Kapitel ~8~

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Schweissgebadet wache ich am nächsten Morgen auf. Mein Puls fühlt sich an, als wäre er auf 180 und mein Herz schlägt so stark und heftig, dass ich glaube, es würde jeden Moment aus meiner Brust springen und davon hüpfen.
Ich versuche mich zu beruhigen, was mir aber sichtlich schwer fällt, da ich, jedes Mal wenn ich die Augen schliesse, wieder diese unheimliche Gestalt, diesen unheimlichen Jungen mit denselben Augen die auch Damien hat, vor Augen sehe.
Ich stosse die Decke von mir runter und eile ins Badezimmer, um mir die Sorgen aus dem Gesicht zu waschen.
Eiskaltes Wasser kommt aus dem Wasserhahn und landet in meinem Gesicht, in der Hoffnung ich könnte die Erinnerung daran auf diese Weise wegspülen.
Mit zitternden Beinen gehe ich zurück in mein Zimmer und ziehe mir die Sachen von gestern an. Ich habe heute keine Lust, etwas frisches aus dem Schrank zu grübeln, denn das Wetter ist heute genau gleich wie gestern. Naja mehr oder weniger...
Meine Haare binde ich zu einem Messy-Bun zusammen. In der Küche sehe ich weder Mom noch Finn, was mich verwundert. Bei Mom überrascht es mich weniger aber Finn? Er ist immer vor mir in der Küche und oft schon am zweiten oder dritten Teller Frühstück dran...
Bevor ich anfange, etwas zu essen, gehe ich zurück nach oben und sehe in Finns Zimmer nach, ob er da ist und... Oh Gott sei Dank er schläft noch.
Langsam gehe ich zu ihm und setze mich auf die Kante seines Betts. Ich streiche ihm sanft über die Wange und merke dabei, dass er ein wenig vor Wärme glüht. Ich lege meine Hand an seine Stirn und merke, dass er sehr hohe Temperatur hat, wenn nicht sogar ein wenig Fieber.
Deshalb also ist er noch im Zimmer und schläft. Mom muss schon nach ihm gesehen haben. Aber hätte sie mir dann nicht eine Notiz hinterlassen?

In der Schule kann ich mich kaum konzentrieren, da mir dieser seltsame Traum noch immer in Fetzen durch den Kopf geht. Ich starre die ganze Zeit mit einem abwesenden und vermutlich leeren Blick zum Fenster hinaus. Plötzlich holt mich ein lautes Klatschen zurück.
"Miss Johnson! Würden Sie mir bitte sagen, was da draussen so viel interessanter ist, als mein Unterricht?"
"Ich äh... Es tut mir Leid... Es wird nicht... nicht wieder vorkommen..." Ich kriege den Satz nur mit Mühe in einer halbwegs ruhigen Stimmlage heraus. Von der Seite her sieht mich Damien an und scheint zu merken, dass etwas nicht stimmt.
Ich ignoriere es und versuche mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Denn ein zweites Mal ermahnt werden vom Lehrer, darauf kann ich bestens verzichten.
Am Mittag in der Cafeteria sehe ich Vera und Adam bereits an einem Tisch sitzen. Ich nehme einen Teller mit dem, was sie hier Lasagne nennen und setze mich zu ihnen.
"Hey ihr zwei. Vera ich hab dich gestern ziemlich vermisst..." sage ich und sehe Vera an, aber die scheint mich nicht wahrgenommen zu haben, denn sie ist in ein Gespräch mit Adam verwickelt. Auch er scheint mich noch nicht bemerkt zu haben.
Ich stupse sie an, doch sie reagiert nicht.
"Vera?" Ich erhalte keine Antwort. Ich warte eine Weile und fange an zu essen. Vielleicht beenden sie ihr Gespräch ja gleich und bemerken mich dann. Ich warte erst fünf Minuten, dann zehn und schliesslich fünfzehn Minuten.
Langsam wird es mir zu bunt. Ich drücke ihr meinen Ellbogen in die Seite.
"Aua!" Na endlich reagiert sie.
"Aria kannst du nicht vorsichtiger sein?!" Was ist denn mit Vera los? Sie hat mich noch nie so angezickt! "Entschuldigung aber du hast vorhin nicht reagiert, als ich dich angestupst habe..."
"Na und? Ich bin in ein Gespräch vertieft, also unterbrich mich nicht!" Irgendetwas ist hier falsch. Vera würde nie so mit mir umgehen. Niemals.
"Adam?" Ich sehe ihn hilfesuchend an, doch er ignoriert meinen Blick. Noch gestern war er auf der Eifersuchtstour wegen Damien und heute bin ich Luft?
"Adam!" Aber auch dieses Mal ignoriert er mich.

Ich nehme mein Tablett und verräume das Geschirr. Dann verlasse ich die Cafeteria und gehe zu meinem Schliessfach. Als ich es öffne fällt mein Blick auf das Foto, dass ich vor Jahren reingeklebt habe. Darauf sind Vera und ich an unserem ersten Schultag zu sehen.
Sie hatte zwei Zöpfe und ich einen Pferdeschwanz. Ich nehme das Bild heraus und schaue es kurz nochmal an bevor ich es wieder zurück an seinen Platz klebe. Plötzlich erscheint Damien wieder wie aus dem Nichts neben mir.
"Damien! Hör auf damit! Irgendwann bekomme ich noch einen Herzinfarkt wegen dir!!!" Wütend schnaube ich, aber es scheint ihn nicht zu beeindrucken. Er sieht mich erst mit seinem nervtötenden, aber dennoch charmanten Lächeln an, bis es schwindet und er ernst drein schaut.
"Aria..." Er hält kurz inne.
"Was war heute los im Unterricht?"
"Das geht dich nichts an!" sage ich zickiger als gewollt. Er sieht mich etwas verletzt an und in seinen Augen spiegelt sich dieses Gefühl wieder.
"Tut... Tut mir Leid, ich wollte dich nicht so anzicken... Es ist einfach... Ich... Ach, ist egal." Damien sieht mich mit einem Blick an, der mehr sagt, als Worte es könnten. In seinen Augen sehe ich... Besorgnis?
"Es ist nichts." sage ich anschliessend und schliesse mein Schliessfach.
Ich will gehen, doch er hält mich am Handgelenk zurück. Sofort spüre ich wieder dieses Kribbeln auf der Haut, wenn er mich berührt und eine wohlige Wärme breitet sich in mir aus.
"Warte." sagt er und dreht mich um, sodass ich ihn wieder ansehe.
"Aria, wenn dich etwas bedrückt, dann kannst du es mir sagen, ok?" Es überrascht mich ein wenig, so etwas von ihm zu hören. Ich weiss nicht, was ich sagen soll, daher nicke ich schweigend und sehe, wie seine Augen zu funkeln beginnen, als hätte jemand damit begonnen, ein Licht direkt auf sie zu richten.
Langsam lässt er mein Handgelenk los, aber das Kribbeln spüre ich noch immer. Damien sieht mich noch immer an und ich sehe, wie sich seine Brust gleichmässig hebt und senkt.
Er setzt wieder sein nervtötend aber charmantes Lächeln auf.
"Süsse hast du Lust nach der Schule etwas zu unternehmen?" Ich schweige und sehe ihn einfach nur an. Wie ausgewechselt ist er jetzt wieder der Macho, der mir am Anfang der Woche begegnet ist.
Aber bei genauem Betrachten fällt mir auch erst jetzt auf, wie Damien einen perfekten Beschützer abgeben würde. Die Fürsorge die er mir gerade eben gezeigt hat, und seine Offenheit gestern...
Erst will ich 'Nein' sagen, aber dann muss ich daran denken, wie Vera und Adam sich in der Cafeteria mir gegenüber verhalten haben. Sie haben mich kaltherzig ignoriert, als hätte ich ihnen etwas zuleide getan.
"Ich... Gern" bringe ich hervor und Damiens Mundwinkel springen noch weiter nach oben.
"Super!" Seine Stimme ist wie Seide in meinen Ohren.
"Dann hol ich dich gleich nach der Schule ab, nachdem du deine Sachen weggelegt hast oder was du sonst noch zu tun hast, und dann gehen wir ins Kino!" Er grinst mich breit an und am liebsten würde ich dahinschmelzen, reisse mich aber zusammen, es nicht zu tun.
Ausserdem... habe ich einen Freund, wenn auch der mich gerade wie Luft behandelt aber trotzdem.

Unsterbliche LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt