"Sperrt sie in ihr Zimmer! Ich widme mich ihr später", wies der Mann mit den gelben Augen sein Gefolge an und sie schubsten Avina durch die Gänge, bis in ihr altes Zimmer. Sie wurde mit einem kräftigen Stoß in das Zimmer katapultiert und landete auf dem Boden. Die Tür hinter ihr wurde abgeschlossen. Sie hatte nicht die Kraft aufzustehen. Sie weinte und weinte einfach unerbittlich. Avina konnte nicht glauben, was da passiert war. Sie konnte einfach nur ihren Tränen freien Lauf lassen und als sie sich nach Stunden langsam beruhigt hatte, setzte sie sich auf. Der Mann hielt sie definitiv für keine Bedrohung. Er hatte ihr nichtmal ihr Schwert abgenommen. Allerdings wäre das unnötig gewesen. Ihre Zimmertür war dick und das Fenster zu hoch um hinaus zu klettern. Sie war gefangen und diesem Mann hilflos ausgeliefert. Wer war er? Und was hatte er mit ihr vor? Würde er sie töten, so wie ihre Eltern? Avina konnte nicht glauben, dass sie wirklich tot waren. Die Vorstellung war wie ein Stich ins Herz und noch schlimmer, weil sie wusste, dass es nicht einfach eine Vorstellung war. Es war bittere Realität. Sie riss sich zusammen und versuchte ihre nächsten Schritte zu planen. Dabei beschloss sie ihr Schwert zu verstecken. Wenn der selbsternannte neue König seine Meinung doch noch ändern würde, sollte er es ihr nicht wegnehmen können. Sie kniete sich auf den Boden und kroch ein Stück unters Bett. Irgend ein Handwerker, dachte wohl mal, er spart sich die Arbeit die Dielen zu reparieren und stellte einfach das Bett darüber. Zwei konnte man raus nehmen. Avina hatte als sie klein war, alles mögliche dort versteckt. Unter anderem ihr Tagebuch. Zu ihren Glück waren die Dielenbretter lang genug, um auch ein Schwert darunter zu verstecken. Sie legte es in die Lücke im Boden und schob die Bretter wieder zusammen. Dann stand sie auf und klopfte sich den Staub ab. Sie musste irgendwie hier raus und obwohl ihr die Höhe bewußt war, schaute sie aus dem Fenster. Sie befand sich in einem Turm, gute neun Meter über dem Boden. Selbst wenn sie ihr Betttuch und die Decke zusammenband hatte sie höchstens vier Meter. Ihr Schrank war zwar voller Kleidung, doch die war viel zu fein und würde sofort reißen. Es gab keinen weiteren Weg, also setzte sie sich deprimiert aufs Bett und fragte sich, wie sie in diese auswegslose Lage gelangt war. Sie zog ihre Beine an sich und legte den Kopf auf ihre Knie. So saß sie eine Weile da, eh sie schließlich in einen traumlosen Schlaf fiel.
Geweckt wurde sie von dem Quitschen der Tür. Avina sprang sofort auf. Bereit sich zu verteidigen, aber sie wurde nicht angegriffen. Zumindest nicht wirklich. Sie hier einzusperren, war ihrer Definition nach ein Angriff. Sie könnte versuchen, den relativ kleinen Mann zu überrumpeln, aber hinter ihm stand noch ein zweiter. Er war um einiges kräftiger und allein die Tatsache, dass sie in der Überzahl waren, ließ Avina zögern. Die beiden kamen zu ihr ins Zimmer und verlangten von ihr die Arme auszustrecken. Der größere Mann hatte Eisenketten über der Schulter hängen. Offensichtlich wurde sie doch nicht als so harmlos angesehen, wenn sie versuchen wollten sie zu fesseln. Doch da machte Avina nicht mit. Sie verpasste dem Kleinen vor ihr einen ordentlichen Tritt zwischen die Beine und versuchte schnell an dem Großen vorbei zu schlüpfen. Sie rannte, als würde sie eine horde tollwütiger Hunde verfolgen und brachte Abstand zwischen sich und die beiden Männer. Avina konnte keine Schritte hinter sich hören. Wurde sie nicht verfolgt? Sie wunderte sich einen Moment, doch dann begriff sie, warum. Sie war den falschen Gang entlang gerannt und stand nun in einer Sackgasse. Sie hätte aus dem Fenster springen können, doch das hätte sie vermutlich nicht überlebt und wenn doch in einen Zustand in dem sie unmöglich davon laufen könnte. So konnte sie nur auf das Ende des Ganges starren und sehen wie die beiden wütenden Kerle immer näher kamen. Der Kleinere, immer noch größer als Avina selbst, verpasste ihr einen Schlag ins Gesicht. Das war die Rache für ihren Tritt und ihre Wange brannte wie Feuer. Dann hielt er sie an den Haaren fest um ein erneutes Weglaufen zu verhindern und der andere packte ihr Handgelenk, um ihr die Fesseln anzulegen. Avina wehrte sich und schlug mit der anderen Hand immer wieder nach ihm, doch ihm schien das gar nichts auszumachen. Er hatte einen Griff wie eine Schraubzwinge und schon bald war ihre zweite Hand an der Reihe.
Mit aneinander geketteten Händen betrat sie also anschließend den Thronsaal. Die Leichen waren auf einen Haufen geworfen worden und Avina kam gerade herrein, als wieder eine heraus getragen wurde. Sie waren offensichtlich am Aufräumen nun, wo die Leichen ihren Zweck erfüllt und Avina einen Schock fürs Leben verpasst hatten, der sie nicht mehr daran zweifeln ließ, was für ein Monster da vor ihr auf dem Thron saß.
Der Boden war immer noch voll Blut und Avina musste über den blutverschmierten Teppich zum Thron laufen. Die einzigen Leichen die noch nicht auf dem Stapel lagen, waren ihre Eltern. Sie lagen mittlerweile neben der Treppe und Avina versuchte, sie nicht anzusehen. Es war zu schrecklich. Stattdessen starrte sie lieber den fremden Mann an.
"Was wollt Ihr schon wieder? Wer seit Ihr überhaupt?"
Der Mann hob eine Augenbraue.
"Sag bloß, du kennst mich nicht! Für eine Prinzessin, bist du ja nicht sehr gebildet. Man sollte meinen, du kennst die Könige der Nachbarländer."
"Tu ich. Naja bis auf..."
Avina begriff und es verschlug ihr einen Moment die Sprache. Verflucht!
"Ihr seid der König von Xadrien."
"Oh sieh an, du kennst mich ja doch", bestätigte sie der Mann.
"Ich bin König Daron von Xadrien"
Avina bekam furchtbare Schuldgefühle. Also hatten sich ihre Eltern doch nicht getäuscht. Xadrien bereitete einen Angriff vor. Sie hatte nichts davon mitbekommen, weil sie im menschenleeren Sumpf gewesen war.
Sie war bereits dabei, mit ihren Gedanken abzuschweifen, als der feindliche König sie zurück ins hier und jetzt holte.
"Setzt dich doch!"
Avina schüttelte den Kopf. Etwas war hier absolut seltsam.
"Eines verstehe ich nicht. Warum lasst Ihr mich am Leben?"
Nicht das sie sterben wollte, doch es war schon seltsam.
"Ganz einfach, es ist viel zu anstrengend sich ein Land zu erkämpfen. Lieber schicke ich ein paar Mörder ins Schloss und nehm mir die Prinzessin zur Frau. Schon gehört das Land mir."
Avina weitete die Augen.
"Das.. NIEMALS!"
Er lachte.
"Niemand fragt dich Mädchen und nun setzt dich."
Avina wurde von einer der Wachen die Treppe hinauf geschubst und landete unsanft auf den Thron ihrer Mutter. Sie wollte gerade erneut protestieren, als die Tür aufgeschlagen wurde und ein vom Regen durchnässter Mann den Saal betrat. Mit festen Schritt und ganz ohne Angst, trotz all der Leichen, ging er direkt auf den König zu und seine Art zu gehen, kam Avina irgendwie bekannt vor. Sie wusste nicht woher, bis er die Kapuze abstreifte. Erleichtert und doch verwirrt blickte sie auf Nathaniel. Wollte er sie ganz allein hier raus holen?
Sie konnte es sich nicht vorstellen und als der König den Mund aufmachte, brach ihre Welt zusammen. Er stürzte sich mit einer Hand auf die Armlehne und sah, während er sprach, leicht genervt zu Nathaniel:
"Oh sieh an, Mein viel beschäftiger Sohn beehrt uns mit seiner Anwesenheit."
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Larwenia 2- Queen Of Raven and Dust
FantasyHier ist die Fortsetzung von Larwenia- Lady of Wolfs and Rain. Wir hoffen, dass es euch gefällt und wünschen euch viel Spaß. Nathaniel, Avina und Selina sind nun getrennt, doch das nicht lange. Die beiden Mädchen werden entführt und erleben Grauenv...