Schuld - Kapitel 6

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„Da hinten sind Steves Eltern.“, sagte Tom, als wir auf dem Weg vom Café zu mir durch den Park liefen. Die beiden waren in Businesskleidung gekleidet und wirkten ziemlich gehetzt. Er schaute ihnen nach und sah fast dazu geneigt aus zu ihnen zu gehen und mit ihnen zu sprechen. Aber etwas schien ihn noch aufzuhalten.

„Willst du mit ihnen sprechen?“, fragte ich und schaute ihn an. Nach einigen langen Sekunden, in denen er eher hin- und hergerissen aussah, schaute er mich an und schüttelte den Kopf.

„Besser nicht. Sie wissen ja nichtmal, wer ich bin.“, sagte er ein wenig traurig und senkte den Kopf. Nach einem kurzen Seufzer schaute er wieder auf und ging weiter den Weg entlang. Ich schaute ihm zunächst nach, ehe ich auch loslief und versuchte ihn aufzuholen.

Darauf bedacht nicht weiter auf das Thema einzugehen, sprach ich ihn auf dem Weg auf Domi an, mit dem er ja eigentlich noch reden wollte, dass er doch mit nach Rom fahren würde. Zumindest hoffte ich, dass Tom das getan hatte. Er verdiente eine Auszeit und sich wegen so etwas schlecht zu fühlen, war einfach nicht richtig.

„Ich war gestern da, ja.“, sagte er eintönig und lief vor mir durch den schmalen Pfad, der in meine Straße führte.

„Und?“, fragte ich neugierig und musste tatsächlich auf eine Antwort von ihm warten, bis wir vor meiner Haustür standen und ich aufschloss. Und was bekam ich da? Ein Schulterzucken! Mehr nicht. Gott, dieser Junge war manchmal echt frustrierend. Ich konnte kein bisschen in ihn hineinsehen, wenn er sich so verschloss. Aber gut, ließ ich ihn eben dabei in Ruhe. Ich wollte mich auch nicht aufdrängen und lieber warten, bis er von selbst mit mir sprach. Das machte man unter Freunden doch so, oder?

Bevor wir reingingen, hielt ich Tom am Arm fest und schaute ihn etwas nervös an.

„Bitte lauf nicht gleich schreiend davon, wenn du meine Mutter kennenlernst, okay?“, bettelte ich mit einem gequälten Gesicht. Wirklich, ich hoffte einfach nur, dass Ma sich benahm und nicht komplett ausrastete. Sie hatte meine Freunde noch nicht kennengelernt, schlichtweg, weil ich einfach Angst hatte, sie würde sie direkt verschrecken.

„Was kann schon so schlimm sein?“, fragte er mit einem Lächeln und schob mich ins Haus. Wir zogen unsere Schuhe aus und folgten der lauten Musik aus der Küche. Dort tänzelte Ma an der Theke herum. Es sah so aus, als würde sie mal wieder etwas backen. Ich hoffte bloß, dass es Muffins mit Früchten waren.

Aus den Augenwinkeln schien sie gesehen zu haben, dass ich reinkam, sodass sie mit der Fernbedienung die Musik von der Stereoanlage leiser stellte und sich weiter mit dem Kuchenteig in ihrer Schüssel beschäftigte, ohne hochzuschauen.

„Hallo, mein Schatz. Rate mal, was ich grade mache!“, sagte sie und schaute endlich hoch. Das Grinsen, was sie auf ihrem Gesicht hatte, fiel, als sie Tom entdeckte. Sie quietschte, hielt sich die Hände vor den Mund und schaute uns abwechselnd mit großen Augen an.

„Ma, das ist Tom. Hab ja schon vom ihm erzählt. Tom, das ist meine Mutter. Beachte sie gar nicht in ihrem Wahnsinn.“, sagte ich mit einer wegbewegenden Handbewegung. Tom kicherte und ging auf meine Mutter zu, um ihr die Hand zu reichen. Sie schaute ihn voller Ehrfurcht an, quietschte dann nochmal und grinste ihn dann breit an. Als nächstes drückte sie ihn ganz fest an sich und seufzte melodramatisch.

„Du glaubst gar nicht, wie froh ich bin, dass Theo endlich richtige Freunde hat.“, sagte sie und ließ ihn los. „Du darfst mich ruhig duzen und wenn du irgendwas brauchst, sag Bescheid.“

Tom wusste gar nicht, was er sagen sollte. Er stand einfach nur wie angewurzelt da und schaute mich mit offenem Mund an. Mit einer halbherzigen Entschuldigung, zog ich Tom von ihr weg und rauf auf mein Zimmer. Er setzte sich und starrte mich an.

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