17
Oben sitzt schon Marvel und blickt erwartungsvoll zu Narie, welche sich gerade auf den Baum setzt. Sie ist etwas außer Atem und sofort bemerkt Marvel die blutende Wunde an ihrem Kopf. Alarmiert sieht er sie an.
»Was ist passiert?«, fragt er fast schon panisch und streckt die Hand aus. Narie sieht ihn verwundert an. Sie hatte damit gerechnet, dass er sie total anmeckern würde, da sie einfach alleine zu dem Festmahl gegangen ist, aber nichts passiert. Stattdessen zieht er nur vorsichtig ein Stück Stoff aus seiner Jacke und tupft das Blut des Schnittes ab. Doch sofort läuft neues nach.
»Ich hatte eine kleine Auseinandersetzung mit Clove.«, gibt sie nur trocken zurück und reicht Marvel stumm seinen Rucksack. Sie selber nimmt sich ihren.
»Hast du sie wenigstens umgebracht?«, fragt er dann leise, während er sich an seinem Rucksack zu schaffen macht. Narie atmet aus.
»Nun ja... sie hätte eher mich beinahe getötet. Thresh hat mir geholfen.«, antwortet sie auf seine Frage. Daraufhin erwidert er nichts mehr. Vorsichtig öffnet Narie nun das Band und betrachtet den Inhalt. Es sieht aus wie eine kleine Metalldose. Narie zieht sie aus dem Rucksack und lässt den leeren Beutel dann neben sich fallen. Marvel beobachtet sie, während sie die Dose öffnet. Genau wie sie gehofft hatte ist sie mit einer weißen Creme gefüllt. Sie trägt etwas davon auf ihren Wunden auf, nur nicht auf der Wunde an der Stirn, denn die Creme hilft nur die Wunden zu heilen, nicht die Blutung zu stillen, wie Narie an einem kleinen Stück der Wunde an ihrem Bein feststellen musste. Seufzend holt sie ein Tuch aus ihrem Rucksack, sie selber weiß gar nicht woher es kommt und drückt es auf die stark blutende Wunde an ihrer Stirn. Schnell verfärbt es sich rot. Bei jeder Bewegung des Tuches beißt sie sich vor Schmerzen auf die Zunge. Marvel öffnet nun seinen Beutel. Innerlich hofft er, dass sich etwas in ihm befindet was Narie helfen wird. Narie hat Glück, dass Thresh sie gerettet hat und danach nicht tötete, denn Thresh ist eine große Gefahr für Narie, aber auch für ihn. Er ist stark, schlau und geht in Gebiete, in die sich die anderen Tribute nicht trauen, weil sie sich dort nicht auskennen. So hat er dort die Möglichkeit solange zu warten bis sich alle anderen Tribute gegenseitig umgebracht haben. Wenn nur noch einer übrig wäre, dann müsste er nur noch warten, dass besagter Tribut zu ihm kommt und dank seines Vorteils könnte er die Spiele schlussendlich mit Leichtigkeit gewinnen.
Marvels Blick erhellt sich, als er sieht, dass sich eine Creme und ein paar neue Verbände in seinem Päckchen befinden. Sofort nimmt er die Creme heraus und öffnet sie. Es ist genau so eine Creme wie die, die er einmal im Kapitol verwendet hatte, nachdem er sich bei dem Training verletzt hatte. Sein Schnitt ist innerhalb von wenigen Tagen komplett verschwunden. Vorsichtig lehnt er sich zu Narie. Diese sieht ihn verwirrt an. Marvel nimmt etwas von der Creme auf seinen Finger und streicht Naries Wunde an der Stirn ein. Sie zuckt kurz vor Schmerzen zusammen, als seine Finger ihre Stirn berühren. Vorsichtig streicht er die gesamte Wunde ein. Diese hört innerhalb weniger Minuten auf zu bluten. Stumm sehen sich beide an.
»Danke.«, bricht Narie schließlich die Stille.
»Gerne.«, antwortet Marvel nur und lehnt sich wieder nach hinten. Sie verbringen die nächsten Stunden damit zu reden und zwischendurch essen sie eine Kleinigkeit. Doch schnell fällt ihnen auf, dass sie keine Vorräte mehr haben.
Frustriert stöhnt Narie auf. Sie hat das Gefühl, als hätte sie eben erst gejagt und schon wieder alles aufgegessen. Auch Marvel bemerkt Naries Unmut und sieht sie an.
»Ich kann jagen gehen.«, bietet er an und richtet sich etwas auf.
Während Narie spricht, holt sie ihre Flasche aus dem Rucksack. Schon beim raus nehmen bemerkt sie, dass die Flasche sehr leicht ist. Trotzdem öffnet sie sie und setzt sie an die Lippen. Doch wie erwartet ist die Flasche leer. Sie verschließt die Flasche wieder und steckt sie in den Rucksack. Marvel guckt in seiner Flasche, aber auch er hat nichts mehr.
»Geh du die Flaschen auffüllen, ich gehe jagen.«, meint Narie dann. Sie hofft, dass Marvel zustimmt, ohne, dass die beiden noch lange diskutieren müssen. Er sieht einen Moment zu ihr, zögert, doch stimmt schließlich zu. Beide Tribute klettern von dem Baum und Narie reicht Marvel ihre Trinkflasche. Dieser nimmt sie an und schärft Narie noch einmal ein, dass sie bloß vorsichtig sein soll. Das Mädchen versichert Marvel, dass sie stark genug ist sich zu wehren und zieht einen Pfeil aus dem Köcher, welchen sie sogleich einlegt. Sie laufen beide in getrennte Richtungen, er in Richtung des Sees und sie weiter in den Wald um nach Tieren zum Jagen zu suchen.
Marvel streift mit gezücktem Speer durch den Wald. Ihm ist bewusst, in welche Gefahr er sich begibt, freiwillig in die Nähe von Cato zu laufen. Aber er übernimmt diese Aufgabe lieber selbst, anstatt sie Narie zu überlassen.
Trotzdem macht er sich Sorgen, dass ihr etwas passiert. Jetzt wo Cato alleine ist, wird er sich wahrscheinlich hauptsächlich am See aufhalten, doch was ist, wenn er doch auf die Idee kommt jagen gehen zu wollen?
Marvel will gar nicht daran denken. Er weiß, dass Narie stark ist und sich sehr gut verteidigen kann, aber sie ist geschwächt. Aber Naries Reflexe wären wahrscheinlich ein Vorteil für sie. Außerdem hat Marvel bemerkt, dass Catos Schritte ziemlich schwer sind, also besteht nicht die Gefahr, dass er sich von hinten an Narie anschleichen kann. Trotzdem bleibt er weiterhin aufmerksam, ob er nicht doch etwas hört.
Als er am See ankommt, füllt er schnell beide Flaschen auf. Dann dreht er sich um und geht wieder in den Wald. An einem Busch sieht er plötzlich ein paar lilafarbene Beeren. Er pflückt ein paar und legt sie auf seine Jacke. Ihm fallen auch noch einige andere Beeren in die Augen und er pflückt diese zusätzlich. Innerlich hofft er, dass Narie sich freut, dass er auch etwas zu der Verpflegung der beiden zusteuern möchte.
Narie visiert an und ist kurz davor den Pfeil loszulassen, als plötzlich eine Kanone ertönt. Sofort schreckt sie auf und sieht sich hektisch um, so als würde sie etwas sehen können.
Ihr kommt in den Kopf, dass Marvel etwas passiert sein könnte und ohne, dass sie es will flüstert sie seinen Namen. Schnell läuft sie in Richtung des Sees, sie denkt gar nicht daran, dass Cato jeder Zeit hinter einem Baum auf sie warten könnte. Sie rennt immer schneller, bis sie auf dem Boden Marvels Jacke entdeckt. Sie will erst erfreut jubeln, doch dann sieht sie, was auf seiner Jacke liegt. Nachtriegel, das sind lilane Beeren, die sehr giftig sind. Hat er etwa von ihnen gegessen?
»Marvel?!«, ruft sie laut und läuft weiter, als sie auf einmal mit jemandem zusammen stößt. Sie will schon angreifen, doch da erkennt sie die Person. Zu ihrer Erleichterung ist es Marvel.
Doch dann sieht sie die Beeren in Marvels Hand. Wieder sind es Nachtriegel.
»Das sind Nachtriegel, Marvel! Du wärst tot ehe sie im Magen sind.«, ruft sie erschrocken, aber auch sauer. Marvel sieht kurz zu den Beeren, dann zu Narie. Er lässt die Beeren schnell fallen und wischt die Hand an seiner Hose ab.
»Wie kannst du mich so erschrecken?«, fragt Narie, noch immer völlig geschockt. Schnell legt Marvel seine Arme um sie und bettet sein Kinn auf ihrem Kopf.
»Es ist alles gut, nichts passiert.«, flüstert er und streicht ihr beruhigend über den Rücken. Langsam beruhigt sie sich wieder, atmet aber immer noch aufgeregter als normal.
»Aber wenn du nicht tot bist, wer ist es dann?«, fragt Narie dann.
Doch bevor Marvel ihr antworten kann bemerkt sie Fußabdrücke neben Marvels Jacke. Sie folgt ihnen und findet Fuchsgesicht. Sie blickt leblos zum Himmel und in ihrer Hand hält sie noch einige Nachtriegel.
»Ich hab nicht Mal gemerkt, dass sie mir gefolgt ist.«, meint Marvel traurig, als er sie am Boden liegen sieht.
»Sie war clever.«, meint Narie daraufhin nur.
»Zu clever.«, fügt er hinzu.
In diesem Moment beugt Narie sich zu Fuchsgesicht und nimmt vorsichtig die Beeren aus ihrer Hand.
»Was machst du da?«, fragt Marvel. Narie sieht mit einem leicht fiesen Grinsen zu Marvel hoch.
»Vielleicht mag Cato Beeren ja auch.«, sagt sie und packt die Beeren ein. Innerlich hofft sie schon, dass Cato sich einfach selber umbringt. Wenn nicht dann würde sie es tun.
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Fighter || Hunger Games
FanfictionTrailer: https://youtu.be/cX3TJLt0HWs Kaltherzig, stark und so gut wie tot. Das ist Alles, was man im Moment über Narie sagen kann, denn Narie wird zusammen mit dreiundzwanzig anderen Tributen für die vierundsiebzigsten alljährlichen Hungerspiele au...