Kampf im Zug

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Argus brachte uns zum Zug-Bahnhof, aus mir unerklärlichen Gründen weigerte Percy sich vehement innerhalb von New York einen Bus zu nehmen. Sobald wir ausgestiegen waren, machte Argus kehrt und hinterließ uns eine große Staubwolke. Ich sah die anderen verwirrt an, doch die schienen auch keine Idee zu haben was mit Argus los war. Wir kauften uns Tickets - ich weiß nicht mehr wohin wir überhaupt wollten, wahrscheinlich nach Westen - und nachdem wir uns in einem Abteil hingesetzt hatten, wurde ich allmählich wieder ruhiger. Das fand allerdings ein jähes Ende als ich mir die letzten Fahrgäste, die in unser Abteil gestiegen waren, etwas genauer ansah. Sie hatten zwar verschiedenfarbende Strickhüte, Taschen mit Paislymuster, Spitzenhandschuhe und zerknitterte Samtkleider an und hatten weder lederne Flügel noch flammenumzüngelte Peitschen, aber ich erkannte sie dennoch an ihren überaus hässlichen Gesichter: die Furien.

Ich würde ja gerne sagen, dass ich ganz cool blieb, aber das wäre eine sehr große Lüge. Denn in Wirklichkeit erstarrte ich und umfasste Percys Knie so fest das ich mir sicher war, er musste einen Aufschrei unterdrücken. >Was ist?<, fragte er mich. Ich konnte nicht antworten, deshalb zeigte ich den Mittelgang hinunter. Percy sah in die von mir angegebene Richtung, nach einigen Sekunden weiteten sich seine Augen. >Das kann nicht sein<, murmelte er. Ich fand meine Stimme wieder und fragte:

>Was machen wir jetzt?< Percy sah mich nicht an, aber ich konnte merken wie sich alle seine Muskeln verkrampften. Da fiel mir ein das auch Percy mit den Furien schlechte Erfahrungen gemacht hatte - sie hatten versucht ihn mit zwölf umzubringen - aber das war Jahre her, ich dachte über so etwas kommt man als Halbgott schnell hinweg. Anscheinend hatte ich mich da geirrt. Percy flüsterte etwas nach hinten, was ich nicht verstand, und Annabeth, die zusammen mit Fabian hinter uns saß, antwortete ebenso leise. Sie reichte Percy etwas. Danach schien er sich gewaltig zu konzentrieren und nach ungefähr einer Minute hörte ich Grover gerade so laut sagen "Ist gut" das ich es verstehen konnte. >Was habt ihr miteinander ausgeheckt?<, fragte ich Percy.

>Hör gut zu, ich erklär es nur einmal. Du setzt die Mütze deiner Sweatshirt- Jacke auf und schau bloß nicht hoch. Grover stellt sich schlafend, Annabeth tut so als wäre sie in eine Zeitung vertieft, Fabian kennen sie nicht und ich setze die Tarnkappe von Annabeth auf und versuche sie mit einem Ablenkungsmanöver von hier wegzulocken oder zwinge sie dazu auf mich zu achten. Wenn das passiert zieht ihr die Notbremse und verschwindet. Kümmert euch nicht um mich, ich komme dann nach<, antwortete Percy. Ich wollte gerade wiedersprechen, da verschwand er auch schon. Somit blieb mir keine andere Wahl als den Plan zu befolgen.

Ich musste mich echt beherrschen um nicht vor Angst anzufangen zu weinen. Alle waren immer der Meinung das ich kein Herz und keine Gefühle hatte, da ich nie weinte, nur selten richtig lachte und auch nie Wutausbrüche hatte, aber das stimmte nicht. Ich zeigte meine Gefühle nur nicht wenn andere dabei waren, ich wollte nicht schwach und angreifbar wirken oder anderen zeigen wie es in mir drin wirklich aussah. Doch die Wahrheit war, dass ich mich schon viel zu oft in den Schlaf geweint hatte, viel zu oft war ich schon in den Wald gegangen, weil ich es zu Hause nicht mehr lange ausgehalten hätte ohne nicht rumzuschreien oder sogar um mich zu schlagen. Und einen wirklichen Grund zum Lachen hatte ich schon seit Jahren nicht mehr gehabt. Dennoch hatte ich große Mühe meine Empfindungen zurückzuhalten, wie zum Beispiel als die Furien an mir vorbeigingen. Ich versteckte mein Gesicht hinter meiner Kapuze und tat so als wolle ich einschlafen. Es schien zu funktionieren, die Furien gingen an mir vorbei ohne mich eines Blickes zu würdigen. Doch ich hatte das Gefühl, dass irgendetwas gewaltig schief laufen würde.

Ich dachte gerade, vielleicht habe ich ja doch mal Glück, da wurde es auf einmal stockdunkel im Abteil. Noch bevor meine Augen sich auch nur ein bisschen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, fasste eine Klaue mit sehr langen Krallen von hinten an meine Kehle. Die Klaue drückte so fest zu das ich keine Luft mehr bekam und zog mich von meinem Sitz hoch, sodass nicht einmal mehr meine Füße den Boden berührten. Ich brachte keinen Ton raus. Ich bekam Panik, meine Lungen brannten und mir wurde allmählich schwarz vor Augen. Doch anstatt mir an die Kehle zu fassen und zu versuchen den Griff zu lockern, fuhr meine rechte Hand wie ferngesteuert in meine Hosentasche. Meine Finger berührten den Füller, den ich von Chiron bekommen hatte. Ich umfasste ihn fest und holte ihn aus meiner Tasche. Ich hoffte inständig das die anderen mir helfen würden, schließlich hatte ich keine Ahnung in wie weit mir der Füller helfen sollte. Doch keiner der anderen versuchte mir auch nur zu helfen. War ja klar, dachte ich, auf andere zu vertrauen hat doch noch nie bei mir geklappt. Also hoffte ich, dass der Füller dieselben Fähigkeiten wie Percys Kugelschreiber haben würde. Ich drehte die Seite wo die Kappe war nach hinten und schob die Kappe runter. Diese fiel auf den Boden, während in meiner Hand ein Schwert wuchs. Es durchbohrte die Furie hinter mir und der Griff um meinen Hals verschwand.

Ich fiel zurück auf meinen Sitz und hustete und würgte, lechzte nach Sauerstoff. Nachdem ich wieder einigermaßen Luft bekam, sah ich mich hektisch um und wusste warum mir niemand geholfen hatte. Die anderen hatten auch ziemliche Probleme. Grover half Fabian eine der Furien in Schach zu halten, Annabeth hatte die andere übernommen und von Percy fehlte jede Spur. Die anderen Fahrgäste kreischten wie am Spieß und das verblüffte mich nun doch, denn eigentlich sollte der magische Nebel alles Mystische und unsterbliche verschleiern. Sterbliche Gehirne können nur Sachen wahrnehmen, die sie verstehen können, wenn etwas passiert wie zum Beispiel das komische Wesen mit Fledermaus Flügeln, langen Krallen und lodernde Peitschen ein Haufen von Teenagern angriffen und versuchten diese zu töten, nun ja dann sahen die normal Sterblichen wahrscheinlich nur alte Großmütter die von ein paar Kriminellen oder Terroristen angegriffen wurden. Tja, ihr könnt euch sicherlich denken, dass das nicht nur ein reiner Vorteil war.

Ich hörte einen Schmerzensschrei aus der Richtung von Grover und Fabian. Dieser Schrei jagte mir einen solchen Schauer über den Rücken, dass mein Herz einen Schlag aussetzte. Ich fuhr herum und sah Grover der eine ziemlich lange und tiefe Wunde hatte, sein ganzer Arm war von Blut überströmt. Ich musste eingreifen, allein würde Fabian es niemals schaffen die Furie zu besiegen, dass wusste ich. Also rappelte ich mich auf und lief von hinten auf die Furie zu. Sie bemerkte mich erst als mein Schwert ihr den Rücken aufschlitzte. Sie verfluchte mich auf Alt-Griechisch und zerrann danach zu Sand. Hätte ich nicht noch Grover's blutende Wunde vor Augen, wäre ich verblüfft stehen geblieben, stattdessen lief ich zu Grover, zerriss mein T-Shirt unten am Saum und band den Stofffetzen um seinen verletzten Arm. >Geht es dir gut?<, fragte ich ihn.

>Ja, aber wir müssen Annabeth helfen und dann nichts wie raus hier!<, antwortete Grover. Ich nickte und half ihm auf. Wir stellten fest, dass Annabeth aber gar keine Hilfe brauchte. In dem Moment in dem wir bei ihr ankamen schlitzte sie die letzte Furie auf.

>Geht's euch gut?<, fragte sie und wir nickten. Wir holten unsere Taschen und wollten gerade die Notbremse ziehen, als wir aus dem nächsten Abteil Kampfgeräusche hörten.

>Das muss Percy sein<, meinte Grover und bevor auch nur jemand von uns reagieren konnte, rannte Annabeth los. Wir anderen sahen uns einmal an und liefen ihr hinterher.

Ihr kennt doch diese Redewendung "zu Stein erstarrt", oder? Wenn man Zeuge eines Mordes oder so wird? Tja, als ich im nächsten Abteil sah gegen wen Percy kämpfte, da erstarrte ich wirklich zu einem Stein. Die Wesen, gegen die er kämpfte, hatten Hühnerfüße, aus ihrem Mundwinkeln ragten Wildschweinhauer, ihre Augen glühten rot und das einzige was die beiden voneinander unterschied waren ihre Haare. Die eine hatte ein Nest aus Korallenschlangen auf dem Kopf und die andere ein wimmelndes Nest aus hellgrünen Schlangen. Ich wusste wer sie waren: Gorgonen. Sie zu sehen hätte mich eigentlich nicht mehr schockieren sollen als die Furien, aber der Schock das es Götter, Satyrn, Furien, Gorgonen und Halbgötter und alles andere wirklich gab, setzte erst in diesem Moment ein und ließ mich erstarren. Ich wusste das die anderen mich anschrien, ich solle mich bewegen und das sie meine Hilfe brauchten, doch ich konnte mich nicht bewegen. >Bring sie in Sicherheit<, sagte Annabeth zu Fabian und gemeinsam mit Grover kam sie Percy zur Hilfe. Fabian schubste mich in eine freie Sitzreihe, als irgendetwas an uns vorbei flog. Das rüttelte mich auf.

>Fass mich nicht an!<, fauchte ich Fabian an. Ich rappelte mich auf und sah, dass einige der Sterblichen verletzt waren. Wir mussten raus aus diesem Zug.

>Ich wollte nur helfen<, meinte Fabian.

>Wenn du unbedingt helfen willst, dann zieh die Notbremse!<, schrie ich ihn an und er machte sich auf die Suche danach. Den anderen erging es nicht sehr gut. Percy blutete am Kopf, Annabeth und Grover, die beide schon von dem Kampf mit den Furien lädiert waren, waren schon total erschöpft und hatten mehr als nur eine Verletzung. Sie würden nicht mehr lange durchhalten, ohne die Sterblichen in Gefahr zu bringen. Der Zug bremste so plötzlich ab, dass alle Fahrgäste in ihren Sitzen nach vorne geschleudert wurden. Alle, die standen, verloren das Gleichgewicht und fielen hin, selbst die Gorgonen. Ich stand wieder auf, Fabian stand an der Tür nach draußen und drückte gerade auf den Knopf, der die Tür öffnen sollte.

>Leute! Kommt schon!<, schrie er nach hinten, als die Tür sich öffnete. Wir rannten hinaus und hofften, dass die Gorgonen jetzt, da wir weg waren, die normalen Fahrgäste in Ruhe ließen.




Für den Olymp - Das Kind der Verbindung      *wird überarbeitet*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt