Kapitel 19

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19

Hart prallt Narie auf dem Metall des Füllhorns auf. Sofort sieht sie sich nach dem Angreifer um. Es ist unverkennbar Cato, welcher vor ihr steht.
Er gibt Marvel eine kräftige Backpfeife, wodurch dieser stark taumelt.
In diesem Moment fällt Narie auf, wie Cato aussieht. Er hat eine Platzwunde am Kopf, sein Gesicht ist blutüberströmt. Er sieht wahnsinnig aus.
Fies grinsend kommt er auf die noch immer am Boden liegende Narie zu und hebt sein Schwert, höchstwahrscheinlich um sie zu Köpfen, als sich Marvel aufrappelt und Cato schnell zu Boden reißt.
Die beiden ringen weiter und die Mutationen im Hintergrund verstärken nochmals die Angst, die Marvel empfindet. Er muss es schaffen Narie zu retten.
Narie will Marvel gerade zur Hilfe eilen, da packt Cato Marvel und schubst ihn in Naries Richtung, sodass diese zu Boden fällt. Doch bevor Marvel nur den Hauch einer Chance hat sich in irgend einer Art und Weise zu befreien packt Cato ihn wieder und schleudert ihn zur anderen Seite auf den Boden.
Er will sich wieder aufrichten, doch Cato tritt ihm noch einmal in den Bauch und er krümmt sich kurz vor Schmerzen.
Dann dreht sich Cato zu Narie und beginnt mit dem Schwert auszuholen. Diese duckt sich noch rechtzeitig unter seinem Schwert weg und dankt Blight insgeheim für das Training ihrer Reflexe.
Doch trotzdem schafft Cato es, Narie mit dem Kopf über den Rand des Füllhorns zu drücken, wo die Mutationen sogleich zu knurren beginnen. Sie spürt, dass er ihre Luftröhre zu drückt und keucht auf. Verzweifelt schnappt sie nach Luft.
Dieses Bild lässt bei Marvel alle Schmerzen verschwinden und er springt auf. Dann hebt er Cato von Narie herunter und wirft ihn auf das harte Metall des Füllhorns.
Schnell ringt Narie wieder nach Luft und nach ein paar tiefen Zügen schafft sie es sich wieder aufzurichten. Schnell greift sie nach ihrem Bogen, im selben Moment gelingt es Cato, Marvel von hinten zu greifen und er legt seinen Arm so um seinen Hals, dass es Marvel die Luft abschnürt.
Narie richtet den gespannten Bogen auf Cato. Marvel windet sich in Catos Griff, doch er hat keine Chance. Nicht gegen Cato.
Wie ein Irrer blickt Cato nun zu Narie.
»Na los, schieß schon. Dann sind wir beide weg und du gewinnst. Tue es!«, sein Blick wird noch irrer.
»Ich bin doch sowieso schon tot. War ich von Anfang an, hm. Das weiß ich aber erst jetzt.«, Marvel windet sich immer noch, doch nicht mehr so stark. Man sieht, dass ihm die Luft immer knapper wird. Seine Augen sehen entschlossen, aber auch schmerzvoll zu Narie.
»Wie ist das? Ob sie es so haben wollen, hm?«, er dreht sich kurz zu einer Kamera und Narie verfolgt seine Bewegung mit dem Pfeil. Als er das sieht, guckt er sie kurz gespielt erschrocken an. Dann lacht er kurz irre.
»Nein, ah-ah.«
Marvel greift nach seinem Handgelenk und versucht es von seinem Hals zu nehmen um sich zu befreien, doch es gelingt ihm nicht. Er muss sich eingestehen, dass Cato stärker ist als er selber.
»Trotzdem könnte ich es tun. Ja, ich könnte es tun. Nur noch ein Mal töten. Das Einzige wovon ich was verstehe.«
Narie registriert, dass Marvel sie direkt anblickt und dann ein kleines Kreuz mit dem Zeigefinger auf Catos Handrücken andeutet.
»Damit mein Distrikt stolz auf mich ist. Es ändert sowieso nichts.«, fährt Cato fort.
Narie versteht, was Marvel ihr sagen will. Blitzschnell reißt sie den Bogen hoch und schießt den Pfeil genau in Catos Handrücken. Dieser schreit vor Schmerz auf.
Sofort windet sich Marvel aus seinem Griff, schlägt Cato in den Bauch und schubst ihn dann das Füllhorn hinunter. Augenblicklich kommen die Mutationen und zerfleischen ihn. Er schreit vor Qualen, die Mutationen knurren.
Narie und Marvel starren zu Cato, welcher immer wieder unverständliche Worte von sich gibt. Doch eines davon kann man klar hören: »Bitte!«
Narie zieht einen Pfeil aus dem Köcher, wartet kurz, bis Catos Kopf zwischen den Mutationen zu sehen ist und lässt dann die Sehne los. Cato ist augenblicklich tot.
Sofort verschwinden die Mutationen und lassen Catos leblosen Körper am Boden zurück. Narie kann gar nicht hingucken, doch trotzdem riskiert sie einen Blick auf Catos zerfetzten Körper. Man kann teilweise die Knochen sehen, er ist blutüberströmt, Fleischfetzen hängen an ihm herunter.
Dann wendet sie sich ab, zuckt noch ein Mal kurz zusammen, als die Kanone ertönt und sieht dann zu Marvel.
Das ist er nun also, der Moment den Narie nie wollte. Es sind nur noch Marvel und sie über. Einer von beiden wird gleich sterben. Einer von ihnen muss sterben.
Er umarmt sie, geistesgegenwärtig erwidert sie diese Umarmung, doch dann löst sie sich von ihm und rutscht so schnell es geht vom Füllhorn.
Innerhalb von wenigen Sekunden wird es wieder hell.
Das kurze Scheuern von Kleidung auf Metall zeigt ihr, dass Marvel ihr folgt und auch vom Füllhorn rutscht.
Sie geht noch zwei weitere Schritte, dann dreht sie sich um. Doch das, was sie sieht hat sie nicht erwartet.
Marvel steht mit ausgebreiteten Armen vor ihr und sieht sie an.
»Tue es. Erschieß mich.«, meint er. Sein Speer liegt weit weg von ihm auf dem Boden.
Narie sieht ihn geschockt an.
»Bitte was?«, fragt sie ungläubig nach.
»Erschieß mich, Narie.«, meint er noch Mal, doch auch dieses Mal ist es erschreckend zu hören, dass er sein Leben für ihres geben würde.
Sie lässt den Bogen auf den Boden fallen und geht auf ihn zu. Seine grünen Augen verfolgen jeden ihrer Schritte.
»Nein.«, meint sie und sieht ihn entschlossen an.
»Narie mach schon. Ich habe mir geschworen, dass ich dich hier raus bringe und das geht nur, wenn du mich tötest.«, meint er und sieht ihr direkt in die Augen.
Narie erwidert diesen Blick, sieht auch genau in seine Augen.
»Nein, ich kann das nicht.« Ihr ist bewusst, das ganz Panem jetzt näher an den Bildschirm rutscht.
»Du musst. Einer muss sterben, weil sie ihren Sieger bekommen müssen.«
Da hat Narie plötzlich eine Idee. Es mag die dümmste und gefährlichste Idee seit langem sein, aber das ist die einzige Lösung, damit niemand von beiden sterben muss. Oder gleich beide auf einmal.
»Müssen sie nicht. Da irrst du dich.«, gibt sie dann nur trocken zurück und zieht den Beutel mit den Nachtriegeln aus der Tasche.
»Wieso sollten sie?«, stellt sie dann die rhetorische Frage.
Als Marvel die Beeren in Naries Hand sieht, hält er schnell ihre Hand fest.
»Nein!«, meint er sofort.
»Vertrau mir.«, flüstert Narie, allerdings so, dass nur die beiden es hören können.
Schnell teilt sie die Beeren in der Hand auf. Die eine Hälfte gibt sie Marvel, die andere nimmt sie selber.
Beide sehen sich nun an.
Narie fragt sich, was es für Konsequenzen haben würde, wenn sie das hier wirklich durchziehen. Aber gleichzeitig ist sie sich auch sicher, dass die Spielmacher nicht zulassen würden, dass es keinen Sieger gibt.
Nein, dazu sind sie zu feige. Sie würde es sich nie trauen Snow ohne einen Sieger gegenüber zu treten.
»Gleichzeitig.«, meint Marvel, er hat verstanden, was Narie will. Diese nickt.
»Gleichzeitig.«
Narie sieht noch ein Mal in die Kamera, dann wieder zu Marvel. Sie sieht ihm noch einmal tief in die Augen, vielleicht das letzte Mal.
»1«, meint er und sieht auch zu ihr.
»2«, Narie hofft, dass ihr Plan aufgehen wird.
»3«, sagt Marvel nur traurig.
Dann heben beide die Hände in Richtung Mund. Naries Herz schlägt ihr bis zum Hals, genau wie das von Marvel. Immer weiter nähern sich ihre Hände ihren Mündern.
Kurz bevor die Beiden die Beeren essen ertönt eine Durchsage.
»Halt. Halt!«, Narie und Marvel halten inne.
»Ladies und Gentleman: Ich präsentiere ihnen die Sieger, der vierundsiebzigsten alljährlichen Hungerspiele.«
Einen Moment lang sehen Narie und Marvel sich fassungslos an, dann fallen sie sich beide in die Arme.
Sie hatten es geschafft! Sie leben beide, keiner der beiden musste sterben!
Marvel seufzt erleichtert in Naries Haare, er ist glücklich, dass er noch lebt, aber noch glücklicher, dass Narie ebenso lebt.
Ehe sie sich versehen kommt ein Hovercraft angeflogen und nimmt die beiden an Bord.

Fighter || Hunger GamesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt