6* The Warmth of Wings

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Über Kansas schwebten weiße Wolken. Von diesen aus fielen zarte Schneeflocken auf die Erde und benetzten den Boden mit einer kräftigen Schicht Schnee. Ein Schneesturm hatte vor zwei Tagen getobt, doch nun beruhigte sich die Lage wieder. Zum Pech der Winchester Brüder hatte der Sturm sie hart getroffen und durch ein zufälliges Unglück die Heizung im Bunker lahm gelegt. Eben seit zwei Tagen gingen die beiden nur mehr mit einer kuschligen Schicht Decken um ihre Körper geschlungen im Bunker von einem Ort zum anderen. Da ihr Zuhause unter dem Boden war, fiel die Temperatur noch rascher und drastischer als in normalen Häusern.

Ab und zu schneite Cas bei ihnen vorbei und brachte immer wieder ein Stück Wärme in den Bunker, denn Engel froren nicht, im Gegenteil: Ihre Gnade sorgte dafür, dass sie im Inneren wie eine Flamme glühen und in einem hellblauen Ton lodern. Ein Engel war dazu in der Lage selbst zu regulieren, wie viel er von dieser Hitze in sich an die Umgebung abgeben wollte. So konnten sie wenn sie zum Beispiel in einer Schlacht waren, ihre Flamme sammeln und gezielt auf Feinde richten, damit diese bei lebendigem Leibe verbrannten und zu Asche zerfielen.

So konnte Cas immer wieder kleine Schübe an Wärme an die Brüder, die wie seine Familie waren, abgeben. Vor allem Dean gab er viel von sich und das nicht nur, weil dieser erst vor kurzem eine schwere Erkältung erlitten hatte. Es war fast jedes Mal gleich: Cas schaute vorbei und traf zuerst auf Sam, der halb erfroren beim Tisch saß und las. Zuerst berührte Cas ihn, schenkte ihm Wärme und machte sich dann auf den Weg Dean zu suchen. Dieser war entweder in der Küche und trank ein Bier, in seinem Zimmer und schlief oder er begutachtete die Waffen.

Dean war immer noch kühler als Sam, was Cas immer wieder Sorgen machte. Doch nie hatte er den Mut den Jäger darauf anzusprechen, sondern schwieg und spendete ihm alles an Wärme, die der grünäugige Mann vertrug. Dann verabschiedete er sich entweder wieder oder er blieb noch ein paar Stunden. Dasselbe wiederholte er täglich ein paar Mal und jedes Mal schien Dean mehr Wärme von Cas abzuverlangen.

Eines Abends entschied sich Cas erneut zu seiner Familie zu gehen und erschien in der Bibliothek, darauf vorbereitet Sam vorzufinden, jedoch dieses Mal war nicht nur Sam da, auch Dean saß bei ihm und starrte angestrengt auf den Bildschirm des Laptops seines Bruders. Ohne ein Wort zu sagen ging er zu Sam und übertrug eine geschwächte Form seiner Hitze. Dieser bedankte sich mit einem herzerwärmenden Lächeln und vertiefte sich wieder in sein Buch. Als er bei Dean ankam, war dieser so kalt wie noch nie und diesmal sprach er den Jäger darauf an.

„Dean", meinte er bedenklich, „Deine Temperatur wird immer kälter. Jedes Mal wenn ich auftauche bist du noch kühler als das letzte Mal." „Ich ertrag es nicht. Tagelang herum zu sitzen und nichts tun", murmelte er und rieb seine Hände aneinander. Cas legte vorsichtig seine Hand auf Deans Schulter. Dean konnte deutlich spüren, wie ihm von innen heraus wärmer wurde. „Leute, ich geh schlafen", warf Sam ohne Vorwarnung in den Raum und verließ diesen auch schon in der nächsten Minute.

Mitten in der Übertragung brach der Engel ab. Dean war nicht mehr kalt, aber warm war ihm nun auch nicht. Wieso hatte Cas aufgehört? „Ich habe mich darauf konzentriert, was mit meiner Wärme passiert. Deine Seele beansprucht mehr als sie sollte", erklärte der blauäugige Engel mit nachdenklicher Stimme, „Wir sollten eine andere Methode suchen."

Cas hatte sogleich eine Idee, doch diese umzusetzen bereitete ihm Sorgen. Dennoch beschloss er seinen Einfall durchzusetzen. „Dean, trink das", sagte er, zog aus einer der zahlreichen Taschen des Trenchcoats ein kleines Fläschchen mit einer hellblau leuchtenden, zähen Flüssigkeit und übergab diese dem Jäger. „Cas, was ist das?", fragte dieser irritiert. „Vertrau mir", antwortete dieser simpel.

Etwas misstrauisch schraubte er die Kappe der Flasche ab und begutachtete den Inhalt. „Dann mal runter damit", flüsterte der ältere Winchester Bruder und kippte sich die geschmacksneutrale Flüssigkeit in den Mund. Er schluckte schwer. Nun stand der Jäger von seinem Stuhl auf: „Ich hatte schon schlim-" Plötzlich wurde Dean von Schwindel ergriffen, weshalb er sich am Tisch abstützte. „Cas...", kam leise aus seinem Mund, bevor er umkippte.

Ein paar Minuten später öffneten sich Deans Augen wieder und das erste was er sah, war Cas der sich besorgt über ihn beugte. „Cas, was zum Teufel war da drinnen?", stöhnte Dean und fasste sich an den Kopf, der leicht brummte. „Ein seltenes Elixier, welches ich selbst hergestellt habe. Es bewirkt, dass wenn man es trinkt, die Flügel des Engels sehen kann, der einen Teil seiner Gnade dafür verwendet hat", erklärte der Engel dem Jäger. „Aber ich sehe deine Flügel nicht."

„Das liegt daran, dass ich es noch nicht zulasse. Ich muss dir nicht nur einen Teil meiner Gnade zur Verfügung stellen, sondern dir auch immer wieder die Erlaubnis dazu geben, wann du sie sehen kannst."

„Wozu ist das gut?", fragte Dean.

„Mit meinen Flügel bin ich im Stande die meiste Wärme abzugeben, aber derjenige, der meine Hitze empfangen soll, muss in der Lage sein meine Flügel zu sehen. Du fragst dich jetzt sicher warum, doch das kann -oder besser gesagt- darf ich dir jetzt nicht sagen."

Bevor Dean etwas erwidern konnte, breiteten sich hinter Castiel große Flügel aus. Dean stand auf und blickte sich um- Castiels Flügel nahmen den ganzen Raum ein. Geschickt überwanden sie jedes Hindernis, das sich im Raum befand. Der tiefschwarze Ton, der leicht dunkelbläulich schimmerte, überwältigte den Jäger vollkommen. „Das sind also deine... wow. Sie sind wirklich wunderschön."

Cas wackelte mit den untersten Federn vor Freude, was Dean zum Grinsen brachte. „Wie ein Vogel", lachte Dean leise und näherte sich dem rechten Flügel, „Darf ich?" Castiel nickte zustimmend und gestattete Dean sein größtes Eigentum anzufassen. Vorsichtig berührte Dean eine der größten Federn. Langsam bewegte er seine Finger über diese. Mit seiner anderen Hand strich er währenddessen durch die Kleineren. „Das ist unfassbar und weicher als jede Feder, die ich bis jetzt gefühlt habe", staunte Dean und ließ von dem Federkleid des Engels ab.

„Dean."

Aufmerksam richtete der Jäger seinen Blick auf den Engel. „Du musst näher zu mir kommen, damit ich dich mit meinen Flügel einhüllen kann." Dean machte einige Schritte zu dem Engel, doch das reichte ihm nicht. Mit seinen stärksten Federn an der Flügelspitze bohrte er im Rücken des Jägers, welcher sofort noch einige Schritte zu Cas machte. Castiel wusste wie sehr harte Federn schmerzen konnten.

Nun stand Dean nur noch einige Zentimeter vor dem etwas kleineren Engel. Sofort umschlang Cas mit seinen Flügeln Dean. „Danke Cas. Für alles", lächelte dieser warm und fuhr mit seinen Fingerspitzen durch die flauschigen Federn.

Irgendwann wurde aber auch Dean müde und gähnte. Cas umfasste ihn noch enger und hob ihn mit seinen prächtigen Flügeln vom Boden auf. Dean erhob gegen nichts was Castiel tat Einwand, sondern entspannte seinen Kopf und war kurz davor in den Flügeln des Engels einzuschlafen. Um es ihm leichter zu machen, setzte sich Cas auf den Boden und legte Dean ebenfalls hin, nur dass unter Dean seine Flügel lagen und sein Kopf nicht nur auf seinen Federn lag, sondern auch auf seinen Beinen. „Gute Nacht, Dean. Ein Engel wacht über dich", wisperte Cas und sah den Jäger dabei zu, wie dieser ins Land der Träume abdriftete, „Und er wacht nicht nur über dich, sondern er liebt dich auch." Die restliche Nacht saß Cas bei Dean und wachte über ihn, während er ruhig und in Frieden schlief.

Destiel 4 life (One Shots)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt