5. Kapitel - Kamera

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Ich schoss gerade ein Foto eines Mannes, der die Hand seiner kleinen Tochter hielt, als ich zwei Personen erblickte, die meine Aufmerksamkeit erregten. Sofort ließ ich von meinen beiden anfänglichen Models ab und konzentrierte mich auf meine neuen Ziele.

Er trug mal wieder die dunkle Kleidung, die seine eisblauen Augen noch heller erscheinen ließen, während sie mit ihrem pinken Kleid das komplette Gegenteil zu ihm darstellte. Selbst ihre hellen blauen Augen, die im Grunde eine ähnliche Farbe wie seine besaßen, wirkten anders, freundlicher. Sie lächelte über etwas, was er sagte und ich hielt meine Kamera auf die beiden um das herzliche Lachen festzuhalten.

Normalerweise sah man Alec Pecht nicht oft lächeln, daher gab ich mi Mühe, den besonderen Augenblick so gut wie möglich fest zu halten. Ich machte gleich mehrere Bilder, hielt mich jedoch weiterhin im Hintergrund. Es war schön die beiden so unbeschwert zu sehen, da wollte ich den Augenblick nicht zerstören.

Ich wandte meinen Blick von den Beiden ab, da ich nicht zu sehr in ihre Privatsphäre eindringen wollte und sah auf meine Kamera. Die Bilder waren tatsächlich gut geworden, denn das Licht schmeichelte beiden perfekt. Selbst Alecs Wunde am Mund schien mit dem Licht zu verschmelzen, sodass die beiden so harmonisch wirkten, wie schon lange nicht mehr.

„Verfolgst du uns?!" Mist. Ich hatte gedacht, die beiden würden mich im Schatten der Bäume nicht sehen, doch nun war meine Tarnung aufgeflogen.

„Natürlich nicht!", stritt ich ab und ignorierte dabei die Tatsache, dass ich den beiden wirklich gefolgt war, um den sinnlichen Moment auf der Kamera fest zu halten. „Das ist ein öffentlicher Park." Vermutlich konnte Alec in meinem Gesicht ablesen, wie schuldig ich mich auf einmal fühlte. Das mit dem Lügen musste ich tatsächlich noch üben.

„Emma, am besten du gehst schon mal vor. Du weißt ja, wohin.", sagte Alec und schickte seine kleine Schwester weg, während er sich mit verschränkten Armen vor mich stellte. An dem angedeutetem Lächeln in seinem Gesicht konnte ich erkennen, dass ihn meine ertappte Röte im Gesicht belustigte, was gleichzeitig bedeutete, dass er einen guten Tag hatte.

„Du stehst also nur ganz zufällig zwischen den Bäumen?", fragte er und lehnte sich lässig an den breiten Stamm. Einerseits war mir die Situation unheimlich peinlich, andererseits freute ich mich Alec in so einer guten Stimmung zu sehen. Es war eine seltene aber schöne Abwechslung.

„Ich mache nur Fotos.", erwiderte ich so lässig wie möglich und zeigte auf die Kamera, die ich in meiner Hand hielt. Hoffentlich verlangte er nicht, sich einige davon an zu sehen.

„Na klar.", antwortete er sarkastisch, sodass ich keinen Zweifel daran hatte, dass Alec mir nicht glaubte. Irgendwie hatte er ja recht.

Ich musste das Thema wechseln und zwar sofort! Also griff sich mein Unterbewusstsein an das einzige, was mir in diesem Augenblick einfiel. „Hast du dir die Sache mit dem kämpfen noch einmal überlegt?", fragte ich vorsichtig und meinte tatsächlich etwas Überraschung in den eisblauen Augen zu erkennen.

„Man Sami, wie stellst du dir das vor?" Vermutlich hatte er es nicht einmal wahrgenommen, doch ich hatte ganz genau gemerkt, dass er wieder einmal meinen Spitznamen benutzt hatte, den ich schon seit Monaten nicht mehr gehört hatte. „Du würdest dich doch niemals prügeln. Außerdem bist du ein Mädchen und ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass dich die ganze Schule zu Recht Kampflesbe nennt. Ignorier die anderen doch einfach.", versuchte mich Alec von meiner Idee ab zu bringen, doch an seiner ausführlichen Antwort merkte ich, dass er sich darüber ebenfalls Gedanken gemacht hatte.

„Also erstens: Das mit dem ignorieren hält Marie echt super davon ab, mich fertig machen zu wollen. Und zweitens: Sie können mir jeden verdammten Spitznamen der Welt geben, doch deshalb fange ich noch lange nicht an, ihn auch als Teil von mir an zu sehen." Nicht so wie Sami, der inzwischen wirklich schon zu mir gehörte.

Wer nicht kämpft, kann nicht gewinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt