Hals über Kopf

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Ich trage eine Trainingshose und ein weites T-Shirt von Jason, als er mich bei Bill absetzt und solange im Auto auf mich wartet, bis ich mich umgezogen habe. Zum Glück ist Bill nicht da. Er hat heute nicht frei und ich habe am Rande mitbekommen, dass er mit diesem Brady heute Vieh verkauft. Sehr gut, denn er würde es nicht gerne sehen, wenn ich in Jasons Klamotten nach Hause komme. Seine Lebensgefährtin allerdings ist auch nicht gerade Begeistert. Zwar sagt sie nichts, aber ihre Blicke verraten sie. Wenn ich endlich genügend Geld zusammen habe, nehme ich mir vor, dass ich mir eine eigene Wohnung zulege. Das ist für alle Leichter. Für mich am meisten, denn ich kann mit nach Hause nehmen, wen ich möchte. Wobei ich eigentlich nur Jason mit zu mir nach Hause nehmen würde. Für Bill und seine Freundin ist es ebenfalls besser, da sie bald ihr Kind erwarten und ich das einzige Zimmer im Haus besetze, das als Schlafzimmer taugt. Außerdem möchte ich ihnen nicht zur Last fallen. Es war nett, von ihnen, dass sie mich aufgenommen haben. Aber das soll nicht dauerhaft so bleiben. Ich bin fast neunzehn und sollte endlich selbstständig werden. Diese Selbstständigkeit, passt eh besser zu mir, denn ich musste mich praktisch selbst erziehen und mich selbst um mich kümmern. Meine Mutter war die ganze Nacht unterwegs und kam erst am frühen Morgen nach Hause. Am Tag schlief sie. Ihr Job als Krankenschwester war anstrengend und brachte nicht genug Lohn ein. Deshalb hat sie noch für einen Escort Service gearbeitet. Ich habe seit meinem sechzehnten Lebensjahr selbst in der gleichen Firma ausgeholfen. Das gab etwas zusätzlich. Wenn meine Mutter nicht hochgradig Drogen und Alkoholsüchtig gewesen wäre, hätte unsere beiden Einkommen auch gereicht. Aber leider ist das Leben kein Ponyhof. Man muss es nehmen, wie es kommt und das Beste aus der Scheiße machen.

Ich behalte Jasons Sachen um sie zu waschen und werfe sie auf den Kleiderhaufen auf meinem Bett. Zum Glück sieht er mein unordentliches Zimmer nicht. Überall liegen Schuhe und Sachen, die ich anziehen wollte, aber für unpassend fand. Außerdem liegen überall Bücher. Sogar auf dem Boden. Ich lese viel, und wenn mir das Buch nicht gefällt, lege ich es irgendwo ab um es vielleicht später noch einmal zu probieren. Meistens mit den Selben Ergebnis. Ich entscheide mich für ein Kleid, dass ich eigentlich nicht mag. Wobei ich es eigentlich schon mag, aber noch nie die richtige Gelegenheit hatte, es anzuziehen. Das Kleid ist weiß, knapp knielang, mit großen Pinken Rosen und pastellgrünen Blättern. Es hat einen tiefen, rechteckigen Ausschnitt, der meine Brüste weit nach oben presst und wird im Rücken eng geschnürt. Dazu wähle ich hellbraune Schnürstiefel mit mittelhohem Absatz. Mein Haar flechte ich mit einem rosa Satinband in der Mitte, grob zu einem Zopf, wobei ich darauf achte, dass er nicht zu streng wirkt. Zum Schluss hänge ich mir ein goldenes Medaillon um, das ich auf einem Flohmarkt gefunden habe. Es ist uralt und war sehr teuer. Aber es sah so verloren aus, wie ich mich fühlte und ich musste es einfach haben. Weil ich durch meine Frisur schon viel Zeit vertrödelt habe, beschränke ich mein Make up auf Wimperntusche und Lipgloss. Dann stürme ich die Treppe nach unten und schnappe mir in der Garderobe meine hellbraune Lederjacke, da es ja nicht wirklich warm ist. Allerdings werde ich sie noch nicht gleich anziehen, denn ich muss erst einmal dafür sorgen, dass Jason die Spucke wegbleibt. „Du siehst schön aus". Tara kommt in den Flur und mustert mich nachdenklich. „Danke" erwidere ich und weiß nicht, was ich noch sagen soll. Wir haben noch nicht so viel geredet, weil ich nicht weiß, was ich mit ihr reden soll. Außerdem habe ich die Befürchtung, dass sie mir jetzt eine Standpauke verpassen möchte. „Was hast du mit deinem Gesicht angestellt". Sie mustert mich mit großen Augen und ich weiche ein Stück von ihr zurück, damit sie mich nicht berühren kann. „Ich hatte einen Vorfall in der Bar. Brady hat es mit zwei Stichen genäht". Tara's Augen werden noch größer. „Welcher Vorfall". Ich hebe abwehrend meine Hände „Jason hat sich darum gekümmert. Es ist alles in Ordnung". Sie beruhigt sich ein wenig. „Wo fahrt ihr hin". Ich verdrehe sofort meine Augen. Natürlich möchte auch sie mich kontrollieren. „Das geht euch beiden nun wirklich nichts an. Ich bin volljährig und außerdem mag ich Jason. Er ist nett". Sie nickt und hält mir die Haustüre auf „Hör zu, ich habe nichts gegen Jason. Aber er ist schwierig und hat viel durchgemacht. Pass einfach auf". Sie legt eine Hand auf meinen Arm und ich ziehe diesen sofort weg „Er ist überhaupt nicht schwierig. Jason ist höflich und nett und ein echter Gentleman". Tara schließt seufzend ihre riesigen, hellgrünen Augen. „Das habe ich auch nicht so gemeint. Aber er ist nicht so stark, wie du vielleicht annimmst, oder er wahrscheinlich versucht hat, dir klar zu machen. Er hat eine Menge Mist im Gepäck, genauso wie du und wir wollen dich nur vor so etwas schützen". Ich schnaube wütend. „Er hat mir überhaupt nichts versucht klarzumachen". Dann renne ich nach unten zu Jason, der aus dem Truck springt um mir die Beifahrertüre aufhält. Er nickt Tara zu und ich sehe, dass sie ihn ebenfalls kurz, mit einem verhaltenen Winken grüßt. Sie wartet allerdings nicht, bis ich im Wagen sitze und ich bin froh, dass sie dann doch nicht so kontrollsüchtig ist. Jasons Blick wandert über mich. Seine Augen leuchten. „Siehst du am Tag immer so aufgedonnert aus". Ich lache und küsse seine Wange „Ich kann auch eine zerlumpte Jeans und ein Kapuzenshirt anziehen, wenn es dir lieber ist". Er schüttelt seinen Kopf „Sie sind wunderschön, Lady". Er nimmt mir meine Jacke ab und legt sie auf den Rücksitz. Dann schwingt er sich auf den Fahrersitz. „Ich weiß eigentlich nicht, was ich mit dir anstellen kann, in diesem Aufzug". Ich lache über seine Ratlosigkeit. „Was machst du denn, wenn du nicht gerad auf einem Pferd sitzt". Er sieht mich noch ratloser an „keine Ahnung, ich sitze doch immer auf einem Pferd oder auf einem Barhocker". Er legt seine rechte Hand auf meinen Oberschenkel und drückt meine Knie leicht. Seine Hand ist warm und etwas rau „wie wäre es mit Sightseeing".

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