Kapitel 32

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Manchmal vergeht die Zeit, die Tage und die Stunden und die Minuten, die einen von einem großen Ereignis trennen, quälend langsam vorbei. Bei Weihnachten war das so, oder wenn man auf seinen Geburtstag wartete.

Manchmal, und das traf gerade weitaus besser auf mich zu, war aber auch das Gegenteil der Fall. Es war Freitagabend. Der Freitagabend, an dem diese berühmt berüchtigte Beachparty stattfinden sollte. Die Party zu der Dan mich eingeladen hatte.

Ich hatte ihn seit dieser wirklich sehr komischen Situation nach dem Fußballspielen lediglich einmal wiedergesehen. Zum nächsten Training. Alles war wie immer gewesen. Dan verhielt sich ganz normal. Er hatte mittelmäßig gute Laune und redete nicht außerordentlich viel mit mir. Zunächst war ich leicht verwirrt. Irgendwie hatte ich gehofft unser Gespräch würde genauso leicht weitergeführt werden wie in diesem Arztzimmer letztens. Auch wenn ich mir darüber erst viel später bewusst wurde, aber da hatte ich ganz normal mit ihm geredet. Ich hatte nicht lange überlegt was ich ihm antworten sollte, hatte einfach drauf losgesprochen. Ich hatte mir keine Gedanken gemacht wie er das fand, was ich aussprach. Ich war einfach ich gewesen, hatte einfach mit ihm geredet. Es ist schon komisch, dass ich erst einen Ball an den Kopf bekommen musste, damit dies der Fall war.

Fast war ich etwas enttäuscht gewesen, als ich dann beim letzten Training feststellen musste, dass all das verflogen war. Dan war wirklich wie immer. Alles war wie immer, als wir trainierten. Wir liefen die gleiche Strecke wie sonst auch immer, ich war wie immer völlig außer Atem, Dan machte das alles nicht aus, wie immer eben. Nichts Besonderes.

Ich verstand nicht, wie Dan nach so einer Situation so normal mit mir umgehen konnte. Natürlich war er der weitaus erfahrenere von uns beiden, aber meines Erachtens nach hatten wir uns fast geküsst und das wiederum war doch nichts was man einfach so, tagtäglich und völlig unbekümmert, machte. Zwar war ich mir bei Dan sicher, dass er sowas schon „einfach so" und „völlig unbekümmert" machen würde, aber bei mir war das definitiv nicht der Fall. Schon allein das machte die Situation besonders. Noch besonderer machte das Ganze, dass es ausgerechnet Dan war, mit dem mir das passiert war. Es hätten alle anderen sein können, aber nein, ausgerechnet er. Ich wusste nicht mehr was ich von ihm halten sollte, geschweigenden was ich von mir selbst halten sollte.

Die Spitze vom Eisberg war, dass ich seit dem Tag an fast nichts anderes mehr denken konnte. Ich wollte wissen, was er von all dem hielt, was er gefühlt hatte und ob er genau wie ich immer noch seine Gedanken daran verlor. Irgendwie war ich mir zwar sicher, dass er all das nicht tun würde, weil er eben Dan Matthews war und wahrscheinlich schon unendlich viele neue, spannendere Dinge in der vergangenen Zeit passiert waren, die ihn die Situation vergessen ließen, aber dennoch, ein wenig Neugier blieb da.

Ich für meinen Teil war nach der Aktion so schnell wie möglich in mein Zimmer verschwunden. Ich hatte die ganze Nacht nicht schlafen können, so nahm mich das alles mit. Ich hatte mich in meinem Bett gewälzt, hin und her, und hatte dennoch kein Auge zugemacht.

Genervt schnaubte ich aus. Ich dachte definitiv viel zu viel an Dan. Vor wenigen Monaten kannte er noch nicht mal meinen Namen. Vor wenigen Monaten hatten wir noch nicht mal ein Wort miteinander gewechselt. Und nun kreisten meine Gedanken fast ununterbrochen um diesen Jungen. Nur weil er mir einmal, ein einziges Mal, sehr nahe gewesen war.

Aber ob ich wollte oder nicht, ich musste mir eingestehen, dass die Situation irgendwas in mir verändert hatte. So schlau war sogar ich in diesem Thema.

Was auch immer passiert war, etwas war anders. Wenn ich in der Schule war, schaute ich ob ich Dan irgendwo erspähen konnte, ich dachte über ihn nach, immer wenn ich nichts zu tun hatte, und generell war alles so komisch seitdem.

opposites attract each otherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt