17* War of Halo

321 24 0
                                    

Castiel konnte es sich nicht erklären. In der Nacht, wenn die Atmosphäre auf Erden mit düsterer und bedrohlicher Stimmung getränkt war, schien die Welt am friedlichsten. So wohl Menschen als auch Tiere waren in diesem Moment in ihren Träumen vereint. Sie waren wie viele winzige Teile eines Puzzles die nur zu dieser einen Zeit harmonierten und perfekt zusammenpassten. Eines dieser kleinen Puzzleteile war Dean Winchester. Dean war mit Abstand das Lebewesen, das er am liebsten beim Schlafen beobachtete und studierte. Seitdem Cas Deans Seele aus der ewigen Verdammnis gezogen hatte, fühlte er anders gegenüber Menschen, aber auch seine Brüder und Schwestern wurden nun für ihn in einem anderen Licht dargestellt. Deans Vorstellungen und sein eiserner Wille übermannten den Engel des Öfteren, wodurch ihn der Jäger oftmals von seinen Ansichten überzeugen konnte. Doch es gab auch Zeiten, da war Castiels sturer Kopf stärker.

Nachdenklich wandte Castiel seinen Blick von dem schlafenden Mann ab und scannte seine Umgebung. In diesem Moment befand er sich in Bobbys Haus, genauer genommen in dessen Arbeitszimmer. Wieso Dean alleine und als einziger auf einem alten Sofa schlief, wusste sich der Engel nicht zu erklären. Auf Bobbys Schreibtisch lagen unzählige Bücher offen herum, alle behandelten das Thema Engel oder Erzengel. Dean und Sam machten gerade eine harte Zeit durch, weil Sam von Lucifer in die Enge gezwungen wurde, dasselbe machte Castiels ältester Bruder Michael mit Dean. Vorsichtig strich Cas mit zwei seiner Finger über eine Seite, die sich in einem alten Buch mit weinrotem Umschlag befand. Langsam erleuchtete er seine Finger, wodurch er die Zeilen die einst niedergeschrieben wurden, lesen konnte. Es waren hastig zu Papier gebrachte Sätze über Lucifer, wie er die Welt eines Tages in Flammen aufgehen lassen würde. Der Autor dieses Werkes hatte wohl wenig Ahnung von solchen Sachen, dachte Castiel und das blasse hellbläuliche Licht, welches er noch vor wenigen Sekunden durch seine Kräfte mit Energie zum Leuchten gebracht hatte, erlischt. Nun wanderten seine Augen zurück auf Dean. Manchmal bewunderte er den Jäger, manchmal enttäuschte Dean ihn maßlos. Was soll man dazu sagen außer: Menschen.

Verlegen von seinen eigenen Gedanken blickte Castiel mit einem Lächeln auf den Lippen zu Boden. Auf leisen Sohlen versuchte Castiel einige Schritte zu wagen, doch jedes Mal wenn er auch nur seinen Fuß absetzte, knarrte der mittlerweile etwas ältere Holzboden unter ihm und verriet ihn somit an Dean. Dieser schreckte auf, nicht darauf bedacht, dass es Castiel sein konnte, und zuckte seine Waffe, die neben ihm lag. „Stehen bleiben", flüsterte er und stand auf. Erst als Castiel mit den Fingern schnipste und somit das Licht anging, sicherte der Jäger seine Waffe und legte sie zurück auf ihren Platz. Erleichtert seufzte Dean und schloss seine Augen, weil das grelle Licht der Lampe ihn blendete. „Cas, was willst du hier mitten in der Nacht? Du weißt, dass ich meinen Schlaf brauche", versuchte Dean Cas zu verscheuchen, damit er weiterschlafen konnte. „Entschuldige Dean." Verschmitzt grinste Cas auf Deans Füße. Ihm fiel auf, dass er ihn noch nie barfuß gesehen hatte. Bis jetzt. „Was willst du, Cas?", stöhnte Dean genervt und setzte sich auf die gepolsterte Bank, welche vor ein paar Sekunden noch sein Bett war. Als der Engel aufsah, Dean in seine Augen blickte und keine Antwort gab, atmete der Jäger schwer aus, da er wusste, was Cas hier tat. „Ich habe dir schon mindestens hundert Mal gesagt, dass es unheimlich ist, wenn du mich im Schlaf beobachtest", versuchte Dean seinem Freund klar zu machen. Heute nickte Castiel nicht nur verständlich, stattdessen konterte er. „Ich kann nicht anders. Es fasziniert mich. Du faszinierst mich."

Einen Moment ratterte es im Kopf des Jägers bis er schließlich realisiert hat, was Castiel damit meinte. „Schön. Wie auch immer. Ich werde jetzt keinen Schlaf mehr finden können, also... hast du Lust irgendwo was trinken zu gehen?" Ein schwaches Lächeln schoss dem Engel auf die Lippen, doch verließ diese so schnell wie es gekommen war. „Ich habe eine bessere Idee", meinte Cas aufgeregt und packte Dean an der Schulter und noch bevor dieser sich wehren konnte, zappte der Engel die beiden davon.

Als Dean sich umsah, war er auf einem weitflächigen Hügel, der mit bis zu den Knie reichenden Gräser übersäht war, über dem Mann bloß die Millionen Sterne und der eine Mond. Es herrschte Stille, kein einziges Licht verschmutzte die magische Atmosphäre des Sternenhimmels. Dean fror. „Warum hast du mich hierhergebracht, Cas?", fragte Dean verwundert und sah seinem wolkenförmigen Atem zu, wie er aufstieg, während er dabei seine Hände aneinander rieb. „Es war vor circa dreitausend Jahren. Meine Brüder und Schwestern führten Krieg, da sich eine Meinungsverschiedenheit im Himmel gebildet hatte. Sie töteten sich im Namen ihres Glaubens gegenseitig. Wir sind Soldaten und geschaffen um zu Kämpfen. Gott war bereits verschwunden und auch ich habe ein Lager gewählt. Wir stehen hier jetzt friedlich nebeneinander, doch vor 3000 Jahre habe auch ich ohne Schuld einen meiner Brüder erstochen. Überall um mich hat der Boden gebrannt, das Blut meiner Familie wurde damals ohne richtigen Grund vergossen. Auch ich, Dean, auch ich trage heute die Verantwortung dafür, was wir damals uns, dem Himmel und der Erde angetan haben. Ich sehe heute noch das vernichtende Licht aus den Augen meiner Schwestern, meiner Brüder...", erzählte Castiel dem Jäger die Geschichte über einen vor langer Zeit ausgetragenen Krieg zwischen den Engeln. Langes Schweigen herrschte. Entschlossen hob Dean seinen Blick und wand sich dem Engel zu.

„Warum erzählst du mir das, Cas?"

„Nachdem mehr als genug Engel gefallen waren und der Boden der Erde mit genug Blut getränkt wurde, erkannten wir erst, was wir getan haben. Wir begruben den Streit und taten so, als wäre nie etwas vorgefallen, aber die Schreie unserer Familie, die wir eiskalt erstochen haben, erklingen auch heute noch."

„Cas?" Der Engel löste seinen starren Blick, der in den Himmel gerichtet war und fixierte nun mit seinen bläulich schimmernden Augen den Jäger. „Ich habe durch diese vergangene Geschichte nützliches Wissen gesammelt. Was du daraus lernen kannst oder was du darin siehst, bleibt dir überlassen", flüsterte Cas und lenkte seinen Blick ab. Dean nickte nach kurzem Überlegen und lächelte. „Danke."

„Wofür?", fragte Cas verwundert. „Dafür, dass du mich hierhergebracht hast. Dieser Ort und deine Geschichte erinnern mich daran, wofür ich kämpfe. Für meine Familie", erklärte Dean dem Engel im Trenchcoat. „Danke."

„Wofür?", wiederholte diesmal Dean die Frage des Engels. „Dafür, dass du mir zugehört hast." Dean grinste und legte einen Arm um Castiel. „Was tut man nicht alles für seine Familie, nicht wahr?" Etwas verwirrt legte Cas seinen Kopf schief, worauf er dann jedoch nickte. Beide wandten ihre Blicke von dem jeweils anderen ab und zusammen beobachteten sie noch weiterhin einige Stunden die hellleuchtenden Punkte am Himmel.


Destiel 4 life (One Shots)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt