9 | Enttäuschung

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Ich musste auf dem schnellsten Weg zum Chemiesaal und mit Sina etwas vorbereiten, doch ich konnte sie nirgends finden. In der Klasse war sie nicht und bei den Toiletten auch nicht. War sie etwa schon ohne mich gegangen? Ich gab es auf, noch auf sie zu warten falls sie hier noch irgendwo war und ging die Treppen hoch. Miss Brown hatte ich heute noch nicht gesehen. Die Vertretung hatte gemeint, dass sie einen Termin oder ähnliches hatte. Ich stieg Treppe für Treppe hoch und als ich beim Gang ankam, fiel mein Blick weiter nach hinten, and Ende des Ganges, wo zwei Personen lehnten. Ich hätte es mit einem Schulterzucken abgetan, doch plötzlich drehte sich eine Person mit blonden Haaren um und erblickte mich. Mir stockte der und ich blieb vor Überraschung stehen. War das Miss Brown? Tatsächlich. Sie wirkte auf einmal irgendwie zerstreut nachdem sie mich eine Weile angesehen hatte und wippte mit einem Fuß. Neben ihr stand noch jemand, ein braunhaariger Mann -Vielleicht ein Lehrer? Hatte die Vertretung nicht gesagt, dass Miss Brown einen Termin hatte oder war der etwa schon vorüber? Der Mann blickte nun auch zu mir her, er wirkte ziemlich ernst und ich bildete mir ein, ihn hier noch nie gesehen zu haben. Er rückte seine Brille zurecht und jetzt starrten mich beide an. Warum? -Oh...! Ich hatte hier schon eine ganze Weile herum gestanden und zu ihnen gestarrt. Beschämt wandte ich mich ab und ging schnell in die andere Richtung weiter. Manchmal könnte ich mich selbst ohrfeigen - Wie auffällig konnte ich mich denn noch verhalten? War doch klar, dass die beiden sich jetzt schon ihren Teil dachten. Ich war wie ein kranker Psychopath..!

Als ich das Ende des Ganges erreicht hatte, bemerkte ich, dass das eigentlich ein Umweg gewesen war und so musste ich die Treppen nehmen um zum Saal zu kommen und dann klingelte es auch schon. Verdammt, ich hatte Sina ganz vergessen! Wir mussten doch heute dieses Projekt vorstellen!! Während ich den Gang entlang stürmte, entschied ich mich für die Ausrede, dass mir schlecht war, wenn Mr Moser schon da war. Etwas besseres wusste ich im Moment gerade nicht. Keuchend erreichte ich die Türe zum Chemie Raum und riss sie auf. Alle sahen mich an. Nicht schon wieder... Wie peinlich.

"Entschuldigung....Mir war schlecht und ich war auf der Toilette", sagte ich vorsichtig und blickte betreten zur Seite.

Mr. Moser sah mich einen Moment nachdenklich an, nickte aber dann verständnisvoll. "Gut, dann setz dich bitte. Wenn du noch etwas brauchst dann melde dich einfach" Dankbar nickte ich und huschte in die letzte Reihe. Getuschel von Sarah und Kim war zu hören. "Nicht auch noch das!", dachte ich frustriert und setzte mich. "Wahrscheinlich lästern die schon wieder über mich"

"Sina und du hättet eigentlich heute eine Präsentation", fuhr Mr Moser fort, "Aber ich möchte heute unbedingt noch einen gewissen Stoff durchnehmen. Ich hoffe, es ist okay, wenn ihr das nächstes mal macht"

Ich konnte mein Glück kaum fassen und Sina und ich nickten fast gleichzeitig.

"Gut, dann hätten wir das auch. Bitte schlagt die Bücher auf Seite 56 auf"

"Hey Aly, ist alles okay mit dir?", flüsterte mir Luana zu, die rechts neben mir saß, was ich gar nicht bemerkt hatte.

"Ja, ich wurde nur aufgehalten"

Sie kicherte leise: "Achso, verstehe"

Die nächsten Stunden zogen sich dahin und ich war wirklich froh, als die letzte Stunde vorüber war. Auf dem Flur blickte ich mich nochmals um, aber keine Spur von Miss Brown. Ich verabschiedete mich schnell von meinen Freundinnen und machte mich auf den Heinweg. Zu Hause angekommen, bemerkte ich, dass meine Eltern nicht zu Hause waren. Das war in letzter Zeit keine Seltenheit mehr. Mir kam auch vor, dass ich mit der Zeit immer trauriger wurde...

Lustlos versuchte ich ein paar Hausübungen zu erledigen, aber ich gab es bald wieder auf und widmete mich meinem Handy.

Ich scrollte lustlos bei meinen Bildern umher bis ich dann unabsichtlich dieses eine Bild, das Luana von mir geschossen hatte anklickte. Mein Blick fiel auf Miss Brown, die im Hintergrund abgebildet war. Seufzend betrachtete ich sie; mir schwebten so viele Fragen im Kopf umher, keiner konnte sie beantworten. Doch ich konnte einfach nicht anders, als ich Miss Brown auf dem Bild betrachtete, stieg in mir ein warmes Gefühl auf. Diese Frau stellte so viel mit mir an und ich hasste mich dafür, dass ich sie liebte.

Meine Mathelehrerin.

Unbreak my Heart | girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt