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Melanie Woods.

Er küsste mich! Er küsste mich?! Seine Lippen lagen auf meinen, fest und innig, für manche Leute vielleicht eine Spur zu lange, für zwei Menschen die sich kaum kannten, aber nicht für mich. Okay, vermutlich hatten diese Märchen doch einen wahren Kern und das hier war meines. Wieso zur Hölle sollte ich mich also dagegen wehren? Gegen Glück? Liebe? Nein, Ich gab mich hin und drückte Ihn nur schweren Herzens von mir, bereute es beinahe schon wieder.

„Du musst gehen, oder nicht? Lass dich nicht aufhalten...", Ich lächelte schwach, verlor mich mit jedem leichten Wimpernschlag mehr in den giftig Grünen Smaragden, die er seine Augen nannte und in Ihren tiefen. Wie zehnfach gesicherte Tresore stachen sie hervor, wie bei einem ungelösten Geheimnis, dessen Lösung gleichzeitig so nah und doch noch so unsagbar fern schien.

„Du hast recht...aber-"

„Nein, Du solltest wirklich"

Alle Sorgen verblassten in einer dünnen Schicht Staub, die sich erst um mich herum absetzte und dann durch den Luftzug aus dem offenen Fenster herausschwebte. Ich fühlte mich nicht nur geborgen, nein, Ich fühlte mich bei Ihm vollkommen. Vorsichtig stellte Ich mich auf die Zehenspitzen, taumelte kurz, nicht gerade so grazil wie eine spindeldürre, federartige Ballerina, aber auch nicht unbedingt wie ein sieben Tonnen Elefant im Glaslabyrinth.

Ich legte langsam, beinahe zu zögernd, die Arme um seinen Nacken, bevor Ich seine Lippen auf meine führte: „Na los...geh schon...", witzelte Ich hämisch grinsend, doch er hielt mich eisenfest an meiner Taille und Ich Ihn im Nacken, als wären wir freiwillig verschweißt worden und nun gezwungen auf ewig zusammen zu bleiben. Ewgikeit, eine unvergängliche, EWIGE Liebe, wie im Märchenbuch. Das war es was Ich wollte, auch wenn Ich es niemals, ja nur über meine doppelt ermordete Leiche, zugeben würde.

Es waren Schmetterlinge, die armen Dinger explodierten scharenweise in meinem zusammengezogenen Bauch. Ich konnte sie nicht unterdrücken, nicht verstecken und zeigte Ihm meine glücklichste und gleichzeitig auch verletzlichste Seite.

„Ich hole dich morgen früh ab...und deine Schwester", keuchte er schließlich atemlos gegen meine Lippen. Hin und hergerissen und in dem Wissen, dass Ich Ihn aufhielt, dass er gehen musste und dass sich sein Vater schon fragen musste wo er blieb, küsste Ich Ihn erneut, konnte schwören, er wäre fast in ein nicht stoppbares Lachen ausgebrochen und ließ doch zu dass er mich ein letztes Mal fest an mich drückte, bevor er abließ, von mir und allem was gerade passiert war und sich lächelnd der Tür zuwandte.

Ehrlichgesagt, Ich war fast schon enttäuscht darüber, dass er sich nicht dazu aufraffte sich erneut nach mir umzudrehen, oder mir anständig, eben wie der Sohn eines Unternehmers „Auf Widersehen" oder wenigstens „Bis morgen" hinterherzurufen. Vielleicht war doch zu schnell, einfach zu Naiv und hatte mich zu schnell auf die niemals endende Liebe eingestellt.

„Willst Du mich nicht aufhalten?"

Mit skeptisch hochgezogenen Augenbrauen drehte er sich in der Türzarge nach mir um, straffte ernst die Schultern und brach dann in ein schallendes Lachen aus, bevor er mir seine rechte Hand entgegenstreckte und meinen Handrücken streichelte, als Ich sie stockend ergriff.

Zusammen gingen wir die Treppen herunter, aber seine Hand, die ließ Ich irgendwann los. Denn auch wenn mein Kopf mir sagte, dass das hier eine geschützte und urteilsfreie Umgebung war, glaubte Ich keineswegs auf Verständnis zu stoßen, bei einer Beziehung zu einem Altersgleichen, den Ich gerade eben erst kennengelernt hatte. Ich nahm es Ihnen nicht einmal übel.

Seine Hand zu schütteln und mich höflich, nicht freundlich, nur distanziert und höflich von Ihm zu verabschieden, nachdem wir uns oben in meinem Zimmer so nah gewesen waren, das viel mir so unglaublich schwer, das Ich befürchtete, Amanda und Jinnie, oder schlimmstenfalls sogar Grayson und James könnten mir aus dem Gesicht heraus lesen, was dort oben passiert war.

Als sie gegangen waren, beobachtete Ich den angehefteten Blick meiner Schwester. Nicht etwa weil sie heilfroh wirkte, die Jungs endlich los zu sein. Sie starrte Grayson messerscharf hinterher, wirkte unsicher, verwirrt und bemühte sich um ein Lächeln. Keiner kannte sie, wie Ich es tat, keiner. Deshalb sah sie auch jetzt noch so echt aus, obwohl Ihr lächeln gemalt war, wie das Pokerface eines Kartenspielers.

Aber Ich ging wortloch auf mein Zimmer und las eine Halbe stunde.

Danach ging Ich schlafen, schlief sofort ein und träumte vom Herrlichen Kuss mit Luces.


Neues Leben (Band 1) *Überarbeitung abgebrochen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt