Kapitel 24 "Panzerschlaf"

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Erst lange Zeit später wurde mir klar, dass der Raum möbliert war. Damit hatte ich, um ehrlich zu sein, nicht gerechnet. Nach der gähnenden Trostlosigkeit, die in den Gängen geherrscht hatte, war ich nicht davon ausgegangen, hier im Keller mehr zu finden. Tatsächlich aber, hatte ich ein Bett und sogar einen kleinen Arbeitstisch aus demselben dunklen Holz, aus dem auch die Türe war.

Davor stand ein Stuhl, der eher antik anmuten ließ, seinen Zweck allerdings erfüllte. Statt weiter auf dem unbeheizten Boden zu sitzen, ließ ich mich auf dem Bett nieder. Es war nicht bezogen, aber Dwight hatte wohl auch nicht mit Gästen gerechnet. Was er von nun an mit mir vorhatte, stand wahrscheinlich in den Sternen.

Andererseits konnte ich mir durchaus vorstellen, warum er mich hierher gebracht hatte. Irgendeinen Nutzen musste er in mir sehen, sonst hätte er mich genauso umbringen können wie Juvia. Allzu viel Skrupel schien dieser Mann nicht zu haben. Vielleicht dachte er, ich hätte irgendwelche Informationen für ihn. Andererseits musste ihm klar sein, dass er mich nicht zum Reden bringen würde.

Falls es wirklich mein Wissen war, das mich bisher am Leben gehalten hatte, konnte ich diesen Stand nicht einfach aufgeben, sonst wäre ich ein toter Mann. Das Adrenalin, das mein Körper über die letzten Stunden völlig ignoriert hatte, brodelte in mir. Es half mir allerdings nichts, denn die Tür bekam ich nicht auf.

Zunächst versuchte ich es, mit Rütteln, aber das war nicht nur laut, sondern auch sinnlos. Danach warf ich mich mehrfach mit der Schulter dagegen, aber außer einem geprellten Gelenk zeigte das wenig Wirkung. Auch auf Tritte schien das Holz nicht nachgeben zu wollen und so gab ich es irgendwann auf.

Ich hielt mir die schmerzende Schulter, als ich mich wieder auf das Bett setzte. Mit der anderen Hand rieb ich mir über die Schläfen; eine Migräne kündigte sich bereits an. Ich wüsste gerne, ob es davon kam, über die Vergangenheit nachzudenken, oder davon, über die Zukunft zu sinnieren. Wahrscheinlich verursachte beides Kopfschmerzen.

Da die Matratze einigermaßen sauber wirkte und ich angesichts meiner Situation auch nicht allzu wählerisch sein konnte, legte ich mich irgendwann darauf. Ich war mir nicht ganz sicher, ob es eine gute Idee war, einzuschlafen, da ich Angst hatte, vielleicht nicht mehr aufzuwachen.

Aber dann entschied ich, dass ein Tod, von dem ich nichts mitbekam immer noch besser war, als einer, bei dem ich bei vollem Bewusstsein war. Ich winkelte die Beine an, in der Hoffnung, dass es in dieser Position nicht allzu kalt werden würde und schob mir eine Hand unters Gesicht. So schliefen Babys auch, zumindest, wenn man den Windelwerbungen trauen durfte.

Dieser Gedanke an etwas so Alltägliches beruhigte mich ungemein. Ich glaubte nicht mal, dass ich früher öfter über sowas nachgedacht hatte, aber jetzt war trotzdem alles anders. Jetzt vermisste ich ein Mädchen, das ich erst seit ein paar Tagen kannte, mehr als meine Freundin. Das sollte mir zu denken geben, tat es aber nicht.

Ich fragte mich, was sie gedacht hatte. Juvia, meine ich, als sie starb. Hatte sie überhaupt noch etwas gedacht? Oder war ihr dazu gar keine Zeit geblieben. Vielleicht wäre es besser so, schließlich wäre sie dann in dem Glauben gestorben, wenigstens für eine Person eine Heldin zu sein. Und das war sie wirklich. Sie hatte vielleicht nicht die Welt gerettet, oder sonst irgendwen, aber sie hatte mit dem Leben für ihre Sache bezahlt. Einen höheren Preis konnte selbst der größte Held nicht zahlen.

.-.-.-.

Als ich aufwachte, war das Licht aus. Trotzdem war es nicht dunkel im Zimmer, denn Dwight stand in der offenen Tür, so lässig, als hätte er mehrere Minuten gebraucht, um sich in diese Position zu bringen. Als ich mich aufrichtete, spürte ich als erstes meine demolierte Schulter. Ich verzog zwar etwas das Gesicht, versuchte aber, die Zähne zusammenzubeißen und mir nichts anmerken zu lassen.

Reflektionen (Ross Lynch/R5)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt