Kapitel 12

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Es ist der kurze Moment der Verzweiflung der sich in einem breit macht, wenn man bemerkt, dass gewisse Dinge nicht nach Plan laufen. Wesentliche Dinge. Der Moment der einen in die Realität zurückholt.

Ich fühlte mich genau so, nur dass meine Situation meines Erachtens weitaus schlimmer war. Ich stand gerade vor verschlossener Zimmertür und mir wurde bewusst, dass Dan meinen Schlüssel noch hatte. Das war gar nicht gut. Ich hatte schon gefühlte hundert Mal die Klinke heruntergedrückt, in der Hoffnung die Tür würde trotzdem irgendwie aufgehen. Vergebens. Das war das erste Mal überhaupt, dass ich bereute abgeschlossen zu haben.

Ich stand mit dem Rücken zur Wand und rutschte voller Verzweiflung daran herunter. Ich könnte weinen. Warum musste mir denn sowas passieren? Reichte es nicht, dass ich heute die wohl anstrengendsten und zugleich auch peinlichsten zwei Stunden hinter mich gebracht hatte? Musste denn jetzt auch noch sowas passieren? Ich schüttelte leicht meinen Kopf.

Josy war bei Max. Ich könnte sie nicht fragen, ob sie für mich den Schlüssel holen würde. Ganz davon abgesehen, dass sie das wahrscheinlich sowieso nicht machen würde. Sie brachte mich schon fast dafür um, dass ich mich immer noch nicht bei Mason entschuldigt hatte.

Ich musste wohl oder übel allein zu Dan gehen. Allerdings hatte ich keine Ahnung wo dieser sich um diese Uhrzeit aufhielt. Woher auch? Ich wollte doch einfach nur noch duschen und dann in mein Bett fallen. War das denn zu viel verlangt? Ich versuchte nachzudenken. Meine Atmung ging gleichmäßiger, meine Gedanken wurden klarer. Zumindest bildete ich mir das ein.

Okay, was würden normale Menschen, die gerade Sport getrieben hatten, jetzt wohl machen? Ich ging in Gedanken alle Plätze auf den Campus ab. Vielleicht hatte er sich noch mit Mason oder John auf den Sportplatz getroffen? Mir schossen kurz Bilder von den dreien durch den Kopf. Dann schüttelte ich allerdings wieder leicht meinen Kopf. Nein, das war eher unwahrscheinlich. Ich traute Dan eine Menge zu, aber nicht, dass er sich nach so einer Aktion, wie wir sie gerade hinter uns hatten, noch mit irgendjemanden treffen würde.

Vielleicht war er Essen? Der Gedanke erschien mir schon logischer. Das wäre sogar ziemlich logisch, wenn man beachtete dass auch er wahrscheinlich nichts vor unserer Trainigseinheit gegessen hatte. Ich beschloss zum Campus zu gehen und dort nachzuschauen. Meine Beine schmerzten unendlich sehr als ich aufstand. Ich war heilfroh, dass mich niemand in dieser Situation sah. Der Schmerz ließ beim laufen nicht nach. Im Gegenteil. Meine Beine waren so schwer. Ich betete, dass es bis morgen verschwinden würde.

Es dauerte etwas bis ich draußen angekommen war. Schließlich lief ich fast wie in Zeitlupe. Mir kam niemand entgegen, unser Komplex schien fast wie ausgestorben. Aber ich bedauerte es keine Sekunde lang. Im Gegenteil, ich fand das eher schön. Dumme Blicke konnte ich jetzt echt nicht gebrauchen.

Ich näherte mich den Campus immer mehr. Als ich aus dem Gebäude heraustrat kam mir immer noch unglaubliche Hitze entgegen. Ich hasste es, das war schrecklich und absolut nicht mein Wetter. Wieder begann ich zu schwitzen. Ich wischte mir die aufkommenden Schweißperlen von meiner Stirn und schaute mich dann kurz um. Manche saßen noch auf den Bänken, die überall auf den Campus aufgestellt waren. Ich schaute zu dem Platz an dem immer alle saßen wenn wir Essen gingen. Da wo alle Tische standen. Dort saß niemand mehr. Ziemlich große Ernüchterung machte sich in mir breit. Ich lief trotzdem weiter in Richtung Kantine und ging dann in den Raum in dem das Essen immer ausgegeben wurde. Natürlich war es ziemlich unlogisch, dass Dan hier drinnen essen würde, aber ich hatte sonst keine andere Idee. Die Türen standen noch offen und der frisch gewischte Boden glänzte als die Sonnenstrahlen darauf schienen. Wieder der Blick nach Rechts, der Blick nach Links.  Keine Spur von Dan. Ich stöhnte auf, so wie er es heute permanent getan hatte. Eine mir ziemlich bekannte Stimme riss mich aus meinen Gedanken.

opposites attract each otherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt