Zeige mir Missoula

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Einige Augenblicke später ist Ruhe. Mein Angreifer wälzt sich ihm Dreck, jammert und hält sich die Hände vor das Gesicht. Zwei Arme legen sich unter meine Achseln und ziehen an mir „Ricky, komm mit mir". Ich halte mich an ihm fest und lass mich in die Höhe ziehen. „Es wird alles gut, ich bringe dich ins Krankenhaus". Jason trägt mich fast zum Auto. Meine Beine knicken immer wieder ein. Irgendwann wird es ihm zu blöd und er trägt mich komplett. Ich vergrabe vor Scham mein Gesicht an seiner Brust und heule. „So leicht bist du gar nicht" witzelt er. Aber er macht nur einen Witz. Ich wiege noch nicht einmal fünfzig Kilo bei eins dreiundsechzig. Fett bin ich sicher nicht. Jason setzt mich auf dem Beifahrersitz ab, was tatsächlich anstrengend ist. Schließlich ist sein Truck ziemlich hoch. Dann schnallt er mich an und zieht seine Weste aus, die er mir über die Beine legt. „Ricky, wir fahren jetzt zum Krankenhaus". Ich schüttle den Kopf „nein, es ist nichts weiter passiert. Du kamst gerade noch rechtzeitig". Der Widerling hat mich geschlagen und geohrfeigt. Aber tatsächlich, habe ich keine größeren Verletzungen davon getragen. „Bestraft hast du ihn ja schon" sage ich und sehe Jason an. Er hat auch ein paar Blessuren davon getragen. Aber die sind nichts gegen die des anderen. Seine beiden Gletscherseen glühen vor Zorn und sein schöner Mund ist ärgerlich verzogen. „Du musst ihn anzeigen", schreit er mich wütend an. Ich zucke vor seiner Hand zurück. Er bemerkt meine Geste und stoppt seine Bewegung. „Dachtest du, ich würde dich etwa schlagen". Jasons Ausdruck wird weicher. „Du dachtest echt, ich würde dich schlagen". Dann legt sich seine Hand langsam an meine Wange. Seine Hitze schmerzt auf meiner misshandelten Wange. Dennoch ist es ein schöner Schmerz und ich lege meine Wange tiefer hinein. Sein Daumen kreist auf meinem Wangenknochen und er atmet heftig. „Ich bringe dich nach Hause".

Ich kann ihn überreden, mich nicht zu meinen Vater zu bringen. Den wollte ich jetzt ganz sicher nicht sehen. „Darf ich mit zu Dir". Jason nickt schweigend und verschränkt seine Finger mit meinem. Sein Puls rast gemeinsam mit meinem. Bei ihm aus Zorn und bei mir aus Angst. Als wir auf der Ranch ankommen, parkt er den Truck direkt vor der Treppe. Ich habe mich wieder soweit im Griff, dass ich zumindest selbst Laufen kann. Doch er lässt mich nicht und trägt mich bis in sein Zimmer. Dann setzt er mich auf seiner Couch ab, zieht mir Stiefel und Klamotten bis zur Unterwäsche aus und bringt mich über den Flur in ein Bad. Dort stellt er mich samt Unterwäsche unter die Dusche und prüft die Temperatur noch bevor er den Strahl auf mich richtet. „Gott Babe. Das tut mir alles so leid. Ich hätte dich nicht alleine über den Parkplatz gehen lassen dürfen". Ich halt ihm mit meinen Zeigefinger den Mund zu. „Ich gehe jeden Tag über diesen Parkplatz". Er sieht mich mit gequälten Ausdruck an. „Such dir um Himmel Willen etwas anderes. Du musst doch nicht dort arbeiten". Mich kann man sonst nirgends brauchen, da bin ich mir sicher. Aber ich halte meine Klappe und verspreche ihm, mich zumindest umzusehen. Dann ziehe ich ihn an mich und er lässt es zu, obwohl er klatschnass wird. Seine Klamotten saugen sich komplett voll. Wasserperlen laufen aus seinen ziemlich kurzen Haaren über sein zerschundenes Gesicht. Ich entdecke noch drei Platzwunden. Aus Mundwinkel, Schläfe und Kinn rinnt Blut, das sich mit Wasser vermischt. Ich küsse diese Stellen vorsichtig „es tut mir leid". „Oh Gott, das muss dir nicht leidtun". Dann greift er um mich herum und öffnet meinen BH. Er fällt klatschend auf den Boden und Jason kickt ihn zur Seite. Das gleiche mit meinem Slip. Irgendwann nimmt er die Seife und wäscht mich damit. Seine Hände sind dabei so sanft und zärtlich, dass ich fast vergessen habe, wie er grob und brutal auf den Typ aus der Bar einschlug. Nur seine aufgeschürften Fingerknöchel erinnern mich daran. Ich schnappe mir den Saum seines T-Shirts und ziehe es ihm über seinen Kopf. Jason sieht mich gequält an, hält mich aber nicht auf. „Das ist heute keine gute Idee. Ricky". Ich lasse mich nicht aufhalten und mache mit seiner Jeans dasselbe. Er trägt nur noch diese engen Shorts, die den Hintern betonen. Sein Arm legt sich um meinen unteren Rücken und zieht mein Becken an seines, „du bist so schön". Ich liebe seine Lippen an meinem Hals und erschaudere. Jason stützt sich mit der anderen Hand an den Fließen hinter mir ab und küsste mich sachte. Ich spüre, wie sehr er mich will, nur allzu deutlich. Sein Oberkörper ist muskulös, aber nicht so wie bei einem Bodybilder mit Sixpack. Nein, seine Muskeln kommen von seiner Arbeit, sind echt und hart. Die Wangenknochen gleichen einen griechischen Halbgott und seine Augen liegen tief. Er hat diese Gesichtsausdrücke, die eigene Bände sprechen. Sie verraten immer alles, was er gerade fühlt oder denkt. Und jetzt sehe ich, dass er nicht weiter als bis zu diesem Punkt geht, an dem wir schon sind. Mehr gibt es heute nicht für mich. Auch wenn es vor einer Stunde noch ganz anders aussah. „Bist du bereit" fragt er mich irgendwann. Ich schaue ihn fragend in die Augen. „Für was". Er küsst meine Stirn, „um zu schlafen". Mein Seufzen lässt sich nicht unterdrücken und entlockt ihm ein verdammt süßes, schiefes Lächeln. „Nur wenn du mich festhältst, die ganze Nacht". Er nickt und dreht das Wasser ab. Dann reicht er mir ein weißes Handtuch, das meinen ganzen Körper umschlingt und schnappt sich selbst ein kleineres, das gerade das allernötigste Bedeckt. Er reicht mir seine Zahnbürste und grinst bis zu den Ohren. Natürlich glaubt er, dass ich sie nicht nehme. Doch diese Rechnung hat er ohne mich gemacht. Kurzerhand schnappe ich sie mir und stecke sie mir in meinen Mund, obwohl er sie grade im Mund hatte. „Du hättest auch eine neue haben können" sagt er grinsend und spült seinen Mund aus. „Das hätte ich, aber so geht das auch. Oder hast du Herpes". Er kratzt seine Nase und schüttelt lachend den Kopf „Nein Babe. Dann hättest du ihn doch sicher schon". Jason verlangt von mir, dass ich mich auf den Wannenrand setzte, damit er eine Platzwunde an meiner Wange abkleben kann. „Verdammt, das sollte mit einem Stich oder zwei genäht werden. Ich werde Brady wecken, der macht das schnell". Da ich ihn nicht aufhalten kann, decke ich mich mit dem Handtuch besser ab, falls dieser Blondschopf tatsächlich erscheinen sollte. Ich höre, wie Jason an eine Tür klopft, vermutlich Bradys und wie er sich kurz darauf mit ihm leise unterhält. Nur wenige Zeit später, erscheint er mit Blondi in der Tür und kommt zu mir. Dieser Brady hat komplett wirre Haare, die an einen Bad Hair Day erinnern. Unter seinem Arm trägt er einen ziemlich großen Verbandskasten. Fast eine Art Koffer. Jason setzt sich zu mir auf den Wannenrand und zieht mich auf seinen Schoß. „Ich halte dich solange er dich der da, foltert". Brady verdreht die Augen und kniet sich vor mich hin. Er trägt eine gestreifte Pyjamahose und ein graues, löchriges T-Shirt. Er macht auf mich überhaupt nicht den Eindruck eines reichen Schnösels. Aber so etwas Behaupten hauptsächlich die Kunden aus der Bar. Arme Schlucker und Säufer, die ihm seinen Erfolg nicht vergönnen schätze ich. Ich finde überhaupt nicht, dass er Arrogant oder Überheblich Aussieht. Allerdings kenne ich ihn ja auch noch nicht so gut. Eigentlich kenne ich ihn gar nicht und bin fast nackt, bis auf das Handtuch. Zu allem Überfluss in seinem Badezimmer. Mitten in der Nacht. „Guten Morgen erstmal" sagt Brady. Er sieht mich dabei nicht an. Aber ich glaube ich bin froh darüber. Der Ausdruck in seinen Augen ist Herz zerreißend und ich halte diesen nicht aus. Traurig und dennoch voller Mitleid. Abscheulich. „Wart ihr ihn eine Schlägerei verwickelt" fragt er nachdem er meine Wunde desinfiziert hat. „Frag nicht" sagt Jason bestimmt und Brady hält sich ohne zu murren daran. Sie sind offenbar sehr gute Freunde. Das erkennt ein Blinder.

Er hat mich nicht betäubt, weil es sich für zwei Stiche nicht lohnt, behauptet er. Dafür schmerzt die Wunde jetzt wieder. Jason hat er ebenfalls genäht. Vier Stiche am Mundwinkel, drei an der Schläfe und zwei am Kinn. „Halb so schlimm" sagt Jason und küsst meinen Hinterkopf. Brady schüttelt seinen Kopf. „Das klingt aus deinem Mund so falsch". Beide verfallen in ein kurzes Lachen. Dann verabschiedet sich dieser Morrow wieder und Jason bringt mich in sein Bett. „Gib mir dein Handtuch, sonst wird die Matratze feucht und auf diese Weise, soll sie nicht feucht werden. Ich werfe mit dem Kissen nach ihm. Jason zerrt sich selbst das feuchte Handtuch von den Hüften und schlüpft zu mir unter die Decke. Ich spüre die ganze Nacht, wie sehr er mich will. Aber dennoch startet er nicht einen Versuch. Ich drehe mich zu ihm um und küsse seinen Hals. „Lass das" sagt Jason schläfrig und hält mir seine Hand auf den Mund. „Das war heute schön". Er hält seine Luft an. „Wie bitte". Ich lache leise „der Tanz... oder besser gesagt die Tänze". Wieder einmal drückt er seine Lippen auf meine Stirn. „Du verrücktes Huhn". Ich schicke meinen Vater eine SMS, dass ich nicht nach Hause komme und schlafe mit seinen Händen auf meinen Oberschenkeln bald ein.

Ich wache wieder nach ihm auf und zwei hellblaue, freche Augen beobachten mich ungeniert. Ich glaube das macht mich ein wenig nervös und ich bin verwirrt. Träume ich oder liege ich schon wieder in seinem Bett. „Guten Morgen Babe". Ich drehe mich auf die andere Seite und versuche wieder einzuschlafen. Ja ich bin ein Faultier und könnte den ganzen Tag pennen. Jason hingegen, macht mir nicht den Eindruck, als ob er das auch ab und zu täte. „Wach auf Süße, das ist mein einziger freier Tag in der Woche und ich möchte ihn mit dir verbringen". Ich strecke mich gähnend und starre aus dem Fenster um mich erst einmal zu orientieren. Dann fällt mir erst auf, dass ich nicht in meinem Zimmer bin und dass er nicht irgendein Typ ist, den ich abgeschleppt habe. „Das tust du doch jetzt auch". Er seufzt und zieht mir die Decke herunter. Schlagartig wird mir kalt. Ich hasse es, wenn mir jemand die Decke runter zieht. „Ok" sage ich gelassen. „Was willst du machen". Jason knappert an meiner Schulter. „Wir reiten aus". Ich drehe mich wieder von ihm weg. „Bei dir piepts wohl. Ich reite kein Stück auf so einem Vieh". Jason schnappt theatralisch nach Luft. „Das ist kein Vieh, sondern Pferde. Pferde. Wir reiten auf den schönsten und sanftesten Tieren aus, die du dir nur Vorstellen kannst". Jason klettert über mich, sodass er mir wieder ins Gesicht sehen kann. „Komm schon Babe" er küsst meine Stirn „das gefällt dir versprochen". Er denkt gar nicht daran, aufzugeben. „Ich habe Angst vor ihnen Jason. Sonst würde ich reiten. Aber es geht nicht. In meinem ganzen Leben bin ich keinem Pferd näher als zwanzig Meter gekommen". Jason springt vom Bett auf „dann wird es endlich Zeit. Was bist du nur für ein Mädchen. Alle Mädchen lieben Pferde". Ich lache über seinen schlechten Witz „Ich mag nur die Cowboys". Mit einem schiefen Lächeln zerrt er mich hoch, bis ich vor ihm stehe. „Es gibt keine Cowboys ohne Pferde". Sein Mund wandert an meine Stirn und er streicht mir eine wilde Haarsträhne aus dem Gesicht. „Dann gibt es eben keinen Cowboy für mich" sage ich gelangweilt und starre auf meine Fingernägel. Ich weiß gar nicht, was in mich gefahren ist. Seit wann benehme ich mich so. Mein normales Ich, würde sich anziehen und sich aus dem Staub machen. Vielleicht noch mit einem frechen Spruch auf den Lippen. Aber diese Person, die so aussieht wie ich, möchte, dass dieser Typ um sie kämpft. Ich habe doch einen kompletten Dachschaden. „Du könntest gar nicht mehr ohne mich schlafen", sagt er selbstsicher. Aber diese Selbstsicherheit ist nur gespielt. So wie meine falsche coolness. Verdammt ich habe die komplette letzte Woche jeden beschissenen Tag auf ihn gewartet und bin jeden verfickten Tag enttäuscht worden. „Die letzten sechs Tage, habe ich sehr gut geschlafen". Aber nicht so wie letzte Nacht. Jason braucht das allerdings nicht wissen. Er soll sich doch um mich bemühen. „Ok Schönheit, schlag du etwas vor". Ich zucke mit einer Schulter „zeig mir die Gegend oder Missoula". Er nickt, geht zum Schrank und holt sich dunkle Jeans, ein weißes T-Shirt mit Aufschrift und Socken sowie Shorts heraus. Ich bin echt erstaunt, welche Ordnung er in seinem Zimmer hat. Genauso in seinem Schrank. „Was Interessiert dich am meisten" fragt er mich und zieht einen Gürtel in seine Jeans. Ich frage mich, ob er diese Teile sammelt, denn als er eine Schublade aufmacht, fallen mir sofort zwanzig Stück auf. Daneben bewahrt er unzählige Gürtelschnallen. Alle riesig und glänzend. Ziemlich ungewöhnlich für einen Kerl. Als er fertig ist, sieht er mich an. „Was machen wir mit dir, so kannst du nicht mitkommen auch wenn ich es geil finde". Selbstverständlich kann ich nicht mit einem Bettlaken um meinen Körper geschlungen, mitfahren.


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