Kapitel 6

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Ein Schauer jagte mir über den Rücken, als ich mich versuchte herumzudrehen, doch ich schaffte es gar nicht, denn ich hatte etwas ganz anderes zu tun. Nämlich nicht überfahren zu werden, aber Gott sei Dank war da jemand. Ich lebe noch. Mir ging es gut. Na ja. Zumindest körperlich, denn im Innersten war ich vollkommen aufgewühlt. Das hätte wirklich schiefgehen können. Es war nicht das erste Mal, dass ich in solch einer brenzligen Situation landete. Ganz im Gegenteil. Doch diese hier war unabsichtlich und lag eindeutig an meiner Träumerei.

Er, der gerade gehen wollte, hatte mich davor bewahrt, dass ein Unglück geschah und was war nun? Prompt wurde ich losgelassen und ich fühlte mich schlagartig allein gelassen. Wie war er überhaupt in der Lage gewesen so schnell bei mir zu sein? Hinzukommend duldete ich es auf keinen Fall, dass er erneut verschwand, als wäre nie etwas gewesen. Auf Anhieb dachte ich an den Vorfall vor ein paar Stunden. Hatte ich die Pest an mir, dass man nicht in meiner Nähe sein wollte? Ich verstand das alles nicht. Umso mehr ich allein war, umso mehr wollte ich eine Person in meiner Nähe wissen, auch wenn es nur eine war mit der ich mich unterhalten konnte. 

»Halt!«, preschte meine Stimme hart und stärker, wie ich mich fühlte, hervor. Ich streckte schon die Hand nach ihm aus. Zwar konnte ich ihn nicht berühren, aber wäre ich nur einen Schritt nach vorn getreten, hätte sich das geändert. Jedoch musste ich wissen, wer dieser Typ war. »Drehe dich verdammt noch mal um«, befahl ich, wobei ich nicht annahm, dass ich überhaupt so klingen konnte. Mir selbst war meine Stimme sogar einen Moment fremd. Allerdings veranlasste es dadurch die Person sich zugleich in meine Richtung zu wenden und das auf der Stelle. Das hätte ich nicht für möglich gehalten. Ich ging eher davon aus, dass dieser Mann vorher lieber verschwand. Überraschenderweise tat er es nicht. Noch nicht.

Sein Gesicht hielt er trotz dessen gesenkt, sodass ich es unter dem Hut nicht erkennen konnte. Das störte mich mehr, als gedacht. Immerhin war jeder Mensch neugierig. Man wollte sehen, wer einen rettete; wer allgemein einem gegenüberstand. Überhaupt kapierte ich das Ganze nicht. Wieso schaute er mich nicht an? Der schwarze Mantel, den er trug, wehte anbei im aufkeimenden Wind stärker, was ein eigenartiges Rascheln von sich gab. Sonst war die Umgebung eher ruhig und noch immer schien es, als wären kaum mehr Menschen unterwegs, weil das Wetter nicht nur mies war, sondern sie lieber in ihrer warmen bleibe saßen, oder auf Arbeit hockten.  

Nicht ein einziges Mal hob er das Kinn in die Höhe, um in seine Augen zu schauen. Ungeachtet dessen schien es weiterhin der Fall zu sein, als würde er daraus eine Heimlichkeit machen wollen. Da ich nun doch weiter auf ihn zutrat und etwas nach drüben ging, musste er sich gezwungenermaßen bewegen und dabei glaubte ich etwas gesehen zu haben, was mich verwirrt innehalten ließ. 

Erschrocken taumelte ich etwas zurück. Fast wäre ich sogar wieder auf der Straße gelandet. Das ist... Es sah aus, als ob... Nein. Ich war mir sicher. Wo bin ich denn bloß gelandet? In einem Film mit Sicherheit nicht. Trotz alledem wirkte es extrem surreal. Es war ein Schwert. Genau an seiner Hüfte. Definitiv. Und es sah aus, als käme er nicht gerade von einem Kostümball. Oben am Knauf entdeckte ich Verzierungen. Es glichen keltische Knoten oder so etwas in der Art. Die Parierstange war breit aber jedoch dünn. Dort prunkte irgendein eingraviertes Wappen, welches ich noch niemals zuvor sah. Die Klinge war versteckt, aber ich bekam trotzdem Angst. 

Zwar war dieses Ding wunderschön, doch was machte man mit so einem Ding mitten in der Stadt? Zugleich fühlte ich mich ins Mittelalter versetzt, obwohl mir bewusst war, dass er dieses Zeitalter niemals erlebte. Dafür war er zu jung. Aber warum trug er das etwas bei sich? Eine Waffe die eigentlich niemand mehr nutzte? Normalerweise durfte man doch gar nicht mit solch einem Schwert auf offener Straße herumlaufen. Dabei war ich mir sicher, dass es echt war. 

Er musste meinen Blick gespürt haben, denn auf Anhieb ließ er es unter seinem Mantelstoff verschwinden, was mich schon wieder leicht irritierte. Zumindest war es also schon mal keine Absicht gewesen, dass ich es sah. Meine Augen formten sich dennoch zu Schlitzen. Er stand starr vor mir und hoffte sicher, dass ich nun etwas sagte wie zum Beispiel Danke. Das konnte er aber vergessen. Ich wollte Antworten und musste wissen wer da in meinem Leben tauchte. »Wer bist du?«, war das einzige was mir deswegen einfiel und das war echt wichtig. Jeder hätte das wissen wollen. 

Black Shadow - Wer bin ich? PAUSIERT/WIRD BEARBEITET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt