Kontrolle

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„Robbie!", schrie Neko. Unter dem Dämmerlicht der untergehenden Sonne, in das sich das weiße Licht der Straßenlaternen mischte, rannte sie auf den Parkplatz. Um ihren Hals lag ihr Kopfhörer, ihre Haare schillerten pink. Für einen Moment sahen alle in Nekos Richtung.

Kaum drehte Dreadlock den Kopf über die Schulter, bremste Neko vor ihm ab, packte sein Handgelenk und seinen Arm und wirbelte herum. Das kleine, zierliche Mädchen verpasste ihm einen Tritt gegen Schienbein und Magen und setzte einen Hebel an.

Erschrocken schrie Dreadlock auf, überschlug sich und landete mit einem, von seiner Jacke erstickten Knall, auf dem Rücken. Neko drückte ihre Knie in seine Lungengegend und fixierte Hände und Arme so, dass sie sie mit Leichtigkeit ausrenken oder sogar brechen konnte. Alles innerhalb weniger Sekunden.

Aufgeschreckt stürzte der Anführer auf Neko zu. Ich knurrte, griff seine Jacke und riss ihn zurück. Perplex unterdrückte ich das Geräusch – es war automatisch gekommen. Er stolperte nach hinten, fing sich und funkelte mich wütend an.

Ohne nachzudenken ließ ich meine Faust auf ihn zuschnellen. Für einen Block hob er die Arme, mein Schlag schob sie einfach nach hinten und beiseite, ich spürte kaum Widerstand. Meine Faust traf seine Wange. Er machte zwei Schritte zurück, seine Augen verdrehten sich.


Benommen sank der Anführer zu Boden.


Ich atmete tief ein.


Mist. Das war nicht beabsichtigt.


Ibis Gesicht war fassungslos. So einen Schlag hatte er mir definitiv nicht zugetraut. Auch das Café-Mädchen riss ungläubig die Augen auf. Sie hatte mich beim letzten Mal ebenfalls einfach festhalten können und ich hatte ja nicht irgendjemanden, sondern ihren Anführer K.O. gehen lassen. Nur Baskenmütze behielt ihre Kampfhaltung bei, funkelte mich verärgert, aber auch wachsam an.

„'Tschuldigung.", murmelte ich und bemühte mich um ein Lächeln, „Können wir jetzt aufhören?"

„Irgendwie ist er ja süß, oder?", grinste das Mädchen vom letzten Mal.

„Du verwechselt das. Er ist naiv."

Für Ibis und sie klang mein Friedensangebot wie Bettelei. Mir war schon klar, dass ich genau die Reaktion, die mir von ihnen entgegen geschlagen war, fast schon herausgefordert hatte: Häme. Dennoch schluckte ich. Jetzt kam ich mir wirklich dumm vor.

Baskenmütze zeigte die Zähne und ignorierte sie. Scheinbar konnte sie die überhebliche Haltung ihrer Mitstreiter nicht nachvollziehen. Sie hatte nicht mitbekommen, wie leicht ich unterzukriegen war. Gewesen war. Ich war es nicht mehr, erinnerte ich mich. Sie bildete sich ihre Meinung frisch, erst seit diesem Treffen.

„Hey!", zischte sie ihren Kumpels zu. Hastig nahmen die Teens wieder eine Kreisaufstellung ein.

Wollten erst mich, der wohl gerade einen Glückstreffer gelandet hatte, außer Gefecht setzen, bevor sie sich an das Mädchen mit dem Hoodie und dem Kopfhörer wagten, die schwierigere Gegnerin, die wirklich ein Problem werden konnte. Zumindest, wenn sie sie nicht vereint angriffen.


Ibis grinste fies und wies mit einem überheblichen Nicken mit dem Kinn auf mich, „Im Gegenteil. Dafür hast du dir eine extra Portion eingehandelt."

Sie waren nur zu dritt, standen jetzt aber näher als die ganze Zeit und ich hatte kaum einen Meter Spielraum zum auszuweichen. Ich würde mich nicht verprügeln lassen. Der Gedanke brutaler vorzugehen, widerstrebte mir. Ich war einfach nicht der Typ dafür.

Die Diebe des MondamulettsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt