Ärger

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Ich stieß das Gartentor auf und stiefelte auf die Villa der von Brams zu.

Keine Sekunde länger.

Keine einzige Sekunde länger, würde ich dort wohnen bleiben.

Die Letzten, die ich in diesem Moment sehen wollte, waren Sophie und die anderen Werwölfe. Doch genau diese saß mit ihren Schwestern auf dem Rasen. Wenn Manuel nicht ermordet worden und ich von der Polizei abgeholt worden wäre, hätte mir niemand von diesem Irren erzählt. Wenn ich Sophie nicht darauf angesprochen hätte, hätte mir vermutlich niemand gesagt, in welcher Gefahr wir uns befanden. Aber so - woher hätte ich denn wissen sollen, dass die Nachrichten in den Medien auch nur im Entferntesten mit unserem Rudel zu tun hatten? Ich hatte meine Freunde nicht warnen können. So sehr ich den Werwölfen auch die ganze Schuld in die Schuhe schieben wollte, wusste ich ganz genau, dass ich nach dem Gespräch mit Sophie Riko sofort hätte informieren müssen.

Hier und da starrte mich Jemand an, doch wenn ich sie ansah, wandten sie schnell den Blick ab. Ich gab mir Mühe, die Reaktionen der anderen Werwölfe zu ignorieren. Mittlerweile sollte ich darin ja Übung haben, denn so ging es schon, seit sie in der Stadt angekommen waren. Im Flur, im Wohnzimmer, wann auch immer Jemand meinen Weg kreuzte, sahen einige eine Spur zu hektisch weg oder konnte den Blick nicht von mir lassen. Fremder. Eindringling. Außenseiter.

Ich hatte es auch auf meine Vergangenheit geschoben, von der alle Bescheid wussten und darauf, dass ich 'der Neue' war. Aber mittlerweile waren die anderen Werwölfe und ich uns mehrfach über den Weg gelaufen, hatten bei Rudelläufen im Wald im Team oder gegeneinander gespielt und hatten zusammen dinniert. Und dennoch betrachteten sie mich mit distanzierten, fast etwas abgeneigten Blicken. Sonst kam ich damit klar. Seit sie mir ihre Hilfe verweigert hatten, als ich sie wirklich gebraucht hätte, nicht mehr. Vor Wut ballte ich die Fäuste.

Kaum nahm Sophie mich wahr, sprang sie auf und rannte auf mich zu. Ich konnte sie nicht anlächeln. Es gelang mir nicht, das winzigste Bisschen Freundlichkeit auf meinem Gesicht abzubilden, obwohl sie auf gar keinen Fall erfahren durfte, was heute Nacht geschehen war - dass ich einen direkten Befehl meiner Alphas zuwiedergehandelt und dem Killer nachgeschlichen war. Sophie wurde langsamer und blieb vor mir stehen. Wie hatte sie nur zulassen können, dass meine Freunde fast bei lebendigem Leibe verbrannt worden wären? Wie hatte sie nur glauben können, Felix würde sie schon wieder gehen lassen, wenn sich niemand einmischte? Er war ein Serienkiller - zu glauben, dass er einen Unterschied zwischen Menschen und Werwölfen machte, wenn er sich schon mal die Mühe machte, Geiseln zu nehmen, war mehr als nur naiv. Sie hatten weggesehen.

Nicki kam mit weiten Schritten hinter Sophie her, „Wo warst du? Wir haben schon gedacht, du hättest irgendetwas Blödes angestellt."

Zaghaft hob Sophie den Arm um mich an der Schulter zu berühren, ich drehte meinen Kopf weg und machte einen halben Rückwärtsschritt.

"Ich muss durch.", murmelte ich und schob mich an ihnen vorbei. Gekränkt blickte sie mir nach. Mit schnellen, gezielten Schritten hastete ich in mein Zimmer und packte meine Sachen zusammen.

Dann wartete ich ab.

Draußen dämmerte es schon. Es war nicht mehr warm genug, um sich zu sonnen und die Werwölfe verschwanden nach und nach, bis der Garten als leere Rasenfläche zurückblieb. Ich hielt den Atem an und lauschte. Niemand schien sich auf dem Flur aufzuhalten. Ich schlich aus meinem Zimmer, die Treppe nach unten. Kaum zog ich die Haustür hinter mir zu, bemerkte ich den Schatten neben mir. Nickis dunkle Augen schienen in dem Dämmerlicht nur aus zwei schwarzen Murmeln zu bestehen.

"Du stehst immer noch unter Welpenschutz."

Ich fuhr sie an, "Was willst du damit sagen?!"

"Meine Eltern - deine Alphas - haben dir nicht erlaubt, das Grundstück zu verlassen. " Baff starrte ich sie an und spürte kaum, wie die Sporttasche von meiner Schulter rutschte. Scheppernd krachte sie auf den Boden.

Die Diebe des MondamulettsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt