Kapitel 22

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Es war ungewöhnlich, dass ausgerechnet ich vor der Schule wartete. Aber heute war sowieso kein normaler Tag. Ich hatte heute wieder Chemie. Mit Mason. Als hätte es nicht gereicht, dass ich ihn gestern schon gesehen hatte. Ich hoffte er würde seine dumme Bedingung vom letzten Mal vergessen. Eigentlich müsste ich heute mit hinter zu den Jungs kommen. Weil Mason das letzte Mal vor zu mir gekommen war. Aber mir wurde schon bei den Gedanken daran schlecht.

Zunächst einmal hatte ich mir aber vorgenommen Josy hier abzufangen. Ich hatte heute Morgen vergeblich vor ihren Zimmer gewartet. Entweder sie hatte bei Max geschlafen, was allerdings bedeuten würde, dass sie sich den Regeln widersetzt hatte und das fand ich nicht so gut. Oder sie wollte mich nicht hören. Was auch nicht gerade besser war. Eigentlich wäre das fast noch schlimmer.

Ungeduldig schaute ich auf meine Uhr. Wenn sie nicht bald kommen würde, würde es klingeln. Ich stand schon über zehn Minuten hier. Und ich würde bestimmt nicht zu spät zum Unterricht kommen. Ich schaute mich um. Lief ein paar Meter nach rechts, dann ein paar Meter nach links. Wo war sie denn bitte? Wieder schaute ich auf meine Uhr. Dann schaute ich auf. Mason, Dan, John und Jake kamen gerade. Das war vielleicht mein Zeichen, dass ich schleunigst reingehen sollte. Erstens wollte ich auf keinen Fall einen von den vieren auffallen und zweitens kamen die vier fast jeden Tag zu spät. Wenn ich mich also nicht schnell auf den Weg zum Chemieraum machen würde, würde ich ebenfalls zu spät kommen. Ich drehte mich um, so dass meine Haare etwas in der Luft herumflogen, und marschierte schnellen Schrittes in Richtung Haupteingang. Zog die Tür nicht weiter als möglich auf, lief so schnell ich konnte die große Treppe vor mir hoch, bog nach links ab, öffnete die Tür vom Chemieraum und lies mich erschöpft auf meinen Platz fallen. Ich schwöre ich war noch nie so schnell dieses Weg gegangen. Mrs Collins schaute mich verwirrt an. Vielleicht, weil ich so hier hereingehetzt war. Vielleicht weil ich erst so spät kam. Die anderen hatten mir erst gar keine Aufmerksamkeit geschenkt.

„Was ist denn bei dir los Jill? Man könnte ja fast denken du bist auf der Flucht!“ Streng genommen war ich ja auch auf der Flucht gewesen. Ich war zu erschöpft um ihr eine Antwort zu geben. Deshalb lächelte ich sie nur kurz an.

Ich atmete nochmal tief ein, dann packte ich meine Sachen aus. Erst Hefter, dann Buch, dann Federkästchen. Auf meiner Bank herrschte immer Ordnung.

Dann drehte ich mich um und schaute nach Josy. Vielleicht hatte ich sie auch einfach umgangen oder verpasst. Aber da war niemand. Meine Stirn legte sich in Falten. Vielleicht war sie krank? Ich würde heute Nachmittag zu ihr gehen und sie fragen. Einen Moment verharrte ich so, bis die Tür aufging und mein Körper sich ruckartig nach vorn drehte. John hatte gerade die Tür geöffnet. Und die anderen drei waren nach ihm in den Raum gekommen. Man konnte sie nicht überhören. Mason mit seinem berühmt berüchtigten Lachen. Dan ebenfalls. Jake redete noch irgendetwas. Ich hörte Jake nicht zu, da das was er sagte sowieso keinen Sinn ergab. Josy hatte mal gemeint, er wäre der von den Vieren der immer die ausgefallensten Ideen hätte. Und er  wäre es, der ständig irgendwelche  Pläne macht die am Ende nicht aufgingen. Allerdings sah auch er, und das musste selbst ich zugeben, makellos aus und das machte ihm das Spiel Frauen zu erobern wohl genau so leicht wie Dan. Und obwohl ich mir vorgenommen hatte seit dem Treffen mit Mason meine Bild von Dan zu überdenken, fing ich schon wieder damit an ihn nach den alten Muster einzuschätzen. Er tat aber auch alles dafür. Naja gut, eigentlich hatte er ja gerade überhaupt nichts gemacht. Außer gelacht. Und ich konnte ihm ja schlecht das Lachen verbieten. Ich atmete leise, aber trotzdem genervt aus. Diese vier Jungs hatten etwas an sich, was mir schon in den frühesten Morgenstunden den Tag schwer machen konnte. Selbst  ihre Anwesenheit belastete mich.

Ich schaute auf die Bank an der ich saß. Vielleicht bildete ich es mir nur ein, aber ich hatte jede Woche das Gefühl, dass mehr und mehr  Sachen hier eingeritzt wurden. Und das machte mich wütend. Weil ich nicht verstehen konnte warum man sowas machen musste. Dann schaute ich vor zu Mrs Collins. Fast auf die Sekunde genau erhob sie sich von ihrem Stuhl und stand dann pünktlich zum Stundenklingeln vor uns. Sie hatte Zettel in der Hand. Die Protokolle von der letzten Stunde nahm ich an. Vielleicht war es das was mich plötzlich nervös machte.

opposites attract each otherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt