Eckige Sonnenbrillen mit Rain

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Ruby

Vor dem Flughafen, ein Monat später...

"Bist du bereit?", fragte mich Paul. Wir haben gesagt, dass wir zusammen fahren und uns auch eine Hotelzimmer teilen. Nun ist es so weit. 10 Stunden Flug sind angesagt.

Zusammen an den Journalisten und Fotografen vorbei. Wir stiegen in den Flieger. Es herrschte keine Langeweile.

"Also ich schwöre, wir sind da in diesem Aufwärmraum und John schläft. Da schießt er auf, rennt George fast um, setzt sich an das Klavier und begann zu spielen. Er hat mich angeschrien, ich solle die Akkorde aufschrieben und dann hat er zu lachen angefangen. Wir wussten selbst nicht, was mit ihm los war." "War da nicht mal was in Japan?" "Uhhh...", er verzog ein wenig sein Gesicht, "Es war unser erster Live-Auftritt in Japan. Es gab schon ein paar Drohungen. Martin sagte, wir sollen es lassen. Das wollten wir aber nicht. Wir hätten es aber. In einem Interview wurde John gefragt, wie er die Berühmtheit der Beatles definieren würde. Darauf hat er geantwortet, die Beatles seinen berühmter als Jesus. Das Konzert war der Reinfall. Plakate wurden hochgehoben. Beatles Go Home. Wir wurden herumgeschubst. Überall. Die Rolltreppen wurden ausgeschaltet. Der Flughafen war komplett leer. Keine kreischenden Fans. Der reinste Horror. John war nervöser denn je. Du musst mir helfen, ich wollte das nicht, hat er zu Epstein, unserem Manager gesagt. Der berief eine Konferenz ein. John hatte sich entschuldigt. Wir sind trotzdem nie wieder nach Japan gegangen, sogar der Plattenexport war zaghafter als zuvor. Ja und das Lied was John aus dem nichts eingefallen ist, war das Musikvideo, dass am meisten Spaß gemacht hat. Rain hat es geheißen. Wir sind in diesem Garten gewesen. Alles abgesperrt. Wir haben es genossen mal frei zu sein. Den ganzen Tag. Jeder hatte seine eigene Sonnenbrille. John eckig. Ich und George jeweils verschieden rund und Ringo oval. Es war nichts im Vergleich zum Alternativtake. Das hat sogar John immer gesagt. Vorher hatten wir eine unserer Auseinandersetzungen. Wie üblich." "Was ist passiert?" "Naja. Ich wollte unbedingt einen Song machen und da hatte er eine Zeit, wo er sehr leicht aufbrauste. Ich bin oft mit blauen Flecken und Kratzern heimgegangen und auch er." "Hatte er so einen Schlag drauf?" "Ja. Er hat sich fast jeden Tag in der Schulzeit gebrügelt. Also wenn sich jemand an dich ran gemacht hätte, wäre er danach im Krankenhaus gewesen. In dieser Zeit hat er.....ich weiß nicht ob du das weißt, mit Gras experimentiert und noch so Zeug. Einmal war ihm alles egal. Einen Tag später weinte er wegen jeder Kleinigekeit. Dann war er fröhlich und hat andauernd gelacht und dann war er mürrisch über beide Ohren." "Das mit den Drogen wusste ich. Er hat gedacht, dass damit seine Depressionen und Minderwertigkeitsgefühle verschwinden. Das hat es aber nicht und er wurde abhängig. Das wollte er nicht. Er hat sich schlecht gefühlt. Versucht es irgendwie nicht mehr zu nehmen, doch er konnte nicht." "Woher weißt du das alles?" "Das stand in den Briefen, die du mir gegeben hast. Er hat mir von all seinen Erlebnissen erzählt. Was er in Japan angestellt hat. Die Beatles zerfallen. Ich hätte ihm helfen sollen, euch Jungs zur Vernunft zu bringen. Er hätte so oft meine Hilfe gebraucht und ich habe ihn unabsichtlich im Stich gelassen. Das hat er sicher gesagt." "Nein. Er hat sich immer gewundert, wieso er keine Briefe mehr bekam. Er hat sich Sorgen gemacht und Martin immer um dich gefragt. Als er gesagt hat, es sei alles in Ordnung, war John wieder beruhigt. Er hat nie gesagt, dass du ihn im Stich lässt." Es herrschte kurz Stille. "Er hat mir auch mal geschrieben, dass er dir einen Zahn rausgeschlagen hat. Das glaubte er zumindest." Paul lachte kurz und da blitzte der fehlende Teil des oberen Schneidezahns heraus: "Nein, dafür ist er nicht Schuld. Ich habe einen alten Freund besucht. Wir sind Moped gefahren und irgendwann habe ich die Straße geküsst. Dann bin ich zu meiner Cousine. Die hat dann gleich einen Freund angerufen, der Arzt war. Siehst du.", er deutete auf seine Oberlippe, "Da sieht man noch eine Narbe, die er damals genäht hat. Als ich dann am nächsten Tag ins Studio gekommen bin, waren alle schon beim singen und üben. Ich hatte an der Augenbraue noch eine große Kruste und ein Plaster über der Lippe. Ich habe nicht viel gesprochen, da ich mich ein wenig schämte. Irgendwann hat mich John an den Schultern gepackt und gefragt, was mit mir los sein. Mit ein paar Tränen habe ich meine Lippe hochgezogen und meinen Zahn vorblitzen lassen. Er hat mich danach nie wieder geschlagen oder es auch nur annähernd versucht. Ich wollte ihm immer erklären, dass es nicht seine Schuld war, doch er glaubte mir nicht. Er glaubte, er war es, denn an dem gleichen Tag, hat er mir ganz schön eine auf den Mund verpasst. So war er. Rebellisch verletzend. Romantisch verletzt.", er schmunzelte. Über die alten Zeiten. "Und was war eigentlich euer schönstes Erlebnis, von dem ihr heute noch gerne redet." "Hmmm...es gab vieles. Unsere Auftritte in Hamburg. Als Ringo zu uns kam. Als wir das erste Mal im Radio waren...eigentlich die Zugfahrt von Liverpool nach London." "Das sagst du jetzt sicher nur weil ich neben dir sitze." "Nein. Es war dieses Erlebnis, von dem wir immer wieder geredet haben. Wie nett und lustig es war. Und du hattest das ganze in der Hand. Hättest du geschrien oder um ein Autogramm gefragt, hätten wir vielleicht nie wieder davon gesprochen und John hätte sich auch nicht in dich verliebt." Vielleicht habe ich das.

In New York am JFK-Flughafen angekommen. George treffen wir im Hotel und Ringo erst beim Denkmal. Beide sind auf Tournee.

It's Here Again | Beatles ChristmasstoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt