Wenn man etwas weniger schönes erlebt oder mit anschauen muss, dann wünscht man sich doch meist, dass es nicht noch einmal passiert. Man hofft, dass es eine einmalige Sache war, dass alles, was man fühlt und mitmacht, nicht noch einmal durchmacht.
Man hofft, dass es bloß ein schlechter Traum war, der nicht noch einmal wiederkommt. Manchmal passiert das aber nicht, manchmal ist es doch die bittere Realität, dass es noch einmal passiert, selbst wenn es dich nicht direkt betrifft, sondern jemand anderen.
Über die Wochen hatte ich häufiger das „Vergnügen" bei einigen Panikattacken von Vincent dabei zu sein. Oft war es nur die Atemlosigkeit, manchmal hat es ihn richtig durchgeschüttelt. Er war übel am Zittern und einmal hat er auch etwas gekrampft. Ansonsten war es meist der gleiche Ablauf. Ich saß zu Hause und bekam einen Anruf von ihm, dass er Angst hätte, eine Attacke würde jeden Moment losgehen. Ich macht mich entweder auf den Weg zu ihm und beruhigte ihn, lenkte ihn ab oder bewegte ihn zu anderen Aktivitäten oder aber ich versuchte ihn am Telefon zu beruhigen. Das hatte die ersten paar Male allerdings weniger gut geklappt.
Meist war es spät abends, manchmal war es aber auch nachmittags. In der Schule war wohl nichts. Dort gingen wir uns auch meist aus dem Weg, aber er schrieb auch nichts oder rief an, woraus ich schloss, dass es ihm noch gut ginge.
Ich hoffte es zumindest.
„Ich glaube, wir sollten nochmal zusammen feiern gehen", sagte Kat. Wir saßen wieder in diesem Oberstufenraum auf dem Sofa. Ich nickte zustimmend. Das war definitiv eine gute Idee. Es hatte unglaublich Spaß gemacht mit den anderen zu tanzen und mich gehen zu lassen. Ich konnte eine Menge neuer Leute kennenlernen, was definitiv auch ein großes Plus war. Einer Szene oder einer Gruppierung anzugehören war dann doch wesentlich schöner, wenn man auch Leute in eben dieser Szene kannte. Vorher hätte ich mich nie getraut, aber jetzt konnte ich es kaum abwarten mich wieder in einen schwitzenden Haufen aus Körpern zu schmeißen und zu tanzen.
„Auf jeden Fall!", gab ich zurück und grinste breit.
Allerdings machte sich in meinem Kopf die Sorge breit. Wenn ich feiern war und mein Handy nicht hörte, was war dann mit Vincent? Okay, es war offiziell. Die Sorge um Vincent nahm definitiv Oberhand und beeinflussten mich stark. Aber ganz im ernst? Wer sollte ihm denn sonst helfen, wenn nicht ich? Niemand sonst wollte sich mit ihm beschäftigen und niemand sonst wusste, dass es mit Vince so schlimm war.
„Theo? Wo in deinen Gedanken bist du grade?", fragte Felicia, die mich dabei in die Seite piekte. Ich zuckte mit den Schultern.
„Ich habe grade an einen Freund gedacht. Ihm geht's nicht so gut und ich mache mir ein wenig Sorgen", gab ich zu. Ich musste ja nicht unbedingt sagen, dass es Vincent war.
„Oh nein, jemand auch deinem alten Ort?", fragte sie, woraufhin ich nickte. „Was hat er denn?"
Wieder zuckte ich mit den Schultern. Eine ganze Krankheit auf den Tisch legen, die eines anderen? Eigentlich wollte ich das nicht tun, aber ich wusste selbst nicht ganz Rat. Felicia schaute mich besorgt an. Vielleicht wusste sie ja, was ich tun sollte.
„Er hat ziemlich viele Panikattacken seit einiger Zeit und ihm geht es generell nicht so gut, weil er ziemlich alleine damit ist. Ich bin so ziemlich der einzige, der davon weiß und ... ich mache mir Sorgen." Ich seufzte und legte den Kopf auf die Lehne des Sofas.
Felicia hatte die Stirn in Falten gelegt, ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. „Er muss sich Hilfe holen, bevor es noch schlimmer wird."
Ich schüttelte den Kopf. „Er ist in dem Punkt vollkommen beratungsresistent und meint, er müsse damit leben."
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Schuld
Teen FictionTheo Theodor musste die Schule wechseln. Auf seiner alten Schule hatte er es gelinde gesagt nicht einfach. Nun hofft er, dass auf seiner neuen Schule alles besser wird. Doch die dunkle und niederschlagende Atmosphäre macht ihn stutzig. Genauso stutz...