Kapitel 29

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29

Als Narie aus dem Auto steigt würde sie am liebsten den Boden küssen. Sie hatte fest damit gerechnet, dass der Fahrer auf dem Weg ins Dorf der Sieger einen Unfall bauen würde. Schnell schnappt sie sich ihre Tasche und hängt sie sich um. Ihre Eltern würden sie in einer Stunde besuchen kommen, solange hat sie Zeit sich mit ihrer Umgebung anzufreunden, ihr neues Haus erkunden zu können. Seit ihrer Ankunft in Distrikt 7 hatte sie noch nicht mit ihnen reden können. Blight und Johanna steigen hinter Narie aus dem Auto, welches direkt vor Naries neuem Haus gehalten hat.
»Sollen wir noch mit rein kommen?«, fragt Blight und Johanna und er sehen fragend zu Narie. Diese überlegt kurz, schüttelt dann jedoch den Kopf.
»Nein. Ich komme schon klar. Aber meine Tür steht jederzeit offen für euch .«, sagt sie mit einem kleinen Lächeln, dann dreht sie sich um und geht die wenigen Stufen zu ihrer Haustür hoch. Geräuschlos öffnet sich die Tür. Als sie den Flur betritt sieht sie eine Ablage mit Schlüsseln. Es sind drei identisch aussehende Schlüssel, wahrscheinlich für jedes Familienmitglied einer. Narie stellt ihre Tasche auf die Kommode und zieht sich die Jacke aus. Mit langsamen Schritten betritt sie das erste Zimmer oben. Es ist ihr Schlafzimmer. Ein großes Doppelbett steht in ihm und ein großer Kleiderschrank. Narie ist sich sicher, dass sie den Schrank mit ihren Klamotten niemals füllen kann. Alles in allem sieht das Zimmer gemütlich aus, doch die Siegerin weiß, dass sie unbedingt noch Bilder aufhängen muss, damit aus dem Haus ein Zuhause wird. In ihrem Badezimmer steht eine Badewanne und Narie freut sich, dass sie nicht mehr in dem Kübel baden muss. Außerdem hat sie noch zwei Gästezimmer, wobei eines dauerhaft von ihren Eltern bewohnt sein wird, eine große Küche und ein Wohnzimmer. In ihrem Wohnzimmer stehen zwei Sofas, die schon von weitem wahnsinnig gemütlich aussehen. Ein Couchtisch und ein Esstisch stehen ebenso in dem Zimmer, genau wie ein Fernseher. Narie muss lächeln. Ja, hier wird sie sich wohlfühlen, da ist die sich sicher. Fröhlicher als erwartet geht Narie in den Flur und holt ihre Tasche. Mit dieser geht sie ins Schlafzimmer und beginnt ihre Sachen aus dem Kapitol in den Schrank einzuräumen. Das dauert allerdings nicht allzu lange, denn viel ist es nicht. Schulterzuckend geht Narie los um Tee zu kochen, denn ihre Eltern sind genau wie sie riesige Teefans. Doch auch diese Beschäftigung geht zu schnell rum, zu schnell steht der Tee in der Kanne gekocht auf dem Wohnzimmertisch. Narie atmet genervt aus, doch dann beschließt sie, dass sie die Zeit nutzt um sich noch etwas fertig zu machen. In ihrem Badezimmerspiegel sieht sie sich das erste Mal seit langem wieder glücklich. Ihre Augen haben wieder an Glanz zugenommen und allgemein sieht sie lebendiger aus, glücklicher. Ihre kurzen Haare liegen in leichten Wellen auf ihrem Kopf und Narie bereut es nicht, dass sie ihre Haare abgeschnitten hat. Das Geräusch der sich öffnenden Tür holt sie aus ihren Gedanken.
»Narie?«, ertönt die laute Stimme ihrer Mutter und sofort rennt Narie los. Ihre Eltern stehen unten in ihrem neuen Wohnzimmer und sehen erwartungsvoll zur Treppe. Schnell biegt Narie um die Ecke und fällt ihrer Mutter in die Arme. Sie beginnt aufzuschluchzen, ebenso wie ihre Mutter. Auch ihr Vater kann sich nicht verkneifen, dass eine Träne seine Wangen herunter rollt. Langsam lösen sich Mutter und Tochter mit Tränen in den Augen voneinander und Narie umarmt ihren Vater, nicht weniger stark als ihre Mutter.
»Ich bin so froh euch zu sehen.«, murmelt Narie.
»Wir sind auch froh dich zu sehen.«, gibt Naries Mutter zurück und Narie lächelt ihre Eltern an.
»Ich habe Tee gemacht, kommt rein.«, mit einer einladenden Bewegung deutet Narie auf den Tisch mit den gemütlich aussehenden Sofas. Ihre Eltern lassen sich auf dem einen Sofa nieder, sie selber auf dem anderen. Dann schenkt sie ihren Eltern jeweils eine Tasse Tee ein. Einen kurzen Moment ist alles ruhig, dann räuspert sich Naries Mutter.
»Und Narie? Wie geht es dir jetzt?«, fragt sie. Für jeden anderen würde die Frage sinnlos und überflüssig wirken, doch Narie weiß worauf ihre Mutter anspielt. Sie spielt auf die Tatsache an, dass sie Menschen getötet hat. Narie schluckt.
»Nun ja, ich denke es geht niemandem besonders gut, wenn er Menschen getötet hat.«, beginnt sie und nimmt einen weiteren Schluck Tee um sich selber zu beruhigen.
»Aber ich bin froh, dass ich wieder hier bin. Ich denke Blight und Johanna werden mir helfen mit den Erlebnissen aus der Arena klar zu kommen.«, enthusiastisch sieht Narie ihre Eltern an.
»Und was ist mit diesem Jungen? Marvel?«, ihr Vater zieht schmunzelnd einen Mundwinkel hoch. Überrascht sieht Narie ihn an.
»Mit dem ist gar nichts. Wir sind Freunde.«, weicht Narie der Frage aus.
»Ach wirklich?«, harkt ihre Mutter noch einmal nach. Energisch nickt Narie.
»Ja, ich stehe in seiner Schuld.«, antwortet sie diesmal mit etwas Nachdruck. Ihre Eltern nicken fast zeitgleich.
»Ja, da hast du wohl Recht. Wird er dich besuchen kommen?«, kommt dann noch vorsichtig die Frage von ihrer Mutter. Einen Moment lang überlegt Narie.
»Ja, er sagte er will mich besuchen kommen, ebenso wie Finnick.«, antwortet sie. Sie weiß ganz genau, dass ihre Eltern wissen wer Finnick ist, also erklärt sie es gar nicht erst. Naries Mutter entgleiten bei der Erwähnung von Finnicks Namen alle Gesichtszüge.
»Finnick Odair?«, fragt sie ungläubig nach. Zufrieden schmunzelt Narie.
»Ja, Finnick Odair.«, bestätigt sie. Naries Mutter muss kurz lachen.
»Wow Narie, du machst echt keine halben Sachen.«, lacht sie und auch ihr Vater muss schmunzeln. Irritiert sieht Narie zu ihr. Was meint sie damit?
»Was meinst du?«, fragt Narie sofort nach.
»Erst verstößt du gegen die Regeln des Kapitols und machst die Spielmacher lächerlich und dann ziehst du noch Finnick Odair auf deine Seite. Du weißt echt wie man Aufmerksamkeit bekommt.«, antwortet ihr Vater anstelle seiner Frau.
»Ich... Finnick war schon bevor ich das gemacht habe auf meiner Seite!«, Narie startet einen verzweifelten Versuch sich zu rechtfertigen, doch daraufhin lachen ihre Eltern noch mehr.
»Ist doch egal, Fakt ist, dass du dich scheinbar gut mit Finnick verstehst, was mich zugegeben sogar etwas wundert.«, meint ihre Mutter dann. Irritiert sieht Narie sie an.
»Wieso wundert dich das?«, skeptisch sieht Narie zu ihr.
»Nun ja, ich dachte immer Finnick wäre eingebildet, aber wenn du dich mit ihm verstehst, dann kann er ja nicht so übel sein.«, meint sie daraufhin nur und grinst leicht. Narie schmunzelt.
»Nein, er ist überhaupt nicht so wie er im Fernsehen ist.«, antwortet sie dann.
»Er ist ziemlich nett und hilfsbereit gewesen.«, fügt sie dann noch hinzu und denkt an den Tag wo sie Enobaria die Nase gebrochen hatte und Finnick sich sofort vor sie gestellt hat, als Brutus Anstalten gemacht hat sie anzugreifen. Oder der Abend, als sie mit ihm zusammen Blights Spiele gesehen hatte und er ihr zugehört hat, als sie sich diese ganze Sache mit Blight vom Herzen geredet hat. Ja, Finnick ist ein guter Freund, auch wenn sie sich erst so kurz kennen, das weiß Narie.
»Wirklich?«, fragt Naries Vater mit hochgezogener Augenbraue nach.
»Ja. An dem Tag der Interviews meinte er zur Verabschiedung, dass wir uns nach den Spielen sehen. Und seitdem haben wir uns jeden Tag gesehen, er hat mir geholfen, als ich einen Albtraum hatte.«, erklärt Narie und sieht ihre Mutter an, welche jetzt sanft lächelt.
»Dann freue ich mich ihn kennen zu lernen.«, sagt sie dann noch.
»Er meinte er möchte in naher Zukunft noch herkommen, er will mir schwimmen beibringen.«, meint Narie daraufhin.
»Das ist nett von ihm.«, muss sich nun auch Naries Vater eingestehen. Es gefällt ihm nicht, dass es ausgerechnet Finnick Odair, der begehrteste Mann Panems sein muss, mit dem sich Narie angefreundet hat, doch das was sie so von ihr gehört hat klingt überhaupt nicht nach jemandem der schlecht für Narie ist. Den ganzen Nachmittag reden Narie und ihre Eltern über alles mögliche, bis sie schließlich fast auf dem Sofa einschläft.
»Ich bin müde und würde gerne schlafen gehen, tut mir Leid.«, meint Narie nach einiger Zeit und ihre Eltern lächeln sie an.
»Natürlich Schatz, kein Problem.«, meint ihre Mutter.
»Ihr könnt hier schlafen, wenn ihr wollt.«, meint Narie dann noch während sie aufsteht. Ihre Eltern wechseln einen kurzen Blick und stehen dann auch auf.
»Okay, danke.«, sagt ihr Vater und beide drücken Narie einen Kuss auf die Wange. Narie hatte ihren Eltern vorhin das Haus gezeigt, deshalb wissen sie schon wo alles ist und in welchem Zimmer sie schlafen können. Narie geht die Treppen nach oben und lässt sich sofort ins Bett fallen. Ihr fehlt die Kraft noch ins Badezimmer zu gehen. Schnell schläft sie ein.

Fighter || Hunger GamesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt