24.Kapitel.Rettungsaktion

170 26 0
                                    

William wurde von lauten Geschrei geweckt und sah verwirrt auf.
"Ich hab gesagt, du sollst verschwinden!", brüllte seine Schwester und er ahnte schon was los war, eh er es sah. Avina hatte gesehen, dass Nathaniel zurück in der Höhle war und schrie ihn an.
"Verdammt Avina ich hab das alles doch nicht grundlos getan.", argumentierte Nathaniel, doch sie wollte ihm nicht zuhören. William flog jedoch krächzend zwischen die beiden, eh sie ihn weiter anschreien konnte.
"Avina beruhige dich", bat er sie und setzt sich auf ihre Schulter.
"Aber..!", setzte Avina an, doch Will hackte ihr gegen den Kopf.
"Will, ich ... !", versuchte sie es nochmal, doch er zog mit dem Schnabel an ihren Haar und sie schwieg. Die Arme verschränkend, setzten sie sich auf einen Stein und Nathaniel seufzte.
"Hör zu Avina, ich hab Gründe, dass ich euch angelogen hab. Mein Vater hat mehr Magier zu Verfügung, als euch klar ist, um euch zu finden. Außerdem falls er in eure Nähe kommt, kann er in euren Köpfen herumforschen und wenn er mich dort sieht ... Du kannst dir ja nicht vorstellen, was er tun würde. Glaube nur nicht, er würde Gnade walten lassen, weil ich sein Sohn bin. Außerdem würden wir die beste Art ihn auszuspionieren verlieren."
Avina sah ihn überrascht an.
"Du hast Angst."
"Pha. So ein Quatsch. Es geht mir hauptsächlich, um die Spionage.", behauptete Nathaniel, doch sie glaubte ihm kein Wort. Seltsamerweise war genau das gut für ihn. Er war ja oft ziemlich gefühlskalt, aber wenn selbst er Angst hatte, konnte sie es verstehen. Menschen taten aus Angst die verrücktesten Dinge.
"Nun gut", sagte sie und stand auf, "wir müssen Selina befreien, also los."
Ohne ein weiteres mal zurück zu sehen, ging sie hinaus, stieg auf Kassiopia, der ruhig am Höhleneingang stand und graste. Er hatte in der Nacht die Pferde wieder zu ihnen geführt. Die beiden Jungs folgten ihr bis William fragte: "Kennst du überhaupt den Weg?"
Avina nuschelte irgendwas unverständliches und Nathaniel seufzte.
"Ein eindeutiges Nein."
Er ritt vor.
"Hier entlang!"
"Woher weißt du eigentlich, wo die Drachenstadt liegt?", fragte Will. Nathaniel war ja schließlich nicht von hier.
"So eine riesige Stadt ist ja schwer zu übersehen."
"Denkst du wir können sie in einer so großen Stadt finden."
"Natürlich, sie hat Nyx' Zeichen am Handgelenk und ich würde auf Schatzkammer tippen. Naja, da verstecken Drachen schließlich ihren Besitz und wenn er sie so einfach mit nimmt hält er sie wohl dafür."
"Da verlass ich mich lieber auf Nyx", mischte sich Avina pampig ein und Nathaniel seufzte. Es tat weh. Dieses Gefühl war völlig neu für ihn und er hasste es bereits. Er wollte sie nicht verlieren. Er liebte sie schließlich noch immer, aber ob sie ihm je vergeben konnte? Er wusste es nicht aber er war schon froh, dass sie nicht mehr versuchte, ihn wegzuschicken. Er war so in Gedanken versunken, dass er gar nicht merkte, wie sie der Stadt immer näher kamen, bis Avina ihn antippte und geradezu fasziniert auf eine Mauer deutete die zwischen zwei Bergen verlief. So riesig, dass sie unmöglich von Menschen gebaut sein konnte.
"Das ist also die Drachenstadt."
Nathaniel hob den Finger und deutete ihr, still zu sein.
Avina schwieg und nur wenige Momente später, flog ein Drache über den Himmel. Er hatte sie wohl zum Glück nicht gesehen. Die drei drückten sich unter einen Felsen und warteten bis nichts mehr zu hören war.
Avina atmete durch und lugte vorsichtig über den Felsen. Erschrocken zuckte sie zurück. Ihr Atem und ihr Herzschlag beschleunigten sich. Direkt vor ihr, befand sich die Schnauze eines Drachen. Nathaniel sprang mit gezogenen Schwert hervor. Sie wollte ihn noch warnen, doch es war zu spät. Der zweite Drache schlug ihn mit der Pranke auf den Boden und nagelte ihn dort regelrecht fest. Dann beugte er sich hinunter und öffnete sein Maul.
"Nein!!!"
Avinas Schrei sorgte dafür, dass der Drache sich von ihm abwandte und sie anstarrte.
Der vor ihr kam noch näher und Avina drückte sich gegen die Felswand hinter ihr, als er an ihr schnüffelte.
"Was wollt ihr hier, Menschen?", fragte er schließlich.
"Diese Stadt gehört den Drachen! Ihr habt hier nichts verloren!"
Der andere fragte: "Was wollt ihr hier?"
"Unsere Schätze natürlich", meinte der andere doch Avina schüttelte den Kopf.
"Wir suchen nur eine Freundin, ein Drache hat sie entführt."
"Wieso sollten wir dir glauben?"
"Weil..", sie wusste darauf auch keine Antwort, "überprüft es doch."
Die beiden Drachen sahen sich lange an und nickten schließlich.
"Das werden wir."
Avina war erleichtert und fragte: "Also lasst ihr uns gehen?"
Der Drache lachte und schnappte sie, statt zu antworten, mit seiner Pranke und flog davon. Der der Nathaniel gepackt hielt, flog ebenfalls davon. Sie flogen über die Mauer und Avina sah viele Höhlen in den Felsen. Sie flogen in eine Höhle und plötzlich ließ er sie fallen. Sie fielen in ein tiefes Loch und es dauerte einen Moment bis sie auf den Boden aufschlugen. Avina keuchte und kam nur langsam wieder zu Atem. Der Aufprall hatte ziemlich wehgetan. Sie sah zu Nathaniel, der sich gerade wieder aufrappelte und fluchte: "Das ist ja toll gelaufen..."

Selina saß auf dem Landesteg, neben einem Drachen vor dem sie eigentlich Angst haben sollte, und unterhielt sich mit ihm.
"Könntest du einmal heulen? Hier gibt es keine Wölfe in der Nähe und ich habe noch nie einen Wolf heulen gehört. Ja, ich mit meinen fast fünfhundert Jahren, habe noch nie einen Wolf singen gehört."
Selina sah ihn verdutzt an. Dann legte sie den Kopf in den Nacken und heulte. Sie war immernoch in Wolfsgestalt. Als sie fertig war, sah sie den Drachen an und wollte ihn gerade etwas fragen, als etwas gegen ihren Kopf flog.
"Autsch ... verdammt."
Sie beugte sich über das Ding, welches ihr gegen den Kopf geflogen war und sah in Wills Rabengesicht. Er lag reglos da und starrte sie an. Sein Atem ging hektisch. Sein Blick ging gehetzt zwischen ihr und dem  Drachen hin und her.
"Willst du, dass ich das Ding röste?"
Er hatte noch nicht bemerkt, dass der Rabe in Wirklichkeit Will war, wahrscheinlich hielt er die Magie, die von ihm ausging, für Selinas.
"Nein, ich fresse ihn roh."
Sie nahm Will vorsichtig ins Maul und trug ihn in die Höhle. Jetzt stand sie vor den vielen Gängen und wusste nicht, welchen sie einschlagen sollte. Sie ging dann einfach wahllos in einen der Gänge und fand sich kurz darauf in einer riesigen Kammer wieder, die mit Bücherregalen und Buchtürmen übersäht war.
Sie ließ Will hinter einem der Regale herunter und sah sich um.
In den Regalen standen riesige Bücher, groß genug für einen Drachen und viel zu groß für einen Menschen.
Will rappelte sich auf und schüttelte sich.
"Mach das nie wieder."
"Was?", fragte sie, die vom Anblick der Bücher vollkommen überwältigt war.
"Mich ins Maul zu nehmen, wie eine Mutterwölfin ihre Jungen."
Sie zuckte zusammen über diesen Vergleich.
"Warum bist du hier? Wo sind die anderen?"
"Ich habe dich gesucht und nun gefunden, da du dich bemerkbar gemacht hattest."
"Ist irgendetwas passiert?"
"Ja du bist entführt worden und Na ... Ash und Avina ebenso."
"Wie ist das denn passiert?"
"Unser Mister Magier hat ohne zu überlegen gehandelt."

Und er erzählte ihr alles, was in den letzten Stunden passiert war, außer die Sache mit Ash. Er wusste, dass Nathaniel ihr Freund gewesen war und wollte nicht, dass sie es durch ihn erfährt. So eine Sache machte man doch lieber persönlich.
Sie hörte aufmerksam zu und sprach kein Wort bis er mit seiner Erzählung geendet hatte. Dann stand sie auf und schritt nach draußen. Will folgte ihr bis sie in der Kammer mit den Gängen stehen blieb und sie ihn bat, sich umzudrehen.
Sie verwandelte sich und zog die Kleidung an, welche sie vorhin hier versteckt hatte. Dann ging sie nach draußen, wo der Drache immernoch saß und auf sie wartete. Sie ging direkt auf ihn zu und will hatte schon die Befürchtung, dass sie gleich geröstet werden würde, wenn sie auch nur einen falschen Schritt machte.
"Drache", sagte sie ohne Angst in der Stimme,"wir haben ein Problem."
Er drehte sich zu ihr um.
"Und das wäre?", fragte er ruhig.
"Meine Freunde sind von deinen Artgenossen gefangen worden."
Will flog auf ihre Schulter und der Drache funkelte ihn an.
"So wie es aussieht, nicht alle."
Seine Stimme hatte einen Unterton angenommen, der Will gar nicht gefiel.
"Wir müssen etwas tun!", Selina ließ sich nicht ablenken.
"Wieso? Damit du wieder in die Welt voller Probleme und Stress zurückkehren kannst? Damit du einen Selbstmordauftrag beistehst?"
"Diese Menschen sind meine Freunde und wenn wir nichts gegen Daron unternehmen, wird er euch als nächstes angreifen und versuchen euch als Last- und Reittiere zu benutzen."
"Das kann er gerne mal versuchen."
"An deiner Stelle wäre ich nicht so selbstsicher. Dieser Mann ist irre genug, um alles in den Untergang zu treiben. Ich habe ihn selbst erlebt.
Und wenn wir meine Freunde nicht endlich befreien, haben wir nicht die geringste Chance."
"Hast du den Magier nicht durchschaut? Hast du nicht bemerkt wer er wirklich ist?", er schüttelte fassungslos seinen großen Kopf, als er ihren ratlosen Blick bemerkte.
"Gut dann sag ich es dir. Er ist der Sohn des Irren. Er kann wohl kaum dein Freund sein. Als der König dieses Land eingenommen hatte, lief ein Schaudern durch die Erde. Selbst wir haben diese Veränderung bemerkt und darauf reagiert. Wir schickten einen Späher los. Er erkannte Daron und seinen Sohn von einem Flug über ein untergegangenes Königreich wieder. Die schwarze Magie, die in diesen Tagen vom Wind mitgetragen wurde, verpestete für Wochen die Luft. Schwarze Magie zur Zerstörung eines ganzen Königreiches. Dieser Junge ist kein Retter in der Not. Er ist der Tod."
Selina starrte ihn an. In ihren Augen sammelten sich Tränen, als ihr bewusst wurde, was er da sagte, aber sie riss sich zusammen. Heulen konnte sie später auch noch. Sie hatte es sich ja schon irgendwie gedacht, dass Ash Nathaniel war, aber Vermutung und Wissen waren zwei ganz unterschiedliche Dinge. Und dann noch diese grausamen Dinge über das untergegangene Königreich.
"Egal, er hat sich als mein Freund bewiesen, indem er uns geholfen hatte aus dem Schloss zu fliehen. Wir müssen ihn und Avina retten."
"Wenn das dein Wunsch ist, dann werde ich dir helfen, diese beiden Menschen zu befreien. Und du",
er funkelte Will schon wieder an,
"Du solltest dafür sorgen, dass deine Freunde Bescheid wissen. Heute Abend werden wir sie da rausholen."
"Weisst du denn, wo sie gefangen sind?", fragte Selina.
"Ich habe eine Vermutung."
"Bist du dir sicher?"
"Ziemlich sicher ja."
"Will. Du solltest dich auf den Weg machen, um ihnen zu sagen, dass wir kommen."
Will nickte und flog los.

Larwenia 2- Queen Of Raven and DustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt