7: Das Kribbeln

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Zufrieden nickte Anna und guckte an mir vorbei. Ein kleines Lächeln stahl sich auf ihr Gesicht. So wirkte sie, wie eine der Bösewichte aus den Büchern, die ich manchmal laß. Fehlte nur, dass sie so etwas wie 'Muhahahaha' sagte und sich die Hände rieb.

"So wollen wir jetzt in den Unterricht? Wir haben schon zu viel verpasst. Der Lehrer wird bestimmt nicht gerade begeistert sein.", fragte sie schließlich und setzte sich in Bewegung.

Ich verharrte und guckte in den Spiegel. Was ich sah, sah nicht aus wie ich. Meine Augen waren verquollen und weit aufgerissen, meine Nase gerötet und mein Gesicht weiß.

Das passierte immer, wenn ich geweit habe. Ich würde alles dafür geben so auszusehen, wenn die Filmstars weinten. Aber nein, ich musste aussehen wie Gollum aus Herr der Ringe. So konnte ich unmöglich in die Klasse gehen.

"Nein. Geh einfach vor. Sieht doch komisch aus, wenn wie zusammen so spät rein kommen.", sagte ich also und drehte den Wasserhahn auf, um mir kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Vielleicht würde so die Schwellung ein wenig zurück gehen.

Ich hörte wie die Tür auf ging und sich wieder schloss. Endlich alleine, dachte ich und überlegte was ich eigentlich damit jetzt angestellt hatte.

Nein, einfach nicht drüber nachdenken sonst kommen die Tränen wieder und dann konnte ich nie wieder in die Klasse gehen.

Nach fünf Minuten beschloss ich auch in die Klasse zu gehen, denn wenn ich noch länger wartete würde es sich fast nicht mehr lohen rein zu gehen.

Kurz vor der Tür blieb ich stehen, atmete einmal tief ein und aus. Ich klopfte.

"Ja?", kam es von drinnen und ich machte die Tür auf.
"Es tut mir Leid, dass ich zu spät bin, aber ich habe leider verschlafen.", sagte ich nicht gerade laut, aber der Lehrer schien mich verstanden zu haben und nickte nur.

Er fuhr mit dem Unterricht fort. Schnell setzte ich mich hin und packte meine Bücher aus der Tasche.

Hinter mir hörte ich zwei Leute tuscheln, dass ich noch einen schnelle Nummer auf der Toilette mit Leo geschoben haben sollte. Wie kam man bloß auf so eine dumme Idee?

Den Rest von der Stunde schaltete ich meine Ohren aus. Ich hörte weder dem Lehrer beim erzählen von irgendwelchen Matheformeln zu, noch den Klassenkameraden bei ihren Lästereien, um so mehr erschrak ich mich als es zum Ende der Stunde klingelte.

Schlagartig wurde es wieder laut und alle standen auf, um sich in der Pause etwas in der Schulmensa oder Cafeteria zu kaufen.

"Kommst du mit?", fragte Katarina und guckte mich irgendwie ein wenig mitleidig an.

"Ey du siehst ja gar nicht gut aus. Willst du reden?" Ich schüttelte den Kopf und packte meine Tasche, dabei viel mir ein Stift runter den Katarina für mich fing und mir dann hin hielt.

"Du musst mir ja nichts erzählen, aber wenn du jetzt alleine die Pause verbringst wird das auch nicht besser werden.", sagte sie und hielt mir ihre Hand hin.

Ich ergriff ihn und sie drückte meine Hand fest. Wir gingen aus der Klasse und sie ließ meine Hand nicht los.

Ein leichtes kribbeln überkam mich dort wo ihre Hand mich berührte und es war ein warmes und angenehmes Kribbeln. Wirklich um einiges besser als wenn mich Leo berührt hatte. Sie steuerte zu der Treppe, die nach oben zum Dach führte.

Ich machte meinem Mund auf, um etwas zu sagen, aber sie legte den Zeigefinger auf den Mund, um mir zu zeigen das ich still sein sollte.

Oben auf dem Dach ließ sie meine Hand los und der warme Wind pustete mir durch mein Gesicht.

"Jetzt kannst du reden, wenn du willst, aber nicht zu laut, denn sonst kann es sein, dass wir erwischt werden.", sagte sie und setzte sich auf den Boden.

Ich setzte mich neben sie und überlegte ob ich nicht einfach wieder nach ihrer Hand greifen sollte. Nach zwei Minuten überlegen ließ ich es dann bleiben und beschloss ihr die Geschichte von heute morgen zu erzählen.

"Diese miese Kröte! Sie sah schon so aus als hätte sie heute morgen etwas gemacht. Ihr grinsendes Gesicht hat es so wirken lassen.", sagte sie, nachdem ich ihr alles erzählt hatte und sie nahm wieder meine Hand.

Mein Herz setzte ein Sprung aus, bevor es um so schneller wieder weiter klopfte.

"Ich verstehe einfach nicht, wieso sie das so interessiert.", sagte ich und guckte auf unsere Hände. Mir gefiel was ich sah.

"Ich glaube, sie steht selber ein wenig auf ihn, will es aber sich selber nicht eingestehen.", sagte sie und ich merkte wie sie mich anstarrte. Anna in ihn verliebt?

"Aber wieso will sie denn nicht, dass ich ihn verarsche?", fragte ich und guckte sie nun auch an.

Ihre grünen Augen waren so schön... Man konnte sich glatt in ihnen verlieren. Was dachte ich denn da? Das war ein Mädchen! Auf hören! Sofort!

"Weil er ihr viel bedeutet vielleicht? Ich weiß ja selber leider nicht." Ich bekam keine Luft mehr, denn sie war viel zu nah, also stand ich auf und ließ ihre Hand los.

Was war eigentlich mit mir los? Erst das mit Leo und dann das jetzt hier mit Katarina. Meine Welt war auf einmal viel zu verwirrend für mich.

"Sue? Lass uns schwänzen und in die Stadt fahren. Du brauchst dringend eine Ablenkung.", sagte Katarina die nun auch aufgestanden war.

Ich hatte noch nie die Schule geschwänzt. War sowas nicht unglaublich dumm? Was wenn wir erwischt werden?

"Was ist wenn das jemand raus bekommt?", fragte ich. "Na du sagt einfach zu deinen Eltern, du bist früher nach Hause gegangen, weil es dir nicht gut ging.", sagte sie und ging zu der Tür die nach drinnen führte.

Wenn das Leben anders denkt||girlxgirlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt