22. Kapitel - Überwältigung

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Als Alec wieder nach Hause gefahren war, machte ich mich auf den Weg in die Küche und musste mich zusammen reißen meine Gefühle nicht öffentlich zu zeigen. Ich hatte Alec schon wieder küssen können – wir hatten sogar richtig rumgemacht, was eindeutig verhinderte, dass ich meine Gesichtsmuskeln entspannen konnte – doch gleichzeitig hatte er mir heute etwas offenbart, das er sicherlich mit niemanden teilen wollte und das mich selbst vollkommen verwirrte. Ich wusste, dass ihm jemand diese Wunden zugefügt hatte, wusste, dass etwas in seinem Leben vollkommen falsch lief, doch gleichzeitig wusste ich ganz genau, dass ich ihn nicht darauf ansprechen durfte, wenn ich weiterhin diese wunderbaren Lippen auf meinen Lippen spüren und seine großen Hände an meinem Körper fühlen wollte. Ich steckte in der Zwickmühle, doch jedes Mal, wenn ich daran zurück dachte, wie mein ganzer Körper in Flammen gestanden hatte, sobald die Küsse zwischen uns intensiver wurden, kehrte das Bauchkribbeln in meinen Magen zurück und bescherte mir ein breites Grinsen, das ich einfach nicht unter Kontrolle bekam.

„Bist du dir sicher, dass das das richtige ist?", fragte Papa ernst und holte mich damit aus meinem Tagträumen.

„Was meinst du?"

„Er kann ziemlich... herrisch sein. Du hast ja gesehen, was der Junge an Elias Geburtstag veranstaltet hat." Ich stöhnte innerlich auf – war ja klar, dass das noch zur Rede kommen musste – er hatte doch überhaupt keine Ahnung, warum Alec damals so ausgerastet war.

„Er ist nicht immer so – ich weiß schon, was ich tue." Auf einmal fühlte ich mich ziemlich angegriffen – es schien als wäre ich die einzige Person in diesem gesamten Haushalt, die einen gesunden Menschenverstand hatte, das war doch nicht normal!

„Also ich finde es toll – unsere Kleine wird endlich erwachsen.", mischte sich Paps sofort in das Gespräch ein, und stand mir Grinsend zur Seite. All meine Emotionen die ich versuchte zu unterdrücken, da sie mich nur zum Dauergrinsen bringen würden, schienen sich auf seinem Gesicht wieder zu spiegeln. Es war schön, jemanden auf meiner Seite zu wissen – auch wenn ich immer noch ein bisschen sauer wegen der peinlichen Situation war, die er mir vorhin mit seiner blöden Andeutung beschafft hatte.

„Ich meine damit ja nur, dass das männliche Geschlecht gerne mal sein Gehirn ausschaltet, wenn sie ein hübsches Mädchen vor sich sehen."

Ich musste ein bisschen Kichern. „Du willst mir also gerade weiß machen, dass du nicht mehr klar denken kannst, wenn du eine hübsche Frau siehst?", fragte ich und konnte nun endlich vollkommen legitim meine Gesichtsmuskeln in die Höhe ziehen.

Meine Väter fingen beide an zu lachen. „Du weißt doch was ich gemeint hatte!" Natürlich wusste ich das, aber seine Formulierung war trotzdem ziemlich unglücklich gewählt. „Aber im Grunde hatte ich wirklich recht, schließlich hat auch mein Gehirn ein paar Mal ausgesetzt, als ich deinen Vater getroffen habe." Er sah schmunzelnd zu Paps, dessen Grinsen nun womöglich noch breiter wurde, als meins.

„Das beruht auf Gegenseitigkeit – weißt du noch, wie genervt alle von uns waren?", fragte er und beugte sich zu Papa, um ihm einen liebevollen Kuss zu geben.

„Dabei waren wir einfach nur glücklicher als sie.", bestätigte Papa und erwiderte den Kuss ebenso grinsend. Normalerweise hätte ich ein solches Liebesbekenntnis als ziemlich unangenehm – ja, ja fast schon ekelig – empfunden, doch heute gehörte ich ebenfalls zu den glücklichen Menschen und konnte ihnen ihr Glück nur von ganzem Herzen gönnen. Es war schön, dass sie nach all den Jahren genauso verliebt waren, wie zu Beginn ihrer Beziehung.

Trotzdem ließ ich sie schnell alleine, denn bei einem solch schönen Moment sollte kein Paar Besucher haben, die möglicherweise die Stimmung zerstören könnten. Ich wollte eigentlich in mein Zimmer zurück gehen, doch als ich ein paar Stimmen aus dem Zimmer meines kleinen Bruder hörte, kam ich nicht drum herum, nachzusehen, wer da gerade lachte – Glücklich zu sein, war wirklich ein tolles Gefühl!

Wer nicht kämpft, kann nicht gewinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt