Kapitel 14

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Damian

Mit schweren Schritten eilte ich die Stufen nach unten, als wäre der Teufel hinter mir her. Mein Kieferknochen knackte hörbar. Ich war drauf und dran umzukehren, aber das ging nicht. Anna ging es schlecht. Selbstverständlich war mir das nicht egal. In ihrer Situation hätte sich jeder wie sie verhalten. Ungeachtet dessen war sie stärker, als sie dachte. Es war erst der Anfang. Es würde der Tag kommen an dem sie viel mehr einstecken musste. Nur in diesem Moment musste sie sich irgendwie zusammenreißen. Ich wusste genau wo sie sich befand. Wie schon des Öfteren weinte sie sich die Augen aus und lehnte dabei an ihrer Wohnungstür.

Auch als ich unten vor dem großen Wohnblock ankam, konnte ich sie immer noch klar und deutlich hören. In dieser Gegend interessierte sich jeder bloß für sich. Anna war eine der vielen Frauen, die hier allein lebten. Man kannte seinen Nachbarn nicht. Das Viertel war extrem riesig, sodass man sich in einem Hauseingang die Namen nicht merken konnte. Es waren zu viele auf einer Etage. Mein Blick fiel noch einmal nach oben. Ihr Schluchzen ging mir bis ins Mark. Ein normaler Mensch hätte sie nicht gehört. Ich konnte es. Nicht nur sie. Wenn ich mich darauf konzentrierte war es für mich eine Leichtigkeit jedes Gespräch hinter den Wänden mitzubekommen.

Ich zog meinen Mantel weiter nach oben, als ich kurz in den schwarzen Himmel starrte, denn es war wirklich frisch geworden. Mein warmer Atem wirbelte sichtbar um meinen Kopf herum und augenblicklich ließ ich die Hände in meine Taschen gleiten. Am liebsten wäre ich bei Anna geblieben. Ich war sogar kurz davor ihr Angebot anzunehmen. Nicht bloß wegen ihr, sondern auch meinetwegen. Ich wusste wie sie sich fühlte: Verlassen. Das war nichts Neues für mich. Ich kannte das selbst. Seit Jahren versuchte ich selbst mit der Einsamkeit klar zu kommen. Das war nicht immer so leicht. Auch ich hatte damit zu kämpfen und musste mich oft genug aus meinem eigenen schwarzen Loch ziehen.

Außerdem war ich mir bewusst: Ich habe mich bewusst dafür entschieden so zu leben. An ihrer Seite. Um auf sie aufzupassen. Ich war dafür da, alles und jeden von ihr fernzuhalten, sie mit meinem Leben zu beschützen. Anna hingegen besaß keinerlei Wahl. Sie wurde zu diesem Leben gezwungen und hatte überhaupt nicht die Möglichkeit es jemals zu ändern, weil ich es verhinderte. Ihre Mutter wollte es so und da diese Königin eines der drei Reiche war, musste ich ihr als Wächter gehorchen, um genau das zu machen, was sie wollte. Und das war nun einmal außerdem Abstand zu Anna halten, aber ihr so nahe zu kommen, wie es nötig war.

Jedoch gab es dabei ein kleines Problem. Ich hatte keine Ahnung, ob es an mir lag, an Anna oder gar an etwas anderes. Denn wenn ich sie berührte irritierte mich das. Dabei schweiften meine Gedanken ab und ich wollte nichts anderes mehr, als sie zu berühren. Das erste Mal spürte ich ihre Haut, als ich ihr vor einigen Jahren half, sich nicht selbst umzubringen. Des Öfteren musste ich damit rechnen. Mit siebzehn Jahren tat sie es das erste Mal. Es war eher unbewusst, in einem Chaos, als sie wusste, dass sie bald ganz allein sein würde, ohne die Kinder aus dem Heim. Ab diesem Zeitpunkt musste ich auf der Hut sein, weil es nicht das letzte Mal gewesen war. Doch auch schon damals fiel es mir schwer stark zu bleiben, ihr nicht einfach alles zu erzählen und für sie da zu sein.

Ich schlussfolgerte es daraus, dass ich selbst einsam war. Anna war wunderschön. Ein hübsches Mädchen, was zu einer perfekten Frau wurde. Da mir selbst jemand an meiner Seite fehlte war es noch schwieriger, mich nicht erkennen zu geben. Jedoch änderten sich diese Empfindungen gegenüber den Jahren nicht. Ungeachtet dessen schien es nun noch schlimmer zu sein, seitdem sie in Erfahrung brachte, dass es mich gab. Leider leistete ich einen Eid: Dem Volke dieser Königin. Und das beinhaltete nun einmal, dass ich die Finger von Anna lassen musste. Ich stand unter dem Befehl ihrer Mutter, was mir durch meine eigene Herkunft vielleicht nicht allzu schwer fiel, aber da meine Freiheiten ziemlich begrenzt waren, ging mir nicht alles am Arsch vorbei.

Black Shadow - Wer bin ich? PAUSIERT/WIRD BEARBEITET)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt