Kapitel 26 "Zeitsieg"

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Es war mein fünfter Tag hier und ich war mir bei der Zahl schon nicht mehr sicher. Dwight hatte nach dem Gespräch mit mir, kein weiteres Mal Kontakt zugelassen. Er hatte mir Essen und Trinken gebracht, aber ansonsten bekam ich ihn nicht zu Gesicht. Der einzige Vorteil, den es mit sich brachte, hier zu sein, war, dass ich keine Angst haben musste. Zumindest nicht vor den Spiegelwesen, denn hierher würden sie niemals kommen.

Es sei denn, sie wurden tatsächlich stark genug, um auch aus unreinen Reflektionen zu kommen. Der Moment, in dem Fenster zur Gefahr wurden, wäre in diesem Haus auch unser Ende. Wobei meine Überlebenschance sogar noch höher war als Dwights, schließlich kam in diesen Raum hier nichts rein, dass nicht nach mir suchte. Falls sie ihn allerdings töten würde, war es auch nur eine Frage der Zeit, bis ich verdurstet war.

Das waren meine Gedanken, als ich aufwachte und mich in der Dunkelheit wiederfand. Die Furcht, die ich vor dem Tod gehabt hatte, schrumpfte allmählich. Es wäre mit Sicherheit nicht das schlechteste Ende für mich, einfach das Zeitliche zu segnen. Ich hatte mich an die Stille gewöhnt, die hier herrschte. Nicht mal das Haus machte Geräusche, kein Knarren, kein Ächzen, kein Nichts.

Aber ich hatte immer noch die Hoffnung, dass ich lebend aus dieser Geschichte herauskommen konnte. Dafür brauchte ich allerdings einen Plan, der auch funktionierte. Ich hatte festgestellt, dass dieses Zimmer nicht von Anfang auf einen Gefangenen ausgelegt gewesen war. Theoretisch gab es einige Dinge, die ich mit viel Zeit und Geduld in eine Waffe umwandeln konnte, aber gegen eine Pistole kam ich eben nicht an.

Deshalb hatte ich mich auch früh darauf besonnen, dass der Stuhl vielleicht schon ausreichen könnte. Aber eben nur, wenn er nicht damit rechnete und dafür brauchte ich eine Vorgehensweise. Unwillkürlich fragte ich mich, was Juvia getan hätte. Wahrscheinlich hätte sie ihn mit dem Stuhl attackiert und einfach gehofft, dass es funktionieren würde. Pläne waren nicht sonderlich ihr Ding gewesen.

Ich starrte an die Decke und dachte an sie. Sie hätte nicht sterben dürfen. Falls ich das alles überleben würde, käme ich zu ihr zurück, um sie zu beerdigen. Das hatte sie verdient. Obwohl die Spiegelwesen uns ganz klar überlegen waren, zweifelte ich nicht daran, dass die Menschen diesen Krieg gewinnen würden. Das war unsere Welt und wir hatten schon viel Schlimmeres überlebt.

Die größten Krisen brachten die größten Helden hervor. Fast schon konnte ich Juvias Stimme hören: „Wenn du Träume hast, dann musst du sie auch einfangen." Und was sollte ich mit den Alpträumen machen? Erst jetzt fiel mir auf, dass es für schlechte Träume einen extra Namen gab, für die guten Allerdings nicht. Ich wollte mich nicht auf das Negative fixieren, aber in den letzten Tagen war es mir so leicht gefallen, ein Pessimist zu werden.

Selbst im Schlaf war alles dunkel und voller Schatten. Ich spürte die Traurigkeit, die sich in mir aufbaute, aber ich wusste nicht, was ich dagegen tun sollte. Hier unten gab es nichts, mit dem ich mich selbst bei Laune halten konnte. Inzwischen wusste ich nicht mal mehr, ob ich es gut oder schlecht fände, wenn jemand mit mir hier wäre. Natürlich wollte ich nicht, dass jemand mit mir hier eingesperrt wurde, aber auf der anderen Seite, wäre ich dann nicht mehr alleine.

Ich hatte keine besonders große Angst vor dem Tod, aktuell hatte er mehr etwas von einer Erlösung, aber ich fürchtete mich davor, verrückt zu werden. Das war fast noch schlimmer, als mich vor dem Ende zu ängstigen. Ich konnte gar nichts dagegen tun, aber ich wollte nicht den Verstand verlieren. Das war auch der Grund dafür, dass ich meine Schulter nicht heilen ließ und regelmäßig wieder versuchte, die Tür aufzubekommen.

Unter meinen Kleidern, die ich zu gerne wechseln würde, war sie längst grün und blau geworden. Trotzdem gab ich ihr nicht die Zeit, sich zu erholen. Der Schmerz war meine Versicherung dafür, dass ich noch in der Lage war, Dinge zu spüren. Mir war natürlich klar, dass es auch ohne ginge und man nicht innerhalb von fünf Tagen verrückt wurde, aber ich wusste ja nicht, wie lange ich noch bleiben musste.

Reflektionen (Ross Lynch/R5)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt