10. Kapitel - ein jähes Ende

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„Was machst du... oh hi!" Becks begrüßte uns gewohnt aufgedreht und freute sich offenbar über die Abwechslung von der langweiligen Arbeit. Sie musterte Alec ganz genau und schien ihn sofort meinen Erzählungen zuordnen zu können. Ich hatte zwar nie viele Worte über den komplizierten Menschen neben mir verloren, doch trotzdem hatte Becks ein bisschen mit bekommen.

Alec schien ein wenig überrascht, dass das Mädchen mit den lila Haaren mich so gut zu kennen schien. „Soll ich euch was bringen?", fragte sie und schritt wieder hinter ihre kleine Bar, während Alec in die hinterste Ecke des Cafés zu gehen schien. Die Situation war ihm offenbar zu suspekt, also bestellte ich für uns beide eine heiße Schokolade und bat Becks darum, nicht zu aufdringlich zu sein.
„Das ist doch das Mädchen von dem Bild.", stellte Alec fest und schmunzelte ein wenig. Was war das denn? Vor Becks war ich mir sicher gewesen, dass seine gute Laune für heute genug Sauerstoff getankt hatte, doch kaum waren wir wieder alleine, schlich sich das schelmische Grinsen zurück in sein Gesicht. Ich konnte mein Glück kaum fassen.

„Wir sind gut befreundet.", meinte ich, konnte mir jedoch selbst nicht erklären, warum ich diese Tatsache so unnatürlich betonte.

Der Junge mit den eisblauen Augen schien diesen Tonfall ebenfalls zu bemerken und zog fragend die Augenbrauen nach oben. Was sollte das denn jetzt? Ich war vollkommend überfordert und wurde zum Glück durch das erscheinen meiner besten Freundin unterbrochen.

„Warum seid ihr beiden eigentlich nicht in der Schule?", fragte sie neugierig und stellte die beiden Tassen vor uns auf den Tisch ab. Sie nahm auf dem Stuhl neben mir Platz, damit sie Alec genau ansehen konnte. Das wars dann wohl mit der versprochenen Diskretion.

„Das Café erschien uns eine weitaus bessere Möglichkeit unseren restlichen Vormittag zu verbringen, als andere Sachen." Von der Polizei gefasst zu werden, zum Beispiel. Ich hoffte, dass Becks nicht weiter nachfragte, denn von Alecs und meinen vertrauten Stunden auf der Autobahn wollte ich ihr nicht erzählen. Das war mir doch zu intim.

„Durchs schleimen bekommst du trotzdem keine Gehaltserhöhung!", meinte sie scherzhaft, als sich die Tür des leeren Cafés erneut öffnete.

„Das sind Kunden!", stellte ich ungläubig fest und konnte erkennen, wie sich ein erleichterndes Lächeln auf das Gesicht meiner besten Freundin schlich. Es war jedes Mal ein frohes Ereignis, neue Kunden in dem kleinen Laden begrüßen zu dürfen.

„Du arbeitest hier?", fragte Alec und trank einen Schluck aus von der süßen Flüssigkeit. Falls er mit meiner Wahl des Getränks nicht einverstanden war, ließ er es sich nicht anmerken.

„Arbeiten ist vielleicht ein bisschen hoch ausgedrückt, aber ich leiste Becks oft an den Nachmittagen Gesellschaft.", erklärte ich und nippte ebenfalls an meinem Becher.

Der Vormittag neigte sich langsam dem Ende zu und wir beschlossen, nach unserem tollen Tag ohne jegliche Streitigkeiten, wieder zurück zur Schule zu gehen. Mein Bruder hatte zwar sicherlich bemerkt, dass ich heute nicht in einem seiner Kurse gesessen hatte, doch Alecs kleine Schwester sollte sich kein schlechtes Beispiel an ihm nehmen und da ich nichts Besseres zu tun hatte, begleitete ich ihn.

„Meinst du wirklich, dass es schlimm wäre, wenn sie es rausfindet?", fragte ich, während Alec zum Schulgebäude hetzte. Wir mussten den kompletten weg zu Fuß gehen, da die Busverbindung uns nicht mal annähernd in die Nähe unseres Ziels bringen würde.

„Natürlich, sonst fängt sie auch noch an auf die Schule verzichten – vor allem jetzt, wo sie es sowieso hasst, da sie immer alleine ist." Wir hatten den ganzen Tag das Thema vermieden, schließlich wollten wir beide nichts hoch schaukeln, doch in diesem Augenblick konnte ich nicht anders.

Wer nicht kämpft, kann nicht gewinnenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt