Kapitel 15 - Zwischen Popcorn und Kuschelsocken

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Es war Freitagabend. Ich sass auf dem Sofa und schnitzte an einem meiner Oboenmundstücke herum. Vito sass in der anderen Ecke des Sofas und schaute mir dabei zu. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen und lächelte leicht.

„Sieht nach einer richtigen Wissenschaft aus", stellte er irgendwann grinsend fest. „Und ich drehe schon fast durch, wenn ich neue Saiten auf meine Gitarre aufziehen muss."

Ich hob kurz den Kopf und sah ihn lächelnd an. „Man lernt es mit der Zeit, aber eine Wissenschaft ist es schon", erklärte ich ihm und schabte mit dem Messer wieder etwas Holz vom Mundstück ab. Danach stellte ich das Röhrchen ins Wasser. Vito deutete darauf. „Und das tönt jetzt?"

Ich nickte. „Das hoffe ich doch." Ich nahm es aus dem Gläschen und blies hinein. Es tönte. Vito lachte auf. „Was ist das denn?! Hört sich an wie eine sterbende Ente."

Ich sah ihn beleidigt an. „Ich kann Alle meine Entchen darauf spielen. Wenn du das mit deinem Plektrum geschafft hast, reden wir nochmals miteinander."

Er grinste und rutschte etwas näher zu mir. „Darf ich das auch mal versuchen?", meinte er dann und zeigte auf mein Mundstück. Ich sah ihn belustigt an. „Bist du sicher?"

Er nickte.

„Okay, warte eine Sekunde", meinte ich und kramte in meiner Tasche nach meinem Rohretui. Ich schaute mir die Rohre kurz an und nahm dann zwei raus und stellte sie ins Wasser. Vito sah mich verwirrt an.

„Aus dem hier", ich hielt das Mundstück hoch, das ich gerade gemacht hatte, „wirst du keinen Ton rausbringen, glaub mir."

Er grinste. „Wollen wir wetten?"

Ich zuckte grinsend mit den Schultern. „Wenn du willst."

Vito rieb sich die Hände. „Also, wenn ich gewinne, musst du eines meiner Konzerte besuchen und zwar richtig."

Ich grinste. „Wenn ich gewinne, gilt für dich genau das gleiche. Es gibt das grosse Winterkonzert, ich erwarte dich dort."

Er nickte und wir schlugen ein, danach reichte ich ihm mein Mundstück mit der Warnung, er solle vorsichtig sein, die seien schweineteuer. Er holte Luft und mit grösster Achtsamkeit nahm er das Rohr zwischen die Lippen. Er brachte nicht einmal einen krächzenden Laut heraus. Ich jubelte triumphierend. Vito verzog das Gesicht und versuchte es erneut. Sein Kopf wurde hochrot, seine Backen bliesen sich auf, aber einen Ton brachte er noch immer keinen heraus. Enttäuscht liess er das Mundstück sinken. Ich nahm es ihm ab und reichte ihm ein anderes, welches schon ein wenig in die Jahre gekommen war.

„Versuch das", sagte ich und er nahm es entgegen. Dabei berührten sich unsere Hände und mir wurde warm. Schnell drehte ich den Kopf ab, schaute ihn aber wieder an, als er Luft holte. Wieder schaffte er es nicht, einen Ton zu produzieren. Ich lächelte und legte meine Finger auf das Mundstück. „Etwas gerader halten und die Lippen mehr zusammenkneifen. So", erklärte ich und machte es ihm vor. Er nickte und versuchte es nochmals. Seine Augen leuchteten auf, als er dem Röhrchen einen quiekenden Ton entlockte. Danach lachte er. „Das kitzelt ja."

Ich lächelte. „Das ist die Vibration."

Amüsiert drückte er noch ein paar weitere Töne hervor. Es hörte sich grässlich an. „Und wie spielt man jetzt auf dem Ding Alle meine Entchen?", wollte er begeistert wissen. Ich nahm mir mein neues Mundstück. „Du machst alles mit den Lippen", erklärte ich und zeigte es ihm. Er versuchte es, scheiterte aber auf voller Länge. Ich lachte und nahm ihm das Mundstück aus der Hand. Danach baute ich meine Oboe zusammen und reichte ihm das Instrument.

Bis zum letzten AkkordWo Geschichten leben. Entdecke jetzt