21. Kapitel. Entführt ... schon wieder.

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Selina starrte das Wesen ehrfürchtig an. Es musterte ihre kleine Gruppe und kam schließlich näher.
"Ein Gestaltwandler, ein Magier, der sein Gesicht nicht zeigen will und ein kleines Mädchen mit einem Raben auf der Schulter, der eigentlich gar kein Rabe ist, interessant."
"Woher weisst du, dass er kein Rabe ist?", fragte Selina und schluckte ihre Angst hinunter. Ihre Neugier war groß genug, um vorzutreten und ihre Freunde hinter sich zu lassen.
"Ich spüre die Magie, die von euch ausgeht. Also, was tut ihr in meiner Höhle?", fragte die übergroße Echse.
Ash, der offensichtlich keine Angst vor dem Drachen zeigen wollte, trat vor.
"Wir haben einen Unterschlupf für die Nacht gesucht und sind auf deine Höhle gestoßen."
"Und du erwartest von mir, dass ich euch hier schlafen und euch morgen wieder gehen lasse?"
Jetzt wagte keiner etwas zu sagen. Der Drache sah sie forschend an und kam mit der Schnauze näher. Ash verlor keine Zeit, zog sein Schwert und wollte gerade auf den Drachen zu stürmen, als Selina ihn an der Schulter packte und zurückzog.
"Bist du verrückt geworden?!? Einen solchen Kampf kannst du nicht gewinnen!", herrschte sie ihn leise an. Das Flüstern half nicht viel, wenn ihr Gegenüber übersinnliche Ohren hatte. Der Drache hatte sie gehört.
"Die Gestaltwandlerin weiß, wovon sie spricht. Sie kennt das Gesetz der Welt. Nur die Stärkeren überleben im Kampf."
Ash zog sich zurück. Der Drache starrte nun Selina an. Sein langer Hals bog sich leicht, als er sich aufrichtete.
"Du bist eine der wenigen Gestaltwandler, die vernünftig genug sind, um überhaupt etwas in dieser Welt zu erreichen. Interessant." Der Drache drehte sich um und es hatte den Anschein, als wolle er die Höhle wieder verlassen.
Selina trat aus der Ecke heraus und wollte ihren Freunden gerade signalisieren, ihr zu folgen, als sich plötzlich ein Drachenschwanz um ihren Bauch schlang und sie vom Boden hoch zog. Sie schrie und hämmerte auf die harten Schuppen ein, doch sie konnte nichts ausrichten. Diese Haut war wie ein Panzer. Avina schrie Ash an, irgendetwas zu tun, doch er stand erstarrt da und beobachtete mit aufgerissenen Augen das Geschehen. Erst als Avina ihm ins Gesicht schlug, erwachte er aus seiner Starre und griff nach seinem Schwert. Der Drache trat hinaus ins Freie und breitete die Flügel aus.
Wenn ihm nicht gleich etwas einfiel, würde sie von diesem Monster verschleppt und gefressen werden.
Ash schleuderte einen Blitz auf den Drachen, doch es passierte nichts. Der Blitz prallte einfach ab und prallte auf die Erde, wo er einen kleinen Krater hinterließ. Der Drache hob ab und flog steil nach oben.
Selina schrie vor Schreck auf und machte den Fehler nach unten zu sehen. Ihr wurde übel. Das war zu hoch!
Sie klammerte sich an den Drachenschwanz, der bei jedem Flügelschlag ruckartig zuckte und wenn sich die Schlaufe öffnete, in der Selina gefangen war, wollte sie immernoch eine kleine Absicherung haben.
Ihre Beine hingen frei in der Luft. Sie sah nach vorne. Wenn sie noch weiter nach unten sah, würde sie erbrechen müssen.
Der Drache flog auf einen großen Berg zu und sie bemerkte eine weitere Höhle, deren Eingang ein wenig kleiner war als der der anderen, aber immernoch groß genug, dass die Riesenechse hinein passte.
Vor der Höhle gab es eine Art natürlicher Landesteg. Der Drache landete darauf, drehte den Kopf bis er sie sehen konnte und spazierte in die Höhle.

In der Höhle gab es mehrere Gänge die in andere Abteile der Höhle führten. Der Drache ließ sie runter. Sie rannte in Richtung Ausgang und der Drache beobachtete sie dabei gelassen. Sie rannte auf den Landesteg und suchte nach einer Stelle an der sie herunterklettern oder springen konnte, ohne sich großartig zu verletzen, doch sie fand keine. Überall fiel der Stein steil ab und soe fühlte sich gefangen. Tränen der Verzweiflung brannten in ihren Augen. Sie setzte sich an die Kante und schluchzte. Sie war gefangen mit diesem Monster. Was hatte er nun mit ihr vor? Der eisige Wind zerrte an ihrer Kleidung und soe begann zu zittern. Der Drache trat neben sie, schlang seinen Schwanz um ihren Bauch und zog sie ins Höhleninnere. Dort trug er sie in einen kleinen Raum, in dem viele Felle und Decken lagen. Sie fragte sich zwar, warum er so viele Decken hatte, brachte aber keinen Ton heraus. Er setzte sie ab und verschwand in dem Gang, aus dem sie gekommen waren.
Wieso hatte er sie entführt und was war jetzt mit ihren Freunden?
Viele Fragen schossen durch ihren Kopf und begleiteten sie bis ihre Augen vor Erschöpfung zu fielen.

An den konnten ihre Freunde nicht einmal denken.
"Verdammt. Wieso hat dein Zauber nicht gewirkt?", fragte Will und schlug aufgeregt mit den Flügeln.
"Ich vermute das Drachen zu magisch sind, um sie mit Magie zu bekämpfen."
"Und warum hat er sie entführt?", wollte Avina wissen, doch auch Ash wusste darauf keine Antwort.
"Ich weiß nicht, er fand sie einfach interessant. Drachen sind nicht leicht zu begeistern, aber Selina schien etwas an sich zu haben, was den Drachen anspricht."
"Er soll ja seine dreckigen Klauen von ihr lassen.", murrte Will leise, aber da er auf Avinas Schulter saß, hörte sie sein Gefluche, beschloss aber vorerst nichts zu sagen. Sie würde lieber mit Selina darüber reden.
Irgendetwas schien da zu laufen.
"William?",fragte Ash.
"Ja?"
"Kann ich kurz mit dir unter vier Augen reden? Es ist wichtig."
Er sah vorsichtig zu Avina und als sie nickte, verschwanden sie.
Er ging aus der Höhle hinaus und William folgte ihm in das nahegelegene Wäldchen.
"Wir haben ein Problem.", begann Ash.
"Und wie sieht dieses aus?"
"Daron hat seinem Sohn einen Auftrag erteilt."
"Ohoh."
"Er will, dass er euch findet, mich tötet und euch dann zurück zum Schloss bringt."
"Und was will er da mit uns?"
"Ich habe keine Ahnung, aber er weiß, dass du ein Rabe bist und das wird ein Problem werden."
"Na großartig."
"Ja sehe ich auch so. Aber ich glaube, dass wir vorerst nichts anderes tun können, als abzuwarten."
"Komm lass uns zurückgehen, mir ist nicht behaglich dabei, Avina hier lange allein zu lassen."
"Mir auch nicht."
Gemeinsam gingen sie zurück zur Höhle, in der Avina bereits ein Feuer gemacht hatte. Sie aß etwas Trockenfleisch und einige Beeren, die sie vorhin gesammelt hatte und sah ihnen entgegen.
Sie setzten sich an das Feuer und teilten sich die karge Mahlzeit.
Avina legte sich nach einer Weile auf ihre Decke und vermisste Selinas warmen Bauch. Will vermisste sie scheinbar auch, da er sich sonst immer auf ihren Kopf gesetzt hatte, wenn sie in Wolfsgestalt war, um dort zu schlafen. Jetzt saß er auf einer zusammengefalteten Decke und versuchte zu schlafen.
Avina schloss die Augen, doch an Schlaf war irgendwie nicht zu denken. Sie lag lange so da, bis sie plötzlich hörte, wie Ash aufstand und zum Höhleneingang hinausging. Sie schlug irritiert die Augen auf und sah wie sein langer Umhang um die Ecke wehte. Sie stand so leise wie möglich auf, um Will nicht zu wecken. Schließlich schlich sie Ash hinterher. Er war in das kleinen Wäldchen vor der Höhle gegangen. Avina konnte ein magisches Licht auf seiner Handfläche sehen. Es war eigenartig, ihm mitten in der Nacht zu folgen.
Sie folgte dem Licht und achtete darauf nicht auf herumliegende Zweige zu treten, die sie verraten könnten. Er murmelte irgendetwas, doch sie verstand es nicht. Sie musste näher heran.

Larwenia 2- Queen Of Raven and DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt