21
Als Narie zum zweiten Mal an diesem Tag im Kapitolbett aufwacht, erschrickt sie nicht. Nein, dies Mal weiß sie ganz genau wo sie ist. Finnick hatte Lorena und Blight vorhin aus dem Zimmer geschmissen, damit Narie in Ruhe schlafen kann.
Dankbar hatte Narie Finnick kurzerhand umarmt und ihn dann gebeten, dass er sie alleine lassen sollte, damit sie sich schlafen legen kann. Sie hatte sich kaum ins Bett gelegt, da war sie auch schon in einen traumlosen Schlaf gefallen.
Doch als Narie dieses Mal aufwacht verspürt sie das Gefühl von Hunger. Ein Blick auf die Uhr verrät ihr, dass sie noch fast zwei Stunden Zeit hat, bevor ihr Vorbereitungsteam kommt um sie für das Interview fertig zu machen. Voller Enthusiasmus schwingt Narie ihre Beine aus dem Bett, sie verzichtet gleich darauf in Schuhe zu schlüpfen, und geht auf Socken aus ihrem Zimmer. Innerlich hofft sie, dass sie dort jemanden antreffen wird, nicht, dass sie noch lange nach jemandem suchen muss.
Sie sucht einen Moment lang das große Wohnzimmer ab, dann erkennt sie die unverkennbar roten Haare von Johanna Mason. Eilig rennt sie auf die ehemalige Siegerin zu und fällt ihr in die Arme. Johanna blickt zu Narie und erwidert die Umarmung fröhlich.
»Ich bin so froh dich zu sehen.«, meint sie und greift Narie vorsichtig an die Schultern. Dann schiebt sie sie ein Stück von sich weg und betrachtet sie. Zu ihrer Erleichterung hatte Narie in den Wochen in der Arena nicht allzu viel abgenommen, sie war dünn ja, aber nicht so, dass es gefährlich werden würde.
»Ich bin auch froh dich zu sehen.«, gibt Narie zurück, während Johanna langsam wieder ihren Blick von Narie nimmt und aufsteht.
»Der Junge aus Distrikt 1, Marvel. Er war vorhin hier und fragte, ob ihr zusammen essen wollt. Ich sagte ihm, dass ich ihm Bescheid geben würde, damit er hochkommen kann, wenn du das möchtest.«, nun blickt Johanna fragend zu der Siegerin. Narie überlegt einen kurzen Moment.
»Ja, ich würde ihn gerne sehen. Und ich habe einen wahnsinnigen Hunger.«, gegen Ende des Satzes muss sie leicht grinsen.
»Perfekt. Ich sage ihm Bescheid, dass er hochkommen soll, geh du ruhig schon einmal duschen. Sonst macht das dein Vorbereitungsteam mit dir und glaub mir, das ist echt nicht angenehm.«, Johanna zeigt mit ihrer Hand leicht in Richtung des Badezimmers. Narie nickt nur stumm.
»Du hast 20 Minuten.«, fügt Johanna dann noch kurz hinzu und geht in Richtung des Fahrstuhls.Das warme Wasser prasselt auf Naries Körper. Erleichtert seufzt sie. Ihr ist bewusst, dass sie im Hovercraft schon etwas gereinigt wurde, doch trotzdem ist das Wasser dreckig. Narie verzieht angewidert das Gesicht. Sie gibt eine extra große Portion Duschgel auf ihre Hand und reibt ihren ganzen Körper damit ein. Dann noch ein zweites Mal, bis das Wasser klar ist. Nun widmet sie sich ihren schwarzen Haaren. Auch hier gibt sie wieder eine große Menge an Shampoo in ihre Handflächen und schäumt ihre Haare auf. Wieder ist das Wasser dreckig und wieder wiederholt sie die ganze Prozedur, sodass das Wasser klar ist. Als dies der Fall ist bleibt sie noch kurz unter der Dusche stehen, wäscht sich das Gesicht und macht dann schweren Herzens das Wasser aus, denn sie weiß, dass Marvel jeden Moment hier sein müsste, da beide ja zusammen essen wollten. Als sie aus der Dusche steigt ist ihr sofort wieder kalt. Schnell rubbelt sie sich ihre Haare trocken und steckt sie hoch. Dann trocknet sie ihren Körper ab und betrachtet sich im Spiegel. Man sieht, dass sie abgenommen hatte, dessen war sie sich bewusst. Doch Narie hätte erwartet, dass es schlimmer sein würde. Man konnte ganz leicht ihre Rippen sehen, doch wenn sie wieder normal aß, dann würde sie auch wieder zunehmen.
»Narie, bist du fertig? Marvel ist da!«
Marvel betritt unsicher das Appartement von Distrikt 7. Er weiß, dass Naries Mentor gleichzeitig ihr bester Freund ist und so fürchtet er, dass er hier nicht willkommen ist, da er offiziell noch ein Karriero ist. Doch er hält Blight für intelligent genug erkannt zu haben, dass er Narie nur beschützen wollte und sich von den Karrieros abgewandt hat, weil er nicht mehr der brutale Mörder sein wollte, der er erst war. Als sich die Aufzugtüren öffnen holt er noch einmal tief Luft und betritt dann das Wohnzimmer des Appartements. Dort sieht er sich sofort Blight gegenüber. Er schluckt. Einen Moment lang ist er unsicher was er tun soll, doch dann erinnert er sich an seine guten Manieren. Er geht einen Schritt auf Blight zu und streckt ihm die Hand entgegen.
»Guten Abend Mister Jordan. Ich bin Marvel, danke, dass ich hier sein darf.« Blight blickt kurz auf seine Hand und schüttelt sie.
»Du kannst Blight zu mir sagen. Das ist das mindeste, was ich tun kann, nachdem du Narie so oft das Leben gerettet hast.«, meint er dann und lässt Marvels Hand wieder los. Marvel weiß nicht was er darauf erwidern soll. Aber zum Glück muss er dies auch nicht, denn in diesem Moment kommt Narie mit nassen Haaren aus dem Badezimmer gelaufen.
»Marvel!«, haucht sie fröhlich und er dreht sich zu ihr um. Als er ihre verstrubbelten Haare sieht muss er leicht grinsen, dann fällt sie ihm in die Arme. Doch schon nach kurzer Zeit löst sie sich von ihm und meint dann fröhlich: »Lass uns was essen, ich hab einen wahnsinnigen Hunger!«
»Gute Idee, ich auch.«, gibt er daraufhin nur zurück.
»Ich lasse euch dann mal alleine.«, meint Blight und verschwindet im Fahrstuhl. Ohne weitere Worte zu verschwenden gehen beide in Richtung Esstisch und lassen sich darauf nieder. Kurz darauf wird den beiden schon ein warmes Essen gebracht und sie beginnen erst einmal schweigend zu essen.
Das Essen wird kurz gestört, als der Fahrstuhl bei den beiden ankommt und ein fröhlicher Finnick den Raum betritt.
»Narie! Mein Gott, ich habe grade dein Kleid für heute Abend gesehen und wow, ich könnte mich glatt in dich verlieben.«, meint er und geht zu Narie um ihr einen Kuss auf den Scheitel zu geben. Sie sieht ihn skeptisch an.
»Du könntest es auch sein lassen und mir erzählen, was du hier machst.«, gibt sie nur zurück und sieht zu Marvel, welcher die Szene amüsiert beobachtet.
»Nun ja, eigentlich dachte ich, dass ich dir Gesellschaft leisten könnte, aber wie ich sehe bist du beschäftigt, also will ich gar nicht länger stören.«, gibt er nur zurück. Narie sieht kurz zu Marvel, welcher ihr ein Zeichen gibt, dass er bleiben kann, sofern Narie damit einverstanden ist.
»Bleib doch. Marvel und ich haben nichts dagegen.«, bietet sie ihm dann an und sofort schiebt er voller Enthusiasmus einen Stuhl heran und setzt sich.
»Du hast dich gut geschlagen in den Spielen.«, richtet sich Finnick nun an Marvel. Dieser sieht eine Sekunde lang ehrfürchtig zu Finnick hoch, dann guckt er wieder normal.
»Dankeschön.«, gibt er nur eingeschüchtert zurück.
»Sag Mal, Finnick?«, fragt Narie dann auf ein Mal.
»Ja?«, fragend sieht Finnick zu Narie.
»Dürfen die Sieger auch in die anderen Distrikte von Panem um jemanden zu besuchen?«, möchte sie dann wissen. Finnick nickt sofort.
»Ja, das ist erlaubt. Wieso fragst du?«
»Nun ja, wenn wir uns alle hier nicht mehr sehen, dann würde ich euch gerne besuchen, oder ihr könnt nach sieben kommen, denn ich werde euch bestimmt vermissen.«, antwortet Narie auf Finnicks Frage und blickt die beiden Jungs kurz an.
»Wir dich auch.«, kommt es von den beiden Jungs gleichzeitig zurück, woraufhin Narie grinsen muss.
»Ich gehe kurz nach Blight sehen, ja? Vielleicht will er sich ja auch noch zu uns gesellen.«, mit diesen Worten steht Narie kurz auf und sie steigt in den Fahrstuhl. Narie weiß ganz genau, dass sie Blight bei Haymitch, dem Mentor aus Distrikt 12 finden wird. Dort angekommen steigt sie aus und findet die beiden Mentoren sogleich zusammen im Wohnzimmer, beide mit einer Flasche Alkohol in der Hand.
»Blight, Haymitch. Wollt ihr mit runter kommen? Finnick und Marvel sind auch grade da.«, fragend sieht Narie zu den beiden, die zeitgleich nicken und aufstehen. Wortlos geht Narie wieder in den Fahrstuhl, die beiden folgen ihr.
»Darf ich fragen, wieso du dich mittlerweile auch besäufst?«, fragend sieht Narie zu Blight. Von Haymitch ist man gewohnt, dass er ständig betrunken ist, doch von Blight nicht mehr. Eine Zeit lang ja, aber dann ist Narie in sein Leben getreten und er hat keinen harten Alkohol mehr angerührt.
»Keine Ahnung.«, gibt Blight nur zurück und sieht sie entschuldigend an.
»Schon okay, nur bitte lass sich das von damals nicht wiederholen.«
»Nein, keine Sorge.«
Mit einem leisen Klingeln öffnen sich die Fahrstuhltüren. Das erste, was Narie sieht, ist Finnick, wie er über ihren Teller gebeugt immer wieder ein paar Pommes isst. Sofort verengt sie die Augen zu schlitzen und nimmt den Brieföffner, der neben ihr auf der Kommode liegt. Schnell wirft sie, sie trifft genau Finnicks Finger. Dieser lässt schnell die Pommes fallen und sieht sie erschrocken an.
»Rühr nie wieder mein Essen an, Odair, oder ich sorge persönlich dafür, dass du nicht mehr der begehrteste Mann Panems bist!«, Narie muss innerlich schmunzeln, als Finnick sich bei ihr entschuldigt und ihr den Teller wieder hin schiebt.
»Kluge Entscheidung.«
Haymitchs lautes Lachen ertönt.
»Guter Wurf, Süße.«, meint er nur anerkennend und nimmt einen weiteren Schluck aus seiner Flasche. Als sie alle zu Ende gegessen haben, beschließen sie, dass sie noch ins Wohnzimmer gehen, so lange bis die beiden frisch gebackenen Sieger sich für die Interviews fertig machen müssen. Später kommt dann noch Johanna dazu und sie verbringen zu sechst noch eine gute Stunde damit zu lachen und einfach nur Spaß zu haben. In diesen Minuten vergessen Marvel und Narie völlig, welches Leid sie in der Arena gesehen und ertragen haben.
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Fighter || Hunger Games
FanfictionTrailer: https://youtu.be/cX3TJLt0HWs Kaltherzig, stark und so gut wie tot. Das ist Alles, was man im Moment über Narie sagen kann, denn Narie wird zusammen mit dreiundzwanzig anderen Tributen für die vierundsiebzigsten alljährlichen Hungerspiele au...