27.Kapitel. seltsam

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Avina legte sich neben ihre Freundin und ihren Bruder. Bevor sie die Augen schloss, ließ sie ihren Blick noch einmal durch den Raum schweifen. Nunja hier würde sie zumindest kein Bär überfallen. Sie wusste allerdings nicht, ob ein Drache besser war. Der war nämlich gerade zurück gekommen. Leise seufzend schloss sie die Augen und schlief ein.

Nun war nur noch Nathaniel wach. Er lag auf dem Fell und drehte sich von einer Seite auf die andere. Zwecklos, er konnte so nicht schlafen. Er sah nicht hin, aber er wusste es trotzdem und sagte leise, um die anderen nicht zu wecken:
"Hör auf mich so anzustarren!"
"Das ist meine Höhle. Ich tue hier, was ich will."
Nun drehte er sich doch um.
"So kann ich aber nicht schlafen."
"Du bist ein seltsamer Junge, weißt du das?"
"Seltsam wie Selina?"
Der Drache schnaufte.
"Nein sie ist interessant. Du bist seltsam."
"Und was ist der Unterschied?", wollte Nathaniel wissen.
Der Drache zuckte mit den Schultern, was fast ein wenig ulkig aussah und legte sich selbst gemütlich hin.
Nathaniel seufzte:
"Und was ist an mir so seltsam, dass du mich die ganze Zeit anstarren musst?"
"Du kommst doch aus Xadrien und du beherrschst schwarze Magie. Ich glaube nicht, dass du zögerst zu töten und doch willst du diese Mädchen beschützen, statt nach Macht zu streben, das ist seltsam und dann..." Er wollte erst nicht weiter reden, doch Nathaniel harkte nach:
"Was ist noch?"
"Dein Geruch", sagte der Drache, "Er ist nicht wie der, anderer Menschen. Du stinkst nach Dämon."
Nathaniel sah ihn etwas vedutzt an, meinte dann aber:
"Nunja ich habe in dieser Kleidung schon einige getötet und ziemlich viel Blut und so abbekommen."
"Nein, der Geruch kommt von dir. Ich kann nicht sagen, woran es liegt und es ist auch kaum wahrnehmbar. Ich hab es beim ersten Mal gar nicht bemerkt aber jetzt rieche ich es ganz deutlich."
"Sicher, dass du nicht etwas an der Nase hast? " fragte Nathaniel und der Drache stieß eine kleine Rauchwolke aus.
"Es ist nicht klug von dir, mich zu beleidigen."
"Das war keine Beleidigung, nur so grausam mein Vater auch ist, wenn er ein Dämon wäre, hätte ich das sicher bemerkt und meine Mutter ... ähm.", eigentlich wusste er nichts über sie. "Daron würde sich nicht auf einem Dämonen einlassen."
Ganz abgesehen davon, dass es kaum Dämonen in menschlicher Gestalt gab und Menschen und Dämonen sich nicht ausstehen konnten. Vermutlich ließ die Anatomie dieser Wesen es gar nicht erst zu
"Ich hab nicht gesagt, dass deine Eltern Dämonen sind. Dann wäre der Geruch stärker.", antwortete der Drache und Nathaniel war erleichtert. Die Vorstellung, dass er mit Dämonen verwandt ist, war mehr als gruselig. Es war widerlich. Aber woran lag es dann?
Er versuchte, nicht länger darüber nach zu denken und legte sich wieder hin. Allerdings konnte er jetzt noch schlechter schlafen als vorher. Die Worte des Drachen pochten in seinem Hinterkopf und Nathaniel legte sich auf den Rücken. Er schob die Arme unter seinen Kopf und starrte an die Decke. Aber solange er den Stein auch betrachtete, eine Erklärung bekam er davon nicht und langsam befürchtete er, dass ihm die nur einer geben konnte. Sein Vater. Das würde kein erfreuliches Gespräch, wenn er in einem Monat zurückkehrte und statt Gefangenen nur Fragen dabei hatte. Vielleicht wäre es klüger, nicht mehr zurück zu gehen. Er hatte schon darüber nachgedacht, aber woher sollten sie dann erfahren, was er plant und nun hatte er auch noch dieses Rätsel zu lösen.
Ein plötzliches Geräusch ließ ihn zur Seite schauen. Der Drache war aufgestanden und Nathaniel fragte: "Wo willst du hin?"
"Jagen natürlich", antwortete die Riesenechse und Nathaniel sprang auf.
"Nimm mich mit!"
Er konnte eh nicht schlafen und das würde ihn vielleicht etwas ablenken.
Der Drache sah ihn eine Weile an, meinte dann aber:
"Na schön", und schlang seinen Schwanz um Nathaniel. Er wollte wohl nicht, dass der seltsame Junge noch einmal auf ihm ritt.
Mit etwas Anlauf lief er hinaus und drückte sich vom Vorsprung ab, bereitete die Flügel aus und glitt über die Berge.
Nathaniel konzentrierte sich auf seine Atmung, damit er sich nicht übergeben musste und sah nach einer Weile, wie die Berge langsam in einen dichten Nadelwald übergingen. Das Wildland. Hier gab es genug Tiere für einen hungrigen Drachen.
Dieser flog nun langsam tiefer und ließ Nathaniel, ohne Vorwarnung in einen hochgewachsenen Busch fallen. Es war dank der Blätter weicher als eine Landung auf dem, noch immer sehr steinigen Boden, doch auch nicht gerade angenehm. Vorallem da der Busch mit Dornen gespickt war. Vielleicht waren sie von oben nicht zu erkennen, vielleicht war es dem Drachen auch egal, dass sie ihn überall zerkratzten.
Nathaniel kämpfte sich aus dem Gestrüpp und zog eine der Dornen aus seiner Hand. Blut floss aus der Wunde. Rotes Blut, Menschenblut, wenn auch etwas dunkel, der Drache konnte sich doch auch irren.
Er schüttelte den Kopf und versuchte nicht länger darüber nach zu denken. Er sollte sich aufs Jagen konzentrieren. Leise und doch flink, lief er unter den Zweigen der Tannen und Fichten hinweg, kämpfte sich durch einige Büsche und entdecke recht schnell einen Truthahnähnlichen Vogel. Er wusste nicht genau, was es für einer war, doch er war sich sicher, dass man ihn essen konnte. Langsam nahm er die Armbrust vom Rücken, legte den Bolzen ein und zielte. Er war froh, sie für Notfälle unter dem Umhang getragen zu haben, sonst würde sie jetzt mit dem restlichen Gepäck irgendwo auf einem Pferd in den Bergen herumirren. Sie sollten versuchen die Tiere morgen zu finden. Alleine würden sie in den Bergen nicht lange durchhalten. So in Gedanken vertieft drückte er ab und es war nicht verwunderlich, dass er daneben schoss.
Der Vogel lief kreischend und mit den Flügeln flattern davon, während Nathaniel die Armbrust sinken ließ. Doch nur eine Sekunde später, hob er sie wieder an. Das Gebüsch in dem sein Bolzen verschwunden war, gab ein verdächtiges Knacken von sich. Hatte er doch etwas getroffen?
Um sich zu vergewissern, trat er vorsichtig näher heran und plötzlich schoss pfeilschnell etwas heraus. Nathaniel konnte sich nur knapp mit einem Sprung zur Seite retten. Er drehte sich um und vor ihm stand eine etwa siebzig Zentimeter große und etwas mehr, als einen Meter lange Raubkatze. Ihr gelbbraunes Fell und vorallem der Helle Bauch sowie das weiße Kinn schimmerten im Mondlicht.
Ein Puma. Nathaniel kannte sie aus fast wüstenartigen Gegenden in Xadrien. Er wusste nicht, dass sie auch in Nadelwäldern so nahe am Gebirge lebten. Hier war Schnee keine Seltenheit und das war ein krasser Unterschied zur Wüste. Andererseits, wenn diese Wälder Drachen versorgen konnten, dann sicher auch die kräftigen und robusten Raubkatzen.
Der Puma ging in Angriffsposition und Nathaniel hatte keine Lust seine Zähne im Genick zu spüren. Dummerweise hatte er die Armbrust fallen lassen, also blieb ihm nur, nach dem Schwert zu greifen und zu hoffen das er das Raubtier damit erlegen konnte. Der Puma schien Respekt vor der Waffe zu haben, ließ sich aber nicht aufhalten und stürzte sich auf ihn.
Nathaniel konzentrierte sich zu sehr auf sein Maul und die Tatze erwischte ihn an der Schulter. Die Krallen schnitten durch den Stoff und in seine Haut. Es brannte und er wich ein gutes Stück zurück. Als der Puma dann wieder angriff, hielt er ihm das Schwert in den Weg, sodass er sich direkt in die Klinge stürzte und starb. Er zog sein Schwert aus der Raubkatze und in diesem Moment kehrte der Drache zurück. Vielleicht hatte er den Lärm bemerkt und betrachtete nun das Geschehen. Als seine Augen den Puma erblickten, leuchteten sie hungrig und ohne weitere Erklärung nahm er Nathaniel in die eine und seine Beute in die andere Klaue. Er flog zurück zur Höhle und setzte Nathaniel ab, während er den Puma einfach fallen ließ. Mit einen Feuerstoß, verbrannte er das unappetitliche Fell und widmete sich dann seiner Mahlzeit, ohne Nathaniel weiter zu beachten.
Der lief zurück in die Höhle und ließ sich auf das weiche Fell fallen. Seine Wunde war ihm egal, er war endlich müde genug um zu schlafen.

Larwenia 2- Queen Of Raven and DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt