12.Kapitel. Dämonen und Lichtblitze

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Selina wandte sich aus Wills Armen, als sie Geräusche von draußen hörte. Sie ging zur Wand mit dem winzig kleinen Fenster und schaute hinaus.
Vor dem Fenster liefen eine Menge Wachen herum und scheinbar suchten sie etwas. Da sie nicht wusste, was sie suchten, spitzte sie die Ohren und lauschte.
"Wir müssen sie finden!"
"Wenn der König seine zukünftige Braut nicht wieder bekommt, haben wir ein riesiges Problem."
"Wir werden sie schon finden. So weit kann er mit ihr nicht gekommen sein."
"Wenn ich diesen Maskierten in die Finger bekomme, wird er dafür büßen, dass er uns einen solchen Ärger eingebrockt hat."
Selina wandte den Blick ab und grinste. Der Maskierte hatte Avina befreit. Doch das Lächeln hielt nicht lange an, da ihr bewusst wurde, wie der König noch an die Herrschaft über dieses Land kommen konnte.
Er würde Will umbringen wollen, sobald seine Wachen die Suche aufgaben.
Von den Mauern des Schlosses her, drang plötzlich ein fürchterliches Kreischen in ihre Ohren. Die Wachen unterbrachen das, was sie gerade taten und blickten verstört zum Schloss.
Dort auf der Mauer saß ein komisches Wesen, das einem Wurm ähnelte, allerdings mit Flügeln und einem pferdeähnlichen Gesicht. Ein Dämon!
Das Ding flog auf die Wachen zu und diese griffen schreiend nach ihren Waffen.
Plötzlich spürte sie einen heißen Atem auf ihrer Schulter und sie drehte sich rasch um, doch es war nur Will, der auch aus dem kleinen Fenster schaute. Sie sah zu ihm auf.
"Deine Schwester ist gestern befreit worden." Er sah sie überrascht und gleichzeitig erleichtert an.
"Deswegen sind also die Wachen dort draußen.", vermutete er und sie nickte.
"Der maskierte Mann hatte sie letzte Nacht mitgenommen."
Er nickte und sah nach draußen.
Dort kämpften die Männer gegen das Wesen, das scheinbar Säure speien konnte.

Immer wenn es einen der Männer mit der gelben Brühe traf, schrie dieser bis nichts mehr von ihm übrig war. Es war ein grauenvoller Tod. Doch plötzlich, hob das Wesen seinen Kopf und schnüffelte. Selina sah voller Grauen mit an, wie es langsam den Kopf in ihre Richtung drehte und zischte. Sie drängte Will weiter zurück.
Es schlängelte auf die Kerker zu und Selina hielt den Atem an.
Es schlängelte weiter, bis es direkt vor ihrem Fenster war und seinen hässlichen Kopf senkte, um durch die Gitterstäbe zu glotzen. Seine roten Augen fixierten sie und es hatte den scheußlichsten Mundgeruch, den man sich vorstellen konnte.
Selina knurrte, doch das Wesen ließ sich davon nicht beeindrucken.
Es zischte und öffnete das Maul und Selina war sich sicher, dass es gleich seine Säure auf sie spucken würde und sie schloss die Augen. Sie konnte sich nicht vorstellen, wie es war, so verätzt zu werden, bis nichts mehr von ihr übrig war und sie wollte es auch gar nicht erleben. Instinktiv wappnete sie dich gegen die Qualen, die gleich kommen würden.
Doch es passierte nichts, rein gar nichts. Sie öffnete die Augen und sah, dass das Vieh auf etwas anderes konzentriert war. Vor ihm stand der maskierte Mann, mit ausgestreckter Hand. Plötzlich bildete das Vieh Blasen auf seiner Dämonenhaut, als schien es innerlich zu kochen. Es schrie und wich zurück,  bevor es weiteren Schaden anrichten konnte. Sie atmete erleichtert aus und drehte sich zu Will um. Er lächelte angespannt zu ihr hinab und sie wollte sein Lächeln erwidern, doch dann bemerkte sie eine Bewegung hinter Will. Er folgte ihrem Blick und drehte sich um. Instinktiv bemerkte sie, wie Will sie mit dem Rücken weiter in die Ecke drängte, aus der die gerade noch geflohen waren.
Sie sahen die drei Männer entgeistert an und der König lächelte amüsiert.
"Sieh einer an", grinste er.
"Vielleicht war es doch die falsche Entscheidung gewesen, den kleinen larwenischen Prinzen zu meiner Gestaltwandlerin zu stecken."
"Ich bin nicht deine Gestaltwandlerin und werde es auch niemals sein", giftete sie ihn an und stellte sich vor Will. Sein Leben war in diesem Moment kostbarer als ihres. An seinem hing die Zukunft dieses Landes.

Er drehte sich zu den beiden Wachen um und sagte:
"Schnappt sie euch und macht mit ihr, was ihr wollt. Ich will nicht, dass sie mir im Weg ist, wenn ich mir meinen Thron hole."
Sie knurrte laut und bellte einen leisen Befehl.
Der Wachhund sprang aus einer dunklen Ecke hervor, auf die erste Wache und verbiss sich in seinem Arm. Er schrie auf und versuchte den achtzig Kilo schweren Rüden abzuschütteln. Doch er hatte sich so verbissen, dass man ihn nicht so schnell lösen könnte. Die andere Wache öffnete die Zelltür und kam herein. Selina verwandelte sich und machte sich sprungbereit, doch ein Lichtblitz riss sie aus ihrer Konzentration und traf die Wache am Rücken. Die Wache schrie auf und fiel vorne über. Der König sah zu der Person, die den Lichtblitz geschleudert hatte, doch bevor er etwas sagen konnte, wurde auch er von einem Lichtblitz getroffen und fiel zu Boden. Selina sah zu dem maskierten Mann, der sich nun mit den Armen auf seine Knie gestützt hatte. Nach einigen Sekunden rappelte er sich auf und sah sie und Will an.
"Na kommt schon! Wir müssen los!" Bevor einer von ihen irgendetwas tun konnte, durchsuchte Will Selinas Kleider. Als er fand wonach er suchte, sah sie wie ein kleines rotes Fläschchen in seiner Hosentasche verschwand. Das Kleiderbündel hielt er fest umklammert. Er würde es für später mitnehmen. Dann nickte er.
Sie und Will rannten aus der Zelle, den Gang entlang und die ganzen Treppen hinauf. Sie waren gerade am Stall angekommen, als Lichtblitze um sie herum, auf den Boden aufschlugen.
"Verdammt,", schrie der Maskierte.
Er riss die Stalltür auf und sie huschten hinein. Sie gingen zu den Boxen, rissen das Zaumzeug von den Harken und zäumten die Pferde auf. Für einen Sattel blieb keine Zeit, aber dennoch legte Will einem der Pferde einen Gurt mit Taschen an, damit er ihre Kleider einpacken konnte. Will führte sie zu der Mauer, doch er hatte sein Schwert nicht dabei.
Der Maskierte riss ihn an der Schulter zurück und hielt seine Hand an die Mauer. Sie bröckelte, bis schließlich die ganze Mauer in sich zusammen fiel. Sie führten die Pferde hindurch und den Pfad hinunter. Selina versuchte, nicht nach rechts zu schauen, da der Hang neben ihr steil abfiel. Wenn das Pferd vor ihr auf eine lose Stelle trat, ...
Da war nur Geröll und ...
Selina schluckte und wandte den Kopf wieder nach vorne. Sie würde sich nicht von dieser Angst lähmen lassen.

Sie kamen sicher unten an und stiegen auf die Pferde. Die Ebene, die nun vor ihnen lag, war gefährlich, da es keine Bäume zur Deckung gab, doch sie mussten sie überqueren, sonst wären sie alle Gefangene des Königs. Sie trieben ihre Pferde zum schnellen Galopp an und preschten über die Ebene, auf den Wald zu. Sie hatten die Hälfte geschafft, als die Lichtblitze wieder um sie herum einschlugen und kleine Krater hinterließen. Die Pferde gerieten in Panik und wurden schneller. Selina hielt sich dicht bei den Pferden und schlug hin und wieder ein paar Harken um die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

Will ritt neben ihr und sie hatten fast den Wald erreicht, als plötzlich etwas auf ihm einschlug. Er schrie auf vor Schmerzen. Doch er hielt sich auf dem Pferd.
Sie warf ihm einen Blick zu und sah, dass er gegen etwas ankämpfte, das in seinem Inneren vorging. Sie ritten verbissen weiter und der Maskierte führte sie an. Er steuerte im Schutz des Waldes auf das Vorgebirge zu und nach etwa zwei Stunden Ritt erreichten sie eine kleine Höhle.
Avina trat neugierig heraus und stürzte sich auf Selina. Sie umklammerte sie fest. Dann rannte sie auf ihren Bruder zu und umarmte ihn ebenfalls, dann fiel ihr Blick auf sein Gesicht und sie bemerkte, dass er das Gesicht vor Schmerz verzogen hatte. Der Maskierte meinte schließlich, als er sich an der Satteltasche von Wills Pferd zu schaffen machte, um ihre Kleider herauszuholen,
"Wir sollten uns besser in das Innere der Höhle zurückziehen. Es ist nicht sicher hier draußen."
Sie gingen in die Höhle. Der Maskierte warf Selina das Kleiderbündel zu.
Sie ging hinter einen Baum, verwandelte sich und zog sich an, dann kehrte sie zu den anderen zurück und kaum hatte sie sich zu ihnen an das kleine Feuer gesetzt, brach William zusammen.

Larwenia 2- Queen Of Raven and DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt