Teil 2 Brady

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Brady:

Nur durch Zufall habe ich mein Handy einstecken und ich bemerke es erst als es sich durch einen penetranten Pfeifton in der Brusttasche meiner Steppweste bemerkbar macht. Dieses Telefon nervt mich mehr als ich überhaupt beschreiben kann. Trotzdem lege ich meine Schulbücher und den Fineliner zur Seite und konzentriere mich auf den matten, dunklen Bildschirm, der durch die Sonnenstrahlen kaum ablesbar ist. Scheißding, denke ich und versuche die eingegangene Nachricht unter dem Tisch wo die Sonne nicht so erbarmungslos blendet, zu lesen. Ich bin etwas verwundert darüber, dass die Sms von Ricky stammt. Die letzten paar Wochen hat sie sich eigentlich überhaupt nicht bei mir gemeldet. Noch nicht einmal meine Nachrichten beantwortet, in denen ich einfach nur wissen wollte, ob es ihr nach der (hoffentlich Kurzfristigen) Funkstille mit Jason halbwegs gut geht. Die Uni stresst mich momentan mehr als mir eigentlich guttut, deswegen habe ich mich dann auch immer seltener meinen Kopf über Ricky zerbrochen. Zumal das mich, auch herzlich wenig angeht. Das was zwischen meinem besten Freund und seiner Frau abläuft, sollte mich nicht interessieren. Nicht nur aus dem Grund, dass es sich nicht gehört, seine Nase in andere Leute Angelegenheiten zu stecken. Nein, das ist nicht der Hauptsächliche Grund. Je mehr ich Abstand zu Ricky gewinne, umso besser kann ich damit umgehen, dass sie Jasons Frau ist und ich nur ein ganz stinkeinfacher Kumpel. Ich habe Gefühle für Ricky, aber das würde ich nie, niemals im Leben irgendjemanden eingestehen. Am allerwenigsten mir selber. Doch tief in meinem Innersten, weiß ich, dass ich ihr verfallen bin. Aber wie gesagt. Sie ist Jasons Frau. Tabu. Sperrgebiet. Verbotenes Land, das ich niemals betreten kann und werde.

„Du musst dich um Dustin kümmern. Am besten sofort !!!". Steht in ihrer Nachricht. Ich schüttle verwirrt meinen Kopf als ich die Zeile auf meinem Display lese. Was soll das bedeuten. Ist sie krank? Hat sie einen wichtigen Termin? Ist das Baby etwa alleine zu Hause? Ich schüttle meinen Kopf und drücke die Anruftaste um genaueres zu erfahren. Doch Ricky nimmt nicht beim ersten, beim zweiten und auch nicht bei jedem weiteren Versuch sie zu erreichen, ab. Mir wird komisch bei dem Gedanken, dass da etwas überhaupt nicht stimmt. Ich bin zwar erst im vierten Studienjahr. Doch ein paar Kurse in Psychologie habe auch ich schon belegt und kann mit Sicherheit sagen, dass Ricky nicht gesund ist. Wir haben nie darüber geredet, aber ich habe es immer vermutet. Und jetzt, die letzten paar Wochen hat sie sich immer mehr zurückgezogen. Die Aussenwelt komplett abgeschottet. Meine Finger zittern, als ich versuche, wenigstens Jason zu erreichen um die Verantwortung an ihn abzugeben. Es ist sein Sohn. Er sollte nach den Beiden sehen. Nicht ich.

Doch auch er geht nicht an sein verdammtes Telefon. Weil ich mittlerweile schon krank vor Sorge bin, springe ich hektisch auf und werfe dabei fast den Veranda Tisch mit den Lernsachen um und sprinte zum Wagen. Ich fahre so schnell es die Straße zulässt hinüber zu Jasons Ranch und lasse sogar noch den Motor laufen, als ich schon aus dem Wagen springe und die Treppen zu Haustüre hochhetze. Die Türe ist zum Glück nicht abgesperrt, als ich den Knauf umdrehe und ins Haus stürme. Dort erwartet mich absolute Stille. „Ricky", rufe ich panisch. Keine Antwort. Alles ist totenstill. Draußen pfeifen ein paar Singvögel. Aber sonst kann ich kein Geräusch vernehmen. Ich brülle noch einmal. Viel lauter, aber keine Antwort. Panisch renne ich von Raum zu Raum. Werfe überall einen flüchtigen Blick hinein. Aber im Erdgeschoss ist sie nicht zu finden. Dann fliege ich praktisch über die Treppen nach oben und mein Blick fällt zuerst auf die offene Badezimmertüre. Sie steht nicht ganz offen, nur einen Spalt. Aber von dort aus vernehme ich ein leises, kaum hörbares Wimmern. Nicht lange überlegend, was dort auf mich wartet, reiße ich die Türe auf und erstarre als ich Ricky entdecke. Sie sitzt zusammengesunken im Schneidersitz auf dem Boden und starrt leichenblass auf ihre blutroten Hände. Sie nimmt mich nicht wahr, als ich schon im nächsten Moment zum Medizinschrank springe, ihn aufziehe und Verbandsmaterial zutage fördere. Ich habe keine Zeit, nachzudenken, warum sie das gemacht hat. Nicht jetzt. Meine Finger greifen wie von selbst nach zwei Packungen Taschentücher die im Regal neben der Badewanne liegen. Die verwende ich um sie direkt auf die Schnitte zu platzieren. Darum wickle ich so fest es nur geht, das Verbandsmaterial. So viel ich finden kann. Hauptsache die Blutung ist erst einmal gestillt. Erst als ich mit der zweiten Hand fertig bin, bemerkt Ricky, dass ich bei ihr bin. Sie ist völlig weggetreten. „Was hast du genommen", frage ich sie und bemerke ihre unter Drogen Einfluss stehenden Pupillen. Sie lallt nur und im nächsten Moment fällt sie ohnmächtig gegen mich. „Wach auf Ricky. Das kannst du mir nicht antun. ", brülle ich panisch und versuche sie mittels Wangentätscheln wach zu halten.


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