Nachdem wir auch die restlichen Spiegel in der Wohnung entsorgt hatten, versuchten wir mehr über die aktuelle Situation herauszufinden. Das Internet war noch immer weg. Es musste komplett zusammengebrochen sein.
Die meisten Fernsehsender zeigten nur Störbilder, aber auf einigen wenigen liefen Berichte. Offenbar hatte es überall auf der Welt zur gleichen Zeit eingesetzt. Spiegelbilder hatten Menschen angegriffen und ernsthaft verletzt. Es war die Rede von einigen tausend Toten. Mir kam die Zahl zu klein vor, um der Wahrheit zu entsprechen. Wacklige Handyaufnahmen sollten das Ausmaß der Zerstörung zeigen.
Offenbar konnte ungefähr jeder fünfte Mensch die Wesen sehen, die die Menschen angriffen. Noch vor wenigen Tagen war mir niemand über den Weg gelaufen, der sie sehen hatte können. Und jetzt sollten es gleich so viele sein? Das konnte doch einfach nicht stimmen. „Das sieht noch übler aus, als ich es mir vorgestellt habe."
Juvia saß mit angezogenen Knien auf dem Sofa und schaute gebannt auf den Bildschirm. Sie trug noch immer das blutverschmierte T-Shirt von gestern, offenbar hatte sie ganz vergessen, dass sie es noch anhatte. „Was ist denn nur passiert? Gestern um diese Zeit war noch alles normal." Ich suchte fieberhaft nach einer Erklärung dafür, aber ich fand keine. Es musste einen Grund dafür geben, da war ich mir sicher, aber ich kannte ihn nicht.
„Ich hab keine Ahnung", gab Juvia zu. Sie tat mir leid, noch gestern hatte sie nicht einmal von der Existenz der Spiegelwesen geträumt und jetzt waren sie der Grund dafür, dass Menschen starben. „Ross, sie hat uns gestern nichts getan. Als wir in dem Laden waren, hätte sie mit Sicherheit aus dem Spiegel kommen können. Aber sie hat es nicht getan. Du sagst, dass sie schon zwei Jahre bei dir ist. Warum hat sie dich nie verletzt, wenn sie es doch offenbar so gerne tun?"
Ich hatte nicht die leiseste Ahnung, warum das so war. Es hatte mit Sicherheit genügend Gelegenheiten für sie gegeben, mich umzubringen. Ich hatte mich nie wirklich komplett von Spiegeln ferngehalten, das war auch völlig unmöglich. Allein schon, weil ich keine übermäßige Aufmerksamkeit erregen wollte. Vor allem meine Familie hätte mich mit liebevoller Fürsorge erdrückt, wenn ich ihnen von ihr erzählt hätte.
„Vielleicht konnte sie nicht. Genau wie die anderen, die doch auch erst jetzt aufgetaucht sind. Irgendwas hat sich komplett verändert, viel zu viele Menschen können sie sehen. Bisher hat sie so gut wie gar niemand gesehen. Nicht mal ich hab außer ihr so was gesehen. Das alles geht zu schnell." Die Reporterin im Fernsehen redete weiter.
In den meisten Ländern wurden Sitzungen abgehalten, wie man das Ausmaß des Chaos noch in Schach halten konnte. Die meisten Großstädte waren längst evakuiert worden, auch hier konnte es nur noch eine Frage der Zeit sein. „Die Menschen haben Angst, sie wollen Erklärungen dafür. Aber am wichtigsten ist, dass irgendjemand dafür sorgt, dass das Ganze ein Ende findet. Je schneller, desto besser."
Nur leider war das eine ziemlich unmögliche Aufgabe. „Dazu müssten wir wissen, woher sie kommen und warum sie so gerne morden. Und natürlich, wie man sie aufhalten kann", stellte ich fest. Es war ein Ding der Unmöglichkeit, dass wir beide das bewerkstelligen konnten. Wir hatten gar nicht die Mittel dazu. „Irgendjemand wird sich schon darum kümmern."
Juvia wirkte nicht sonderlich begeistert davon, dass ich den Job am liebsten den anderen überlassen würde. Was sollten wir beide auch schon tun können? Wir saßen vorerst in Los Angeles fest, von der Außenwelt abgeschnitten, auch wenn die Telefonnetze noch funktionierten. Dabei meldete das Fernsehen schon, dass in vielen Städten der Strom ausgefallen war.
Anderenorts waren auch die Telefonleitungen und die Handyverbindungen zusammengebrochen. Es ging wirklich alles unglaublich schnell. Andererseits hatte auch niemand damit gerechnet, sonst hätten sich die Menschen darauf vorbereiten können. Das Chaos hätte sich bei weitem nicht so schnell ausgebreitet.
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Reflektionen (Ross Lynch/R5)
FanficReflektionen. Spiegelbilder. Nichts als Kopien unserer selbst. Sie begleiten uns von Anfang an durch unser Leben. Aber woher kommen sie? Woher willst du wissen, dass das, was ein Spiegel zeigt, tatsächlich du bist? Vielleicht ist dein Gesicht ganz a...