10.Kapitel. Flucht

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"Du willst mich wirklich hier raus holen?" Avina sah ihn hoffnungsvoll an und der Fremde nickte, erklärte aber:
"Ich weiß nur noch nicht wie. Das Seil reicht nicht bis unten."
Damit zerstörte er Avinas Hoffnung, heute noch hier raus zu kommen.
Er wollte gerade etwas sagen, als plötzlich die Tür aufschlug.
Eine Wache stand davor.
"Ich sagte doch, ich habe Stimmen gehört!", brüllte er einen zweiten an und der Maskierte stieß einen Fluch aus. Nun hies es jetzt oder nie. Würde er sie nun nicht befreien, würde der König sie so wegsperren, dass er nicht mehr an sie heran kam. Bevor er das zuließ, kämpfte er sich lieber durch den ganzen Turm.
Er zog seine Armbrust von der Schulter, lud sie und schoss zielsicher auf die beiden Wachen, die nun ihre Schwerter gezogen hatten und auf ihn zu stürmten. Den ersten traf er in der Brust, den zweiten im Hals, dann sagte er zu Avina:
"Schnapp dir schnell alles, was du brauchst und dann nichts wie weg von hier."
Sie kroch teilweise unter das Bett und werkelte dort herum, während er auf die Tür zielte, falls noch mehr Wachen hereingestürmt kamen. Sie kroch wieder unter dem Bett hervor und zog ein Schwert, mitsamt Scheide und Gürtel hervor. Dann rannte sie an das andere Ende des Raumes, an den großen Schrank, der dort stand, öffnete ihn und zog einen Rucksack daraus hervor. Sie packte noch ein paar Kleidungstücke wahllos hinein, schloss Schrank und Rucksack und drehte sich zu ihm um und nickte.
Gemeinsam liefen sie hinaus auf den Flur und die Treppen hinunter. Unterwegs trafen sie keine Wachen an und er vermutete, dass sie sich alle vor dem Schlossportal und dem Tor aufhielten.
"Komm mit!", forderte sie ihn auf und zog ihn damit in einen Seitengang.
"Der führt direkt zum Stall und vom Stall aus gibt es einen Schleichweg der in den Wald führt, allerdings ist dieser sehr steil und wir müssen höllisch aufpassen, wo wir die Pferde hinlenken.", klärte sie ihn auf.

Sie rannten den Gang entlang, bis sie vor einer großen Tür standen. Avina schlug die Tür auf und eilte zu Kassiopeias Box. Der Hengst wieherte freudig, als er sie sah. Sie schnappte sich seinen Sattel und das Zaumzeug, während sich der Maskierte auch einem Pferd zuwandte und es sattelte.
Avina zäumte den Hengst auf und führte ihn aus der Box. Der Maskierte war direkt hinter ihr.
Sie öffnete so leise wie möglich das Stalltor und führte das Pferd hinaus in die Nacht.
Allerdings steuerte sie nicht auf das Haupttor, sondern auf eine Mauer zu
Als sie dort angelangt drückte sie einen der Edelsteine am Griff ihres Schwertes gegen die Mauer und betete, dass es bei ihr denselben Effekt hatte, wie bei den Edelsteinen auf dem Schwertgriff ihres Bruders.
Sie hatte vor so viel Anspannung die Augen geschlossen, doch als sie sie öffnete, ragte vor ihr keine Mauer mehr, sondern ein ziemlich großes Loch, durch das selbst die Pferde passen konnten. Sie führte sie auf den steilen Pfad hinaus und sah zu wie die Mauer sich von selbst wieder schloss, als wäre dort niemals ein Loch gewesen. Sie lächelte und lief rasch weiter, die Zügel ihres Pferdes in der Hand.

Er war sich nicht ganz sicher, wohin sie sie führte. Aber der Abhang an seiner rechten Seite, war ihm nicht ganz geheuer. Er folgte ihr leise.
Sie liefen vorsichtig den Pfad hinunter und als sie unten ankamen, stiegen sie auf die Pferde und ritten in Richtung Berge davon.

Nach zwei Stunden Ritt fanden sie eine Höhle im Fels des Vorgebirges.
Sie stiegen von den Pferden und sattelten sie ab. In der Höhle entfachten sie ein kleines Feuer und aßen ein wenig, bevor er sagte: "Ich muss zurück ins Schloss."
Sie sah ihn entgeistert an.
"Wieso?"
"Weil ich deine Freunde retten will und es auffallen würde, wenn ich morgen früh nicht im Schloss sein würde."
"Wer bist du?", fragte sie erneut.
"Eine Person, die deine Leidensgeschichte beobachtet und dich vor dem Schlimmsten bewahren will."
Sie gab es auf. Sie würde nie eine Antwort aus ihm rauskitzeln können. Sie hatte es während des Rittes öfter versucht, doch er schwieg sobald sie konkrete Fragen stellte.
Und das war verdammt frustrierend! Sie sah sich weiter in der Höhle um, doch als sie sich wieder zu ihm drehte, starrte sie auf eine plötzlich leere Stelle. Die beiden Pferde waren noch da und sie fragte sich wie er zu Fuß bis Sonnenaufgang wieder zurück im Schloss sein wollte.
Er war weg.

Er ging leise durch die Gänge des Schlosses. Jetzt waren sehr viele Wachen in seinem Inneren unterwegs, um die Prinzessin zu finden. Er schlich sich in sein Zimmer, legte sich aufs Bett und schlief ein. Heute würde er keinen mehr retten können. Dazu waren viel zu viele Wachen unterwegs. Vermutlich würde es jetzt sogar noch schwerer werden, den Prinzen und die Gestaltwandlerin zu befreien, da der König auf keinen Fall riskieren würde, den anderen royalen Sprössling zu verlieren und damit Larwenias Volk gegen sich aufzubringen.

Der König war mittlerweile rasend vor Wut.
Zuerst wurde nur eine tote Wache im Innenhof gefunden, doch dann zwei weitere im Raum der Prinzessin. Dummerweise waren die beiden die einzigen, die noch dort waren. Was war nur passiert? Das Mädchen hätte niemals alleine entkommen können.
Schritt für Schritt immer wütender stapfte er zu Nathaniels Zimmer. Er beherrschte einen Zauber der ihm weiterhelfen konnte. Unsanft weckte er seinen missmutigen Sohn, der sichtlich keine Lust zum Aufstehen hatte.
"Los beweg dich! Ich brauch dich!", drängte er ihn zum Aufstehen und schließlich bequemte der Junge sich endlich aus dem Bett. Er führte ihn in den Innenhof, wo noch immer die Leiche lag und erklärte:
"Ich muss die letzten Momente dieses Mannes sehen."
Er wusste, dass sein Sohn dazu in der Lage war. Nathaniel beugte sich herunter und murmelte einen Zauber. Kurz darauf sah man einen maskierten Mann, der die Wache über die Mauer des Turms warf.
"Das kann doch nicht war sein!", fluchte sein Vater. Warum war dieser Mistkerl maskiert? So konnte er nichts mit diesen Rückblick anfangen.
Genervt wandte er sich zum gehen, als das Blut der Wache, was mittlerweile eine große Lache gebildet hatte, zu brodeln begann. Nun war es Nathaniel, der fluchte. War ja klar, dass ein so starker Zauber nicht ohne Dämonen einher ging. Es war früh am Morgen. Er war noch immer müde und nun musste er auch noch dieses Vieh erledigen.

Larwenia 2- Queen Of Raven and DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt