grünen Augen strahlten wie Smaragde im Sonnenlicht. Ihr Blick glitt über seinen Körper und blieb am Saum seines weißen T-Shirts hängen. Es war an einer Stelle über dem linken Hüftknochen ein wenig nach oben gerutscht und gab den Blick auf seine Haut frei. Kates Gedanken fuhren Karussell. Nervös begann sie an einem der Bettlaken zu zwirbeln, die sie auf dem Arm hatte.

"Guten Morgen Kate", grüßte er höflich und lächelte.

"G.. Guten Morgen", stotterte sie aufgeregt und wäre gleichzeitig gerne im Erdboden versunken. Bestimmt hatte er ihre Nervosität längst bemerkt.

"Und wer ist das?", fragte er. Kate hatte Alice für einen Moment völlig vergessen. Ein wenig schämte sie sich dafür.

"Das ist Alice. Sie fängt heute als Zimmermädchen an", stellte sie sie ihm vor. Ihr Blick wanderte zwischen ihm und Alice hin und her. Doch sein Blick ging nur kurz zu Alice und wanderte dann wieder zu ihr. Ein wenig hoffte sie, dass es kein Zufall war.

"Wie schön. Dann hat Kate ja endlich ein wenig Unterstützung", sagte er. Kate glaubte in seinen Augen echte Freude darüber zu erkennen. Vielleicht hatte er sie ja doch ein bisschen gern. Oder bildete sie sich das nur ein?

Als er plötzlich einen Schritt auf sie zu machte und ihr die Laken aus der Hand nahm, zersprang ihr Herz beinahe. Seine Finger hatten ihre nur für den Hauch einer Sekunde gestreift, doch dort, wo sie ihre Haut berührt hatten, breitete sich ein warmes Gefühl aus.

Nichtsdestotrotz war die Situation heikel. Wenn Mrs. Red mitbekam, dass ihr Sohn mit schmutzigen Bettlaken durchs Haus wanderte, würde das großen Ärger geben. Schließlich war das ihre Aufgabe. Sie wollte gerade etwas sagen, als seine Stimme ihren Widerstand dahinschmelzen ließ.

"Ich wollte sowieso gerade nach unten gehen", sagte er. "Und ich werde aufpassen, dass mich keiner sieht." Sein Augenzwinkern gab ihrem Herz den Rest. Sie spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen schoss. Sie mussten förmlich glühen. Doch Alexander bekam es Gott sei Dank nicht mehr mit. Kate stand am Absatz der großen Galatreppe und schaute ihm hinterher, bis er hinter einer Tür im Erdgeschoss verschwunden war.

"Wer war das?", hörte sie Alice fragen. Das riss Kate aus ihren Tagträumen.

"Das war Alexander Red", antwortete sie.

"Magst du ihn?", fragte Alice.

Nein, sie mochte ihn nicht. Nicht so, wie es angemessen war. Das was sie für ihn empfand, ging über reine Zuneigung weit hinaus. Für sie war er wie ein Stern, leuchtend und wunderschön. Doch genau wie einen richtigen Stern konnte sie ihn nur aus der Entfernung bewundern. Nach ihm zu greifen und ihn zu berühren war unmöglich.



The Story of AliceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt