Wieder in Vegas

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„Du musst das selbst entscheiden Ricky. Aber wenn Jason sich noch einmal so etwas leistet, breche ich ihm die Beine". Jason zuckt zusammen unter dem strengen Blick meines Vaters. Offenbar haben die Nachtschwestern Bill informiert, dass Jason in der Klinik aufkreuzte und die Nacht bei mir blieb. Kurzentschlossen haben wir meine Sachen gepackt und auf der Ladefläche von Jasons Truck verstaut.

Wir fahren gerade mit dem Auto nach Vegas, weil wir noch heute heiraten wollen. Naja, es wird wohl Morgen werden, weil der Tag schon fast vorbei ist und wir erst die halbe Strecke hinter uns gebracht haben. Ich heirate nun ohne Kleid und Schnickschnack. Wir wollen es einfach hinter uns bringen und endlich glücklich sein. Unser eigentlicher Hochzeitstermin wäre in einer Woche. Doch wir haben alles abgesagt, per Handy während der Fahrt nach Vegas. Bill und Tara sind vor Wut fast ausgeflippt. Die anderen Gäste nahmen es gelassener. Vermutlich haben sie eh nicht mehr mit einer Trauung gerechnet. Verständlich. Ich habe ja selbst nicht mehr damit gerechnet.

„Ich weiß immer noch nicht, wer dir gesagt hat, dass ich in der Klinik bin. Bill war es sicher nicht und Tara hätte sich das auch nie im Leben getraut", sage ich zu meinem Verlobten. Jason wirft sein Handy in die Mittelkonsole und schaut mich fragend an. „Was meinst du". Ich lehne mich vor und drehe meinen Sitz etwas nach oben. „Wer hat dir erzählt, wo ich bin". Jason lacht leise und richtet seine Augen wieder auf den Highway. „Ich hatte meine Spitzel". Von wegen hatte er irgendwen dergleichen. Das ist schlichtweg gelogen.

„Hattest du nicht", sage ich genervt und boxe ihn gegen den Oberarm. Jason schaut wieder nach vorne und dann aus dem Fahrerfenster, weil uns ein schwarzer Audi A8 wie ein Irrer überholt. „Verdammt, was macht der Idiot hier", knurrt Jason. Der Audi schert vor uns ein und auf beiden Seiten des Wagens, werden Arme heraus gestreckt und winken wild. Der Fahrer der Limousine zeigt uns plötzlich den ausgestreckten Mittelfinger. Jason verfolgt den dunklen Wagen und rollt hinter dem Audi auf einen Rastplatz, wo er dann zum Halten kommt. Ich habe die Befürchtung, dass es vielleicht eine Art zivile Polizei ist. Allerdings irritiert mich der Stinkefinger. Ich bin etwas nervös, als sich die Türen des Audis öffnen und keuche überrascht auf, als ich sehe wer aussteigt. „Darf ich vorstellen" sagt Jason genervt und deutet auf den Fahrer, den ich nun erst als meinen Bekannten aus der Klinik erkenne. „Bradys jüngerer, missratener Bruder und ebenfalls guter Freund von mir". Ich sehe vermutlich aus wie ein dummes Mondkalb, als die beiden Morrow Brüder auf uns zukommen. Tom, Bradys offenbar jüngerer Bruder beugt sich auf Jasons Seite in den Truck und grinst bis zu den Ohren. „Steigt bei uns ein und lasst den Truck hier stehen. Meine Karre ist viel schneller als eure". Meine Bekanntschaft aus dem Krankenhaus ist Tom Morrow, der berühmte Musiker, der gerade den halben Kontinent erobert. Mir gefällt seine Musik, aber nie im Traum hätte ich geglaubt, dass er Bradys kleiner Bruder ist. Ich bin mehr als sprachlos. „Bist du ausgebüchst", frage ich Tom irritiert über Jason hinweg. „Klar, ich brauche auch etwas Spaß und wenn mein Bro heiratet, möchte ich natürlich dabei sein". Brady grinst auf meiner Seite des Trucks herein und hält eine riesige weiße Tüte in die Höhe. „Du hast was vergessen". Das Kleid, das er mir gekauft hat. Oh mein Gott.

Jason lässt seinen Truck auf dem Rastplatz stehen und wir steigen tatsächlich bei Tom ein. Allerdings kann Tom nicht mehr fahren, da er einen Joint durchgezogen hat. Brady kann nicht fahren, da er zur Feier des Tages eine kleine Flasche Jack geleert hat und mir ist der Audi zu teuer um mich hinter das Lenkrad zu setzten. Also bleibt dann nur noch Jason übrig um den Wagen zu lenken. Er sagt zwar, dass er selbst keine Lust darauf hätte, Toms Monstermaschine zu fahren, aber in seinen Augen sehe ich allerdings, dass er ganz wild darauf ist, die Ps voll auszunutzen. Wir brausen mit über zweihundert Sachen über den Highway ohne dass man es im Inneren des Wagens überhaupt spürt. Das Auto ist so leise, dass man denken könnte, wir fahren achtzig. Irgendwann schläft Tom auf seinem Beifahrersitz ein und wirkt wie ein Häufchen Elend. Ich hoffe für ihn wirklich, dass er von dem Zeug loskommt. Weil er nun schläft, wird der Radiosender auch neu gewählt, da wir anderen, einschließlich Brady, eher Country Fans sind. Also ich denke, dass Brady es auch ist. Ich habe ihn nie gefragt. Aber sein Zeigefinger tippt zu Tim Mc Graw, rhythmisch auf sein Knie. Er hat lange, schlanke Beine, aber nicht so schlank wie Tom. Brady ist bei weiten muskulöser und sehniger. Da er im Auto nur ein enges weißes T-Shirt trägt, sieht man seine Muskeln deutlich. Sie sind der Wahnsinn, genauso wie bei Jason. Vielleicht ist er sogar noch besser gebaut. Auf seinem Oberarm sehe ich halb vom Shirt verdeckt ein Tattoo, dass ich ihn gar nicht zugetraut hätte. „Babe, du starrst die ganze Zeit Brady an, soll ich mir sorgen machen". Mir bleibt fast das Herz stehen als Jason das sagt und unsere Blicke treffen sich im Rückspiegel. Er grinst und schüttelt leicht seinen Kopf. Ich spüre, wie ich knallrot werde und meine Wangen glühen. Ich habe tatsächlich ganz schamlos, Brady die ganze Zeit angestarrt. Verlegen wage ich noch einen Blick zu ihm. Er sieht mich breit Lächelnd an und entblößt sein Hollywoodgebiss. „Tut mir leid, ich war nur in Gedanken versunken". Bradys Mundwinkel zuckt einmal und er schaut wieder aus dem Fenster. Irgendwann schlafe auch ich ein und hoffe, dass Jason nicht müde wird. Schließlich sitzt er schon seit zehn Stunden hinter dem Steuer. Es ist schon eine verdammt weite Strecke von Missoula nach Vegas. Ich wache mit Rückenschmerzen wieder auf, aber nur, weil sich meine Schlafgelegenheit bewegt. Eine Hand, ruht auf meiner Schulter und ein Finger malt kleine Kreise auf meinen Oberarm. Sofort wird mir klar, dass ich auf meinem Sitznachbarn eingenickt bin. Oh mein Gott. Mein Herz rast plötzlich und meine Wangen brennen wie Feuer. Mein Kopf liegt auf Bradys Oberschenkel. Mist. Hastig hieve ich mich in die Höhe und starre in zwei hellblaue Gletscherseen. Dann atme ich erleichtert aus. Gott sei Dank. Das wäre echt peinlich gewesen, wenn es Brady gewesen wäre. „Wann habt ihr gewechselt", frage ich atemlos und bringe mein Haar etwas in Ordnung. Jason streckt sich ausgiebig und seine Kiefermuskeln zucken amüsiert. „Als du mit deinem Kopf auf Bradys Schoß gefallen bist. Das hält der stärkste Mann nicht aus". Ich erststarre und schaue automatisch nach vorne zu Brady, der verlegen aus dem Seitenfenster blickt. „Das stimmt doch nicht oder", frage ich irritiert. Tom der nun auch wieder unter den Lebenden verweilt und auf dem Fahrersitz Platz genommen hat, lacht ebenfalls. „Oh doch Süße, du hast Brady den Ständer seines Lebens verschafft". Am liebsten würde ich im Erdboden versinken vor Scham. Ich war doch tatsächlich mit meinem Kopf auf Bradys Oberschenkeln, ganz in der Nähe von seinem-, Oh Hilfe. „Tut mir leid Brady", sage ich kleinlaut. „Ich wollte dich nicht in Verlegenheit bringen". Jason zieht mich an sich. „Ist schon gut. Das bestätigt nur, dass ich die heisseste Braut der Welt habe". Ich küsse ihn auf seinen zuckenden Mundwinkel und lege meinen Kopf auf seine Brust. Tom ist wieder in der Verfassung, das Steuer zu übernehmen. Als Brady seinen Ständer, wieder im Griff hat, steigt er aus und holt in der Raststätte, vier riesige Becher Cappuccino. Für mich nur Koffeinfreien. „Koffein ist nicht gut für das Baby", sagt Brady und reicht mir das heiße Getränk. Unsere Fingerspitzen berühren sich und ich habe das Gefühl, dass sie es einen winzigen Moment zu lange tun. Tara hatte Recht und ich muss aufpassen. Nicht nur auf Brady. Er lässt mich auch nicht kalt, denn meine Fingerspitzen prickeln die restliche Fahrt über.

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