Kapitel 10

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Damian

So schnell wie es ging trug ich Anna die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf. Zumindest so rasch, dass sie sich nicht all zu sehr wunderte, denn immerhin war sie öfter wieder aus ihrer Bewusstlosigkeit geglitten, doch nun vor ihrer Tür, entzog sie sich mir komplett. Die Zeit schien mir davonzulaufen. Schon der Weg nach oben wirkte unendlich lang, obwohl ich mich so sehr beeilte, wie ich konnte. Ich bewegte mich nicht mehr menschlich. Trotzdem kam es mir vor, als würden die Sekunden verpuffen, wie nichts. »Anna, komm schon. Mach die Augen auf!«, flehte ich, was gar nicht wirklich zu mir passte, doch auch das brachte mir reichlich wenig.

Der Schmerz hatte sie übermannt, wirkte sich auch nicht unbedingt positiv auf ihren Körper aus. Ich bemerkte zwar, dass sie mich aus weiter Ferne hörte, aber das war's auch schon. Anna driftete mir mehr und mehr ab. Ich hätte eher einschreiten müssen. Ich hätte gleich bei ihr sein sollen. Doch eigentlich war es mir nicht erlaubt. Zumindest wenn es nichts Lebensbedrohliches war. Nun musste ich feststellen, dass ich nicht nur falsch lag, sondern fast versagt hätte. Diese Kratzer der Klauen waren tödlich. Nicht nur für Menschen, sondern auch alle Wesen, die es sonst noch gab konnten daran zu Grunde gehen. Wir verkrafteten es zwar noch und konnten uns einigermaßen mit sehr viel Ruhe und Schlaf wieder erholen, aber ein Mensch... Nein. Der würde es nicht überleben und sie war einer. Noch. Wenn man es genau betrachtete kein richtiger, aber in diesem Moment schon irgendwie.

Zitternd drückte ich sie fester an mich. Ich wurde beauftragt ein Leben lang an ihrer Seite zu stehen. Als ihr persönlicher Schatten. Wir waren nichts anderes wie Wächter. Diese behüteten Wesen und Anna bedarf nicht nur den Schutz, dass ihr niemand ein Haar krümmte, sondern ich würde mich für sie opfern. Immer. Es war mein Auftrag mich um sie zu kümmern. Zumindest die Aufgaben zu erfüllen die mir aufgetragen wurden.

1. Beschütze sie mit deinem Leben. Über alles was es gibt. Opfere dich für sie. Egal was es kostet. 2. Ein Leben lang wirst du dies tun. Dein Leben ist nur dafür bestimmt; deine ganze Existenz. 3. Offenbare dich ihr erst, wenn es dir befohlen wird. 4. Wenn sie weiß wer du bist, wirst du all das tun, was sie von dir verlangt. 5. Halte jedes männliche Wesen von ihr fern. Sie darf so lange nicht berührt werden, bis es ihr erlaubt wird. 6. Sorge dafür, dass sie auf der sterblichen Welt nicht von irgendeinem Wesen entdeckt wird. 7. Niemand, wirklich niemand darf dort erfahren wer sie wirklich ist. Kein Mensch soll je eine Ahnung haben... Und so weiter.

Die Liste war lang. Mir wurde eine große Schriftrolle überreicht, die ich unterzeichnen musste. Bei Verstoß war es mein Tod. Doch ich hatte versagt. Obwohl sie nicht entdeckt wurde und ich die Männer tötete, war das mein Job. Es war nicht auszuschließen, aber eines hätte ich verhindern müssen: Mich ihr zu zeigen. Verdammt. Diese ganzen Regeln kotzten mich an. Aber sie hatten einen Grund. Vor siebenundzwanzig Jahren ließ ich mich dazu ausbilden. Aus einem einzigen Anlass und der war sie. Schon als Baby hatte ich ein Auge auf Anna. Immer im Hintergrund. Nie von ihrer Seite weichend. Nicht nur darauf bedacht, dass ihr körperlich keinen Schaden zugefügt wurde, sondern sich auch kein Mann ihr intim näherte. Das war schwerer als gedacht, aber bis heute hatte ich es geschafft.

Ich musste sie unversehrt wieder in unsere Welt zurückbringen, wenn sie dort in Sicherheit leben konnte, aber nicht einmal hier war sie es. Ständig kamen Werwölfe, Hexen, Vampire und andere Wesen um sie zu töten, um ihre Familie und sie zu vernichten. Einzig und allein meines Bruders Willen; weil er Angst hatte sie könnten zu stark werden. Er legte die Welt, in der Zeit wo unsere Eltern ihrem Tausendjährigen Schlaf begannen, in Schutt und Asche. Er war der Thronfolger und von Vater bestimmt sich um unser gesamtes Volk zu kümmern, solang wir auf die beiden verzichten mussten, und die Freundschaft weiter mit den anderen beiden Königreichen zu wahren. Jedoch zerstörte er alles. Es war möglicherweise der Hass gegen sich selbst. Immer schon war er einer, der mehr und mehr wollte. Er ertrug es noch nie, wenn auch ich mal von unseren Eltern bevorzugt wurde. Er wollte Macht. Mehr und mehr.

Black Shadow - Wer bin ich? PAUSIERT/WIRD BEARBEITET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt