Ohne Jason

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Im Februar, liegt immer noch sehr viel Schnee. Zu allem Überfluss hört es auch nicht auf und es schneit immer weiter. Morgens, wenn ich aufstehe fallen dicke Flocken vom Himmel und Abends, wenn ich ins Bett gehe, genauso. Selbst wäredn der Nacht, hört dieser ätzende Niederschlag nicht auf.

Ich bekomme meine Reitstunden nun abwechselnd von Brady oder meinem Vater. Mittlerweile bin ich auch schon richtig gut. Glaube ich. Zumindest falle ich nicht mehr so schnell vom Pferd. Gestern haben wir sogar das Barrel Racing probiert. Candy ist zwar nicht die schnellste, doch es macht irrsinnig Spaß und vor allem Süchtig. „Du wirst Jason beeindrucken" sagt Brady und dreht sich mit verschränkten Armen im Kreis, mitten in der Reithalle um mich beim Reiten zu beobachten und gegebenen Falls zu korrigieren. Wir verbringen seit zwei Wochen viel Zeit miteinander, weil Jason auf Tour ist. Aber nur der Pferde willen, denn Brady ist überhaupt nicht mein Typ, obwohl er hübsch ist und gut gebaut. Mein Vater jedenfalls würde es begrüßen, wenn ich mich für ihn interessieren würde. Er wäre seiner Meinung nach, der perfekte Schwiegersohn. Reich, gut erzogen und anständig. Aber er ist eben nur ein Kumpel für mich. Mehr könnte ich nie für ihn aufbringen, weil ich Jason liebe. Ich liebe diesen Kerl so sehr, dass es richtig weh tut, nur an ihn zu denken. Mich bringt die Einsamkeit fast um und die Tatsache, dass sich so viele fremde, gutaussehende Mädchen und Frauen um ihn Reihen. Das braucht er auch nicht abzustreiten, da ich seine Fanseite im Internet entdeckt habe. Er hat über Zwölftausend weibliche Fans. Das ist beunruhigend. Wir telefonieren jeden Tag zwei geschlagene Stunden. Meist bei Nacht, weil er tagsüber nicht so viel Zeit hat. Deswegen bin ich auch etwas angeschlagen und vor allem hundemüde. „Habt ihr schon wieder die ganze Nacht telefoniert" fragt Brady und grinst bis zu den Ohren, als ich meinen Mund zum Gähnen weit aufreiße. Wenn er nur wüsste, denke ich und grinse breit. „Ich möchte es gar nicht wissen" sagt er und hebt beide Hände in die Höhe. Wir reden in letzter Zeit sehr offen miteinander. Vielleicht weil unsere Freundschaft immer tiefgründiger wird. Brady und ich erzählen uns viel. Ich glaube sogar, er vertraut mir oft mehr an als Jason. Warum auch immer. Zwar ist seine Nähe aufgrund seiner andauernden Traurigkeit, die sich wie eine Depression verhält, immer noch schlecht zu ertragen. Aber mittlerweile, weiß ich, warum es so ist und das macht das ganze irgendwie realer. Brady hat eine Zwillingsschwester namens Claire, die an Krebs erkrankt ist. Er hat mir erzählt, dass es eine besonders aggressive Form ist und die Heilungschancen ziemlich schlecht stehen. Sie haben es mit seiner Knochenmarkspende schon einmal vergebens probiert und er kann ihr eigentlich nur noch beim Sterben zusehen. Es ist eine Frage der Zeit. Dann sind da auch noch seine riesigen Sorgen, wegen seinen jüngsten Bruders. Er ist wie Brady sagt, Musiker. Aber leider auch ein ziemlicher Junkie. Momentan sitzt er in Denver im Knast, wegen wiederholten Drogenbesitzes. Mir tut Brady unendlich leid, weil er mir so einsam vorkommt. Sicher hat er noch seine ältere Schwester. Aber diese Frau denkt nur an Geld und an das Geschäft. Ich glaube Brady ist der einsamste Mensch der Welt. Er ist immer für alle da aber niemand für ihn. Wenn man es genau nimmt, ist noch nicht einmal Jason für Brady da.

Am Abend gehen Brady und ich aus, weil uns beiden ziemlich langweilig ist. Ein schlechtes Gewissen habe ich deswegen nicht. Jason weiß Bescheid und meinem Freund ist es sogar Recht, dass Brady sich in seiner Abwesenheit, um mich kümmert und ein Auge auf mich wirft. Ständige Kontrolle, sage ich da nur und muss einerseits darüber schmunzeln und andererseits ärgern.

Wir gehen zuerst ins Kino, dann zu Charly's, weil Brady meine Arbeitsstelle und Kollegen kennen lernen möchte. Jason hat ihm ja bis jetzt nur negatives darüber berichtet. „Du arbeitest in so einer Kaschemme" fragt er entrüstet als wir aus seinem ebenfalls alten Truck steigen. „Beleidige nicht meinen Job" ermahne ich ihn lachend. Brady verzieht sein Gesicht und mustert das heruntergekommene Lokal missbilligend. „Ich muss Jason aber doch Recht geben. Du hast hier nichts verloren". Ich ramme ihm meinen Ellenbogen leicht in die Rippen. „Das geht nur mich etwas an und jetzt lass uns etwas trinken". Ich hake meinen Arm um Bradys und zerre ihn in die Bar. Dort trinken wir die ganze Nacht und Bill holt uns in den frühen Morgenstunden ab, weil ich ihn angerufen habe. Er macht mir keine Vorwürfe, sondern freut sich offensichtlich, dass ich mich amüsiere, mit Brady. Wir setzten zuerst Brady auf der Ranch ab und er bedankt sich höflich bei Bill. Brady ist sogar sturzbetrunken, höflich und nett. Aber er ist eben nicht Jason.

„Ihr würdet gut zusammen passen" sagt mein Vater als wir Brady abgeliefert haben und uns auf den Heimweg machen. Ich verdrehe meine Augen „ich stehe aber nicht auf ihn und außerdem bin ich glücklich". Er lenkt seien Truck auf die Hauptstraße und sieht mich von der Seite an „du bist einsam, sonst gar nichts". Da hatte er ein bisschen Recht. Aber ich zähle trotzdem die Tage, bis Jason zurückkommt. Vermutlich kehrt er auch schon Mitte März zurück. Zumindest hat er mir das erzählt, als er das letzte Mal bei mir angerufen hat. Ich schlafe den ganzen Tag und bis in den späten Abend und gehe dann wieder zur Arbeit.


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