4. Kapitel. Erpressung im Königshaus.

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Selina sah sich um und fand sich in einer Kutsche wieder, die sich ziemlich schnell fortbewegte. Die fünf Männer, die sie angegriffen hatten, hatten sich aufgeteilt, sodass zwei vorne auf dem Kutschbock saßen und drei neben der Kutsche her ritten. Diese Typen unterhielten sich über sie.
"Wir werden in wenigen Minuten ankommen. Der König wird uns schon erwarten."
"Hoffentlich wird er nicht allzu wütend sein. Wir sollten ihm Nathaniel und die Gestaltwandlerin mitbringen. Wenn er herausfindet, dass wir ihm nur die Gestaltwandlerin mitbringen ... "
Selina fragte sich, woher sie wussten, dass sie eine Gestaltwandlerin war und was Nathaniel damit zu tun hatte.
"Der Sohn des Königs wird uns folgen, da er bestimmt schon herausgefunden hat, dass wir seine Freundin haben und sie ins Schloss bringen wollen."
Meinten sie etwa Nathaniel? Etwas in ihr wurde schwer wie Blei.
Oh nein, das durfte nicht wahr sein. Sie wurde von ihren beiden einzigen Freunden angelogen. Sie lauschte weiter.

"Meinst du? Er kann ziemlich dickköpfig sein."
"Er wird seinem Vater schon in die Arme laufen. Die Prinzessin ist doch auch schon im Schloss und der König will sie in wenigen Tagen zu seiner Frau machen, und Nathaniel wird dies nicht zulassen. Vor allem wenn man bedenkt, welche Beziehung Nathaniel zu diesem Mädchen hat."
Sie wussten also, dass Nathaniel und Avina sozusagen ein Paar waren.
"Findet ihr nicht, dass es im Inneren der Kutsche verdammt still geworden ist?"
Selina hielt den Atem an.
"Vielleicht ist sie tot.", meinte einer hoffnungsvoll.
"Wovon soll sie denn bitte gestorben sein, du Idiot?"
"Ich werde mal nachsehen."
Selinas Herz schlug panisch vor sich hin.
"Lass das! Wir werden gleich da sein und ich will nicht extra anhalten müssen, um dann von einer tollwütigen Frau angefallen zu werden, die am Schluss noch entkommt, weil ihr zu unfähig seid, zu warten, bis wir auf dem eingezäunten Schlossgelände sind."
Sie atmete aus. Sie wollten sie ins Schloss bringen, doch was wollten sie dort mit ihr?
Sie spürte wie sich die Straße unter den Rädern der Kutsche veränderte.
Es gab ab hier keine Schlaglöcher mehr, wegen denen sie sich den Kopf an der Kutschdecke stoßen konnte. Sie war etwas dankbar dafür, dass die Straße nun mit flachen Kopfsteinpflaster ausgelegt war.
Schließlich hielt die Kutsche an und die Männer brachten die Pferde weg. Wenige Augenblicke später, rissen sie die Tür auf und zerrten sie hinaus. Sie stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht dagegen, doch als sie Schwertklingen an ihrem Rücken spürte, gab sie nach und folgte widerwillig den Männern, die an ihren Armen zerrten. Als sie versuchte sich zu verwandeln, flüsterte einer der Kerle ihr ins Ohr: "Wenn du dich verwandelst, ist das das letzte was du tust. Hier sind jede Menge gut ausgebildete Kämpfer und viele Magier. Du wirst es nicht lebendig hier raus schaffen."
Sie ergab sich ihrer momentanen Lage und stapfte mit ihnen über den Hof, auf das Holzportal des Schlosses zu. Ein mulmiges Gefühl, beschlich sie und plötzlich schossen ihr die Bilder des Traumes wieder in den Kopf. Der furchtbare Mann mit den gelben Augen erschien vor ihrem inneren Auge und ihr Fluchtinstinkt überkam sie, doch sie bemühte sich, ihn zu unterdrücken.
Die Männer führten sie durch das Portal und die Treppen im Eingangsbereich hinauf, bis sie schließlich vor einer Tür stehen blieben. Sie klopften an und die Stimme des Grauens drang in ihre Ohren.
"Herrein," sagte sie barsch.
Die Männer öffneten die Tür und sie traten in den Thronsaal. Er wäre wunderschön gewesen, wenn nicht überall Blut gewesen wäre. Doch ihre Aufmerksamkeit glitt schnell zu dem Mann auf dem Thron. Er lächelte sie grausam an, doch als er sprach, wäre Selina am liebsten zur Tür wieder hinaus gerannt.
"Sehr gut, sehr gut. Ihr habt den Auftrag erfüllt wie es scheint. Und nun, Avina, entweder du stimmst der Hochzeit zu, oder du siehst deine Freundin sterben."
Erst jetzt sah Selina zu dem Thron neben ihm. Darauf saß Avina mit tränenüberströmten Wangen und schreckensgeweiteten Augen. Sie sah den König mit grauenerfülltem Blick an. Sie bemerkte auch Nathaniel, der von zwei Wachen festgehalten wurde.
Als Avina nicht die gewünschte Antwort gab, nickte der König einem der Männer hinter ihr zu. Sie spürte einen stechenden Schmerz in ihrem Unterleib. Unter Schock sah sie auf ihren Bauch hinab. Ein Blutfleck bildete sich auf ihrem Oberteil. Der Kerl hatte ihr ein Schwert in den Rücken gestoßen, das nun vorne herauslugte. Ihr Blut floss in einem kleinen Rinnsal an ihrem restlichen Bauch hinab und wurde von der Hose aufgesogen. Panisch holte sie Luft. Die Klinge wurde zu allem Überfluss auch noch gedreht und Selinas Beine gaben unter massivem Zittern nach. Sie schnappte verzweifelt nach Luft und bemerkte am Rande, wie Nathaniel noch mehr zappelte und Avina zu ihr rennen wollte, doch eine der Wachen stieß sie brutal zurück auf den Thron. Sie schrie etwas, doch Selina hörte es nicht. Daraufhin gab der König einer anderen Wache ein Zeichen, die mit einem Fläschchen mit roter Flüssigkeit angerannt kam.
Der Mann hinter ihr zog sein Schwert aus ihrem Leib und ließ sie zu Boden fallen. Der Mann mit dem Fläschchen träufelte etwas von der roten Flüssigkeit in ihre Wunde, wo es sich mit ihrem Blut vermischte und sie konnte spüren, wie sich ihr Körper wieder zusammensetzte. Sie schrie schmerzerfüllt auf. Als der Heilungsprozess vollendet war, rollte sich auf die Seite und übergab sich.
Das war einfach zu viel für sie. Der König, nun mit zufriedenem Grinsen auf seinem Gesicht, befahl seinen Wachen, sie in einem der Kerker unter zu bringen.
Die Kerle packten ihre Arme und schleiften ihren geschwächten Körper hinter sich her.
Sie liefen viele Treppen hinunter, bis sie vor einer kleinen Zelle standen und ein weiterer Mann aus der Dunkelheit auftauchte. Er schloss die Tür auf und die Wachen warfen sie hinein.
Sie sah sich kurz um. Es war keine richtige Zelle, es war ein kleiner Raum in dem eine kleine Schlafniesche im Stein eingelassen war, mit einem Eimer und einer kleinen Schüssel die mit Wasser gefüllt war.
Sie zog sich in die Niesche und brach erschöpft zusammen.

Larwenia 2- Queen Of Raven and DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt